Feinde der Zeit: Roman (German Edition)
versuch’s.«
Sie drückte mich rasch und flüsterte: »Tut mir leid, dass ich dir nicht mehr erzählen kann, aber ich muss jetzt gehen.«
Sie ließ die Arme sinken und war verschwunden. Als wäre sie doch ein Produkt meiner Phantasie gewesen. Ich hörte Dads Stimme in meinem Ohrhörer. »Jackson! Wo zum Teufel steckst du?«
»Im Westturm, Dad«, antwortete ich, indem ich direkt in meine Armbanduhr sprach.
»Wir glauben, dass die Bombe jetzt nicht mehr aktiv ist. Thomas hat offenbar beschlossen, einen ganzen Abschnitt des Schlosses in Brand zu setzen.«
Einen ganzen Abschnitt? So schlimm hatte es ein paar Minuten zuvor gar nicht ausgesehen.
Aber tatsächlich: Als ich zum anderen Ende des Schlosses schaute, stieg schwarzer Rauch in den Himmel auf. Es würde erheblich mehr als diesen Regen brauchen, um das Feuer zu löschen.
»Wie lautet die neue Tarngeschichte? Und werden die Zeugen behandelt, damit sie sich nicht mehr an das hier erinnern?«
»Die Kanzlerin haben wir bereits unverletzt hier rausgebracht. Freeman bringt die gesamte Delegation zu unserer dritten Kommandozentrale. In zwölf Stunden wird sich hoffentlich niemand mehr an diese ganze Sache erinnern.«
Ich drehte mich um mich selbst und suchte die Umgebung ab. Dad war nirgends zu sehen. Aber da war der Hinterkopf von Thomas, der hinter Parker herrannte. Mein Puls raste. Der Drang, ihn zu töten, den ich zu Beginn des Tages nach dem Einsatz des Memogases verspürt hatte, kehrte mit unverminderter Heftigkeit zurück. Das Bild, wie er Holly vom Dach des sechsstöckigen Hotels geworfen hatte, blitzte in meinem Kopf auf, doch ich schob es beiseite. Konzentrier dich. Sie ist nicht hier.
Ich sprintete los und holte ihn auch fast ein, doch als ich nur noch knapp anderthalb Meter von ihm entfernt war, war Thomas mit einem Mal verschwunden.
»Verdammt!« Ich wirbelte herum und hielt Ausschau nach weiteren EOTs. Der Wind frischte auf und wehte mir den dichten schwarzen Rauch direkt ins Gesicht. Tränen rannen meine Wangen hinab, und ich hustete.
Ich wollte mich schon zurückziehen, als Stewarts Stimme in mein Ohr drang. Sie gab mir ihre Koordinaten durch und forderte Hilfe an. Und natürlich befand sie sich mitten in dem Flammenmeer.
Warum zum Teufel war sie da hingegangen? Hatte ihr jemand aufgetragen, die Bombe herauszuholen? Niemand von uns war für ein Feuer gerüstet.
Ich zog mir mein Hemd übers Gesicht und lief in den Abschnitt, in dem die riesigen Flammen loderten. Ich erwartete, Thomas dort zu sehen, traf jedoch nur Stewart an, die an einen Pfahl gebunden war.
Es hatte sie jemand mit einem Strick an einen Pfahl gebunden?
In all dem Rauch und Feuer konnte ich kaum etwas erkennen. Stewarts Kopf hing herab; sie hatte das Bewusstsein verloren. Ich nahm ihr das Taschenmesser ab, das sie in der Hand hielt, und begann mit dem Teil des Stricks, den sie bereits zu durchtrennen versucht hatte. Meine Augen tränten wie verrückt, und ich bekam kaum Luft. Schließlich fiel der Strick zu Boden. Ich fing Stewart auf, bevor sie vornüberkippen konnte. Dann hob ich sie in meine Arme und rannte in der Hoffnung, dass ein Hubschrauber auf dem Weg hierher war, auf das nächstgelegene Treppenhaus zu.
Ich musste zugeben, dass ich froh war, dass ich Stewart retten musste und nicht Kendrick, denn sie war gut zehn Zentimeter kleiner als meine Teampartnerin. Da meine Lungen kurz vor dem Kollaps standen und ich drei Treppen hochlaufen musste, machten zehn Zentimeter und sechs Kilo weniger eine Menge aus.
»Wo zur Hölle steckt ihr?«, rief ich Dad durch mein Funkgerät zu.
»Wir können dich sehen. Wir sind gleich da. Der Hubschrauber ist unterwegs.«
Zauberworte.
Ich erreichte das obere Ende der letzten Treppe, legte Stewart auf dem Boden ab und brach neben ihr zusammen. Sie hatte die Augen noch immer geschlossen, doch sie hustete. Parker war als Erster bei uns.
»Was zum Teufel ist denn mit euch passiert?«, fragte er, ließ sich neben ihr auf den Boden fallen und knöpfte ihre Bluse auf.
»Sie wurde an einen Pfahl gefesselt, buchstäblich in der Mitte des Feuers«, sagte ich, von Husten unterbrochen. »Ich hab keine Ahnung, wie lange sie da unten war.«
Wir hörten Schritte neben uns, dann tauchten Dad und Kendrick auf. Parker und ich schauten in den Himmel hoch; ganz in der Nähe schwebte ein Helikopter in der Luft. Er drehte und kam direkt auf uns zu.
Dad zog mich an meinem Hemd vom Boden hoch. »Widersetz dich nie wieder meinen Befehlen, hörst du?«
Er
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