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Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Feinde der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cross
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klang gar nicht sauer. Er klang wie ich, nachdem die 07er Holly über diese Schaukel balanciert war und sich dann elegant herabgeschwungen hatte. Nur noch ein wenig besorgter.
    »Tut mir leid«, sagte ich. Aber es tat mir gar nicht leid. Ich konnte es ihm nur nicht sagen, weil ich nie jemandem von Emily erzählt hatte. Nicht einmal Dad.
    »Das Feuer muss die Bombe deaktiviert haben«, rief Kendrick über den Lärm des Helikopters hinweg.
    Wir starrten uns an, und es war klar, dass wir alle dasselbe dachten. Was zum Teufel war da gerade passiert, und warum hatte Marshall uns heute Abend den Wölfen zum Fraß vorgeworfen? Niemand sagte ein Wort, doch die Frage stand unverkennbar im Raum.
    Ich hob Stewart erneut vom Boden hoch, trug sie zu einem der Plätze im Hubschrauber und suchte hektisch nach einer Sauerstoffmaske. Stewarts Kopf sank gegen das Fenster. Kendrick reichte mir eine Maske, und ich zog sie Stewart übers Gesicht. Ihre Augen öffneten sich ein kleines Stückchen.
    »Du bist in Sicherheit«, rief ich ihr über das laute Getöse hinweg zu. »Es ist vorbei.«
    »Wir fliegen zurück zum Hauptquartier. Sagen Sie Dr. Melvin, dass er uns dort erwarten soll«, rief Dad dem Piloten zu.
    Ärztliche Hilfe hatte diese Gruppe jetzt dringend nötig. Dad hatte eine Schnittwunde auf der Stirn, die wahrscheinlich genäht werden musste. Parker zog seinen Schuh aus und enthüllte einen stark geschwollenen Knöchel. Ich selbst hatte einige Schnittwunden und Kratzer im Gesicht und an den Armen, aber sonst nichts.
    Kendrick setzte sich vor uns und wischte Stewart mit Hilfe von alkoholgetränkten Reinigungstüchern die schwarze Schmiere aus dem Gesicht. »Klingt nicht so, als fiele ihr das Atmen besonders schwer.«
    Ich fand, dass nun der richtige Zeitpunkt gekommen war, ihr die von Marshall in Auftrag gegebene Aufgabe zu erteilen: »Ich habe eine Aufgabe für dich gefunden. Du musst diese Wunde nähen«, sagte ich und zeigte auf Dads Stirn.
    Sie sah mich mit schreckgeweiteten Augen an. »Nein, bitte nicht! Alles, nur nicht das!«
    »Jetzt, wo ich’s dir gesagt habe, kann ich es nicht mehr zurücknehmen«, erwiderte ich.
    Sie schaute rasch zu Dad und dann wieder zu mir. »Ich kann nicht. Tut mir leid. Ich kann es einfach nicht.«
    »Doch, du kannst das. Mal ehrlich, was ist denn schon dabei?«, sagte ich und wünschte mir, ich hätte ihr ihre Aufgabe nicht ausgerechnet in dieser Situation gestellt.
    Sie schüttelte erneut den Kopf, und mir war so, als stünden ihr Tränen in den Augen, aber die konnten auch eine Folge des Rauchs sein.
    Der Helikopter hob vom Boden ab und machte einen scharfen Schwenk nach rechts. Trotz der Feuerwehrleute, die nun vor Ort waren, stiegen die Flammen noch immer höher. Hoffentlich konnten sie das Feuer stoppen, bevor es auf die umstehenden Bäume übergriff. Als ich das Ausmaß der Zerstörung sah, wurde mir fast übel.
    Die Zukunft, in die Emily mich bei unserer ersten Begegnung mitgenommen hatte, diese schreckliche Version von New York, erschien mir nun gar nicht mehr so unmöglich. Aber wer hatte sie verursacht? War das vor der perfekten Zukunft passiert, die Thomas mir gezeigt hatte? Oder ereignete sich beides in vollkommen unterschiedlichen Zeitleisten? Falls ja, hatte ich keinen Schimmer, in welcher von beiden ich lebte.

5
    9. Juni 2009, 7 Uhr
    Während des morgendlichen Trainings lasteten die vielen Fragen auf mir, die die Mission des vergangenen Abends aufgeworfen hatte. Selbst der Umstand, dass Stewart in einem hautengen roten Kleid zu den Schießübungen der Progressiven Gefahrenabwehr erschien, konnte mich nicht von meiner Suche nach Antworten ablenken. Offenbar hatte Stewart eine Art Trainingsmission in einer Stadt der näheren Umgebung; was genau dabei dieses spezielle Outfit erforderlich machte, wollte sie uns aber nicht verraten. Freeman hatte natürlich kein Problem damit, dass Stewart mitten in unser Training platzte und es darauf anlegte, möglichst viele von uns zu blamieren. Bis auf mich. In puncto Treffsicherheit konnte ich Stewart schlagen. Aber manchmal brachte mir allein das Geräusch einer losgehenden Waffe die Erinnerung daran zurück, wie Holly zu Boden gestürzt und Blut durch ihren Bademantel gesickert war. Weshalb ich mich fragte, ob ich überhaupt je dazu in der Lage wäre, auf etwas anderes als auf eine Pappfigur zu schießen. Doch glücklicherweise wusste niemand, dass ich solche Zweifel hegte.
    Stewart holte eine neue Pappfigur hinter einem Baum hervor und

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