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Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Feinde der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cross
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versuchte den Mut aufzubringen, sie anzusprechen, während sie so außer sich war vor Wut.
    »Stewart lässt nur ein bisschen Dampf ab. Ich hab ihr eben erzählt, was Agent Collins mir gesagt hat. Wir haben momentan einfach alle eine Menge zu verdauen«, sagte ich schließlich.
    Kendrick seufzte und hörte auf zu schreiben. »Ja, ich weiß.«
    Dass ihre Wut sich legte, flößte mir noch ein wenig mehr Mut ein. Ich legte meine Hände auf ihre Schultern und drehte sie zu mir um. »Wir mussten das tun. Ich weiß auch nicht, ob das am Ende gut ist oder nicht, aber wir haben keine andere Wahl, als Emily im Augenblick hierzubehalten.«
    »Ja, aber Stewart hat auch recht. Ich gehörte immer zu den Kindern, die halbtote Vögel retten wollten. Wahrscheinlich habe ich meine Familie Dutzende Male gefährlichen Keimen ausgesetzt, weil ich Tiere von draußen ins Haus geschleppt habe.« Sie schaute mich nachdenklich an. »Sie macht sich aber auch Sorgen wegen dir. Sie fürchtet, deine Nacht mit Agent Flynn in diesem unterirdischen Raum könnte dazu führen, dass du irgendwas Unüberlegtes tust oder gar – zu Eyewall überläufst.«
    Ich rieb mir die Augen. Sofort machte ich mir wieder große Sorgen um Holly. Wo ist sie jetzt? Ob es ihr gutgeht? »Ich glaube nicht, dass ihr nachvollziehen könnt, wie es ist, wenn man jemanden anguckt, den man mal so gut gekannt hat und der noch genauso aussieht und dieselben Angewohnheiten und denselben Sarkasmus an den Tag legt, und trotzdem soll man ihn als einen vollkommen anderen Menschen betrachten. Manchmal gelingt mir das problemlos, aber manchmal macht diese Holly Dinge, die der Holly, die ich kannte, so unglaublich ähnlich sind; dann kann ich die Gefühle nicht unterdrücken, die sie in mir wachruft. Aber all das hat nichts damit zu tun, dass ich versuchen würde, etwas Hinterhältiges zu tun oder Doppelagent zu werden oder so was.«
    Sie schaute mich mitleidig an. »Doch, ich weiß, wie das ist. Natürlich nicht so gut wie du, aber ich kann mir trotzdem vorstellen, wie schrecklich schwierig es ist, wenn man nicht einfach seinen Gefühlen nachgeben darf.«
    »Gut, dann wissen wir ja jetzt wenigstens, dass wir dir nicht trauen können.«
    Ich zuckte erschrocken zusammen. Stewart lehnte am Kühlschrank und sah mich wütend an.
    »Ich sehe besser mal nach Emily«, murmelte Kendrick und ging aus dem Zimmer.
    »Hör zu –«, setzte ich an.
    Stewart hielt sich sofort die Ohren zu. »Jetzt nicht, Junior. Ich muss heute Abend schon mit genug anderen Dingen klarkommen. Lass mich erst mal die Sache mit diesem Mädchen verdauen, bevor ich mir überlege, wie ich dich davon abhalten kann, dich von einer Anfängerin abknallen zu lassen, die gerade erst mit der Highschool fertig ist. Könntest du bitte drüben mal deine Finger an diese Wand legen, damit ich in das Geheimversteck runtersteigen kann? Und zwar allein?« Sie sagte dieses »allein« so energisch, dass ich erst gar keine Diskussion anfing.
    Nachdem ich ihr Zugang zum geheimen Zimmer verschafft hatte, ging ich ins Gästezimmer und setzte mich neben Kendrick auf das Sofa. Sie machte sich erneut Notizen, wobei sie sich einer abgewandelten Kurzschriftvariante bediente, die außer ihr so gut wie niemand lesen konnte.
    »Ich hab immer gedacht, dass Emily und ich uns wiedertreffen würden, wenn ich – sagen wir – vierzig bin oder so. Auf jeden Fall nach dem August 2009, dem Datum, an dem ich ihr zum ersten Mal begegnet bin. Ich hätte nie geglaubt, dass es vor diesem Tag passieren würde«, sagte ich.
    »Weißt du, was wirklich seltsam ist?«, fragte Kendrick und schloss ihr Notizbuch.
    Ich lachte. »Du meinst, was außerdem noch wirklich seltsam ist?«
    »Sie hat deine Fingerabdrücke. Es gibt keine zwei Menschen, die identische Fingerabdrücke haben«, sagte sie. »Ich hab das jetzt mindestens zwanzigmal überprüft und ihre Fingerabdrücke durch das Computerprogramm laufen lassen. Ich hab von so etwas noch nie gehört.«
    Ich starrte Emily buchstäblich mit offenem Mund an. »Das ist ja so, als hätte sie keine eigene Identität.«
    »Außerdem ist sie ein Mädchen und sieht dir, abgesehen von den Augen, nicht mal ähnlich.« Kendricks Blick verharrte auf meinem Gesicht. Dann sagte sie leise: »Was haben sie gemacht, um sie herzustellen? Ich komme nicht dahinter, dabei verstehe ich eine ganze Menge von Medizin und Biologie.«
    Ich beobachtete, wie Emilys Brust sich sanft hob und senkte und sie ihre Lippen bewegte, die tonlos irgendwelche

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