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Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Feinde der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cross
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Brot vom Teller und fing wieder an zu essen, doch mir entging nicht, dass sie die Augen verdrehte. »Ein Jahr hat dreihundertvierundsechzig Tage und einen Viertel Tag. Und da, wo ich herkomme, geben die, die durch die Zeit ziehen, ihr Alter in Tagen an. Das Geburtsjahr ist nicht essentiell.«
    »Essentiell? Benutzen da, wo du herkommst, alle Achtjährigen Wörter wie ›essentiell‹?«
    »Keine Ahnung. Ich hab noch nie jemand getroffen, der so alt war wie ich.« Sie zuckte mit den Schultern. »Wenn ihr Hühner habt, habt ihr dann auch Eier?«
    »Ja.« Warum? Sind Hühner in der Zukunft womöglich heilig? »Möchtest du, dass ich dir Eier zum Frühstück mache? Oder hast du vor, eine Hühnerfarm in dieser Wohnung aufzuziehen, damit die Spezies nicht ausstirbt? Bist du deswegen hier?«, fragte ich.
    Da tat sie etwas, was ich nicht erwartet hatte. Sie lachte. »Hier drinnen kann man keine Hühner halten. Wo sollte ich denn mit ihnen spazieren gehen?«
    »Im Central Park vielleicht?«, schlug ich vor, bevor ich den Eierkarton aus dem Kühlschrank holte.
    Emily folgte mir und untersuchte jedes Ei genau, bevor ich es in eine Schüssel schlagen durfte. »Sie sehen ganz genauso aus. So viele Jahre, und nichts daran verändert sich.«
    Ein paar Minuten später saßen wir beide vor Tellern voller Rührei, und Emily verschlang sie geradezu. Ich hoffte, Kendrick hatte nichts gegen diese Art der Speise für sie einzuwenden. Falls doch, tja, dann war es zu spät.
    »Wann hast du mich denn schon mal getroffen? Wie alt war ich da?«, fragte sie.
    »Als ich dich zuletzt gesehen habe, warst du elf.« Ich verdrehte die Augen, als sie mich gönnerhaft ansah. »Dann rechne jetzt mal aus, wie viele Tage das sind.«
    »Ich rechne gern«, sagte sie. »Aber wir nennen es nicht rechnen. Ich hab in der Geschichtsdatenbank darüber gelesen.«
    »Wie nennt ihr es denn?«
    »Entweder Logik oder Zahlenkunde. Manchmal auch Wurzeln und Winkel.« Sie schwang die Füße vor und zurück, die ziemlich weit über dem Boden baumelten.
    Ich holte tief Luft, bevor ich ihr etwas Wichtiges erklärte: »Du musst dir gut überlegen, was du uns erzählst, Emily. Das heißt nicht, dass du keine Fragen beantworten darfst, aber es gibt Informationen, die mehr Schaden anrichten, als dass sie uns nutzen. Verstehst du das?«
    »Ja, verstehe«, sagte sie und nickte. »Ich hätte dir das mit den Hühnern nicht sagen sollen, stimmt’s?«
    »Ich weiß es nicht. Mir persönlich macht das nicht so viel aus, aber ich bin auch schon mehr rumgekommen als Lily und Jenni. Ich bin durch die Zeit gereist. Daher ist es für mich etwas anders als für sie. Mir kannst du ein bisschen mehr erzählen als ihnen, aber auch nicht alles, okay?«
    »Weil wir gleich sind.« Sie schaute lächelnd zu mir hoch. »Ich wollte dich schon immer kennenlernen. Alles, was ich über dich gehört habe, war schlecht, aber ich wusste, dass du nicht schlecht bist. Das konnte gar nicht sein, sonst hätten sie dich doch nicht benutzt, um mich herzustellen.«
    Also wusste sie, wie es passiert war. Sie wusste mehr darüber als ich. Was für eine Bürde dieses Kind mit sich herumtrug. Und dass sie in diesem Alter bereits in der Lage war, sich ein eigenes Urteil über die Dinge zu bilden, die man ihr sagte, fand ich erstaunlich.
    Ich reckte den Daumen hoch, an dem noch Tinte klebte. »Ja, wir sind gleich.«
    In dem Moment kam Kendrick in die Küche gelaufen. Sie sah halb panisch aus, halb schlief sie noch. Als sie uns erblickte, blieb sie stehen und schnürte sich den Bademantel zu. »Gott sei Dank. Ich hab den herrenlosen Tropf gesehen und … Ihr esst Eier?«
    »Ja, sie hat darum gebeten. Und ich konnte nicht nein sagen. Emily hat eine Leidenschaft für Hühner.«
    Emily kicherte, und Kendrick sah uns verblüfft an. »Gut. Kein Problem. Sie kann alles essen, worauf sie Lust hat.« Sie beugte sich über das kleine Mädchen und betrachtete es aufmerksam. »Du siehst schon viel besser aus. Du hast wieder ein bisschen Farbe im Gesicht, und deine Wangen sind nicht mehr ganz so eingefallen.«
    Nun kam Stewart verschlafen in die Küche gewankt. »Ja, sie sieht wirklich besser aus. Vergiss nicht, dass wir auch Vitamin-Kaubonbons haben.«
    Ich lächelte, da ich wusste, dass sie sich damit gewissermaßen für ihren kleinen Ausbruch am Abend entschuldigte. Es war ein Friedensangebot. Ich nahm das Fläschchen mit den Kaubonbons und holte zwei heraus. »Guck mal, das hier soll, glaube ich, ein Huhn sein.«
    Emily lachte

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