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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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rieb mit der anderen Hand
über die blauen Flecken.
    »Was für Fragen?«
    »Was Sid in der Woche vor seinem Tod
gemacht hat.«
    »Und haben Sie es ihm gesagt?«
    »Was blieb mir denn anderes übrig? Ich
habe es ihm gesagt, und dann ist er wieder gegangen. Und da habe ich Sids alte
Flinte rausgeholt und geladen.«
    »Hat sich der Mann seither noch mal
gemeldet?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich denke, Sie brauchen sich wegen ihm
keine Sorgen mehr zu machen. Er hat, was er wollte, und ich glaube nicht, daß
er noch mal wiederkommt.«
    »Wer ist dieser Kerl?«
    »Jemand, der Ihren Mann aus San
Francisco kannte.«
    Ihr Körper spannte sich an, und sie biß
sich auf die Unterlippe. »Miss Tomchuck, kann ich kurz mit Ihnen reden?«
    »Über Sid? Wozu? Er ist tot, und nichts
bringt ihn uns wieder. Und nennen Sie mich nicht Miss Tomchuck. Ich heiße Mrs.
Blessing. Ich habe meinen Mädchennamen nur für die juristischen Formalitäten
benutzt, weil Sid es so wollte, wegen seiner... Geschäfte.«
    »Was für Geschäfte?«
    Schweigen.
    »Mrs. Blessing, möchten Sie nicht, daß
derjenige gefaßt wird, der Sid umgebracht hat?«
    »...Klar will ich das. Ich will, daß er
in die Gaskammer kommt.«
    »Warum wollen Sie dann nicht mit mir
reden?«
    »Was soll das bringen? Die Polizei hat
bisher nichts getan.«
    »Ich glaube, daß ich ein paar Dinge
weiß, die der Polizei weiterhelfen könnten.«
    »Warum wollen Sie sich da einmischen?
Was haben Sie davon?«
    »Wenn ich mit Ihnen reden kann, bringt
mich das vielleicht in einer anderen Sache weiter.«
    Sie zögerte, massierte immer noch ihren
Unterarm. »Hören Sie, es ist nicht so, daß ich nicht will... Ich habe einfach
nur Angst.«
    »Wovor? Vor wem?«
    Sie spähte über meine Schulter hinweg,
als fürchtete sie, jemand könnte uns belauschen. Ich nutzte die Gelegenheit, um
zu fragen: »Können wir nicht drinnen reden?«
    »...Na ja, spricht wohl nichts dagegen.
Ich bin allein; die Kinder sind bei meiner Schwester.«
    Drinnen herrschte die unpersönliche
Atmosphäre eines Hauses, das seine Bewohner noch nicht wirklich in Besitz
genommen haben. Daß kaum Möbel vorhanden waren, förderte die Gemütlichkeit auch
nicht gerade. Enid Blessing führte mich zuerst ins Wohnzimmer, das weiter
nichts enthielt als einen TV-Turm und ein paar verstreute geblümte Sitzkissen,
und von da in das anschließende Eßzimmer, wo sie mir bedeutete, mich an einen
weißen Kunststofftisch zu setzen, der besser auf eine Terrasse gepaßt hätte.
    »Sid und ich hatten neue Möbel
bestellt«, sagte sie, als sie sich mir gegenübersetzte. »Nach seinem Tod mußte
ich sie wieder abbestellen, und jetzt ist die Anzahlung futsch. Aber es hilft
ja nichts; ich habe die beiden Kleinen und keinen Job, also muß ich sparsam mit
dem Geld sein, das wir... das noch übrig ist.«
    »Wenn ich recht informiert bin, ist
ihnen ja im Sommer ein ganz hübsches Sümmchen zugefallen.«
    Ihre Augen wurden schmal. »Wer hat
Ihnen das erzählt?«
    »Dieser Bekannte von Ihnen, der das
Mobiliar Ihres Hauses in Pacifica gekauft hat, hat es einer ihrer früheren
Nachbarinnen gesagt.«
    »Craig? Der kann auch den Mund nicht
halten! Das geht niemanden etwas an.«
    »Woher stammte das Geld?«
    »...Ich weiß nicht.«
    »Erzählen Sie mir nichts, Enid.«
    »Das ist die reine Wahrheit! Sid hat’s
mir nicht gesagt... Hören Sie, zahlen Sie nicht manchmal für Informationen?«
    »Manchmal schon.«
    »Wieviel würden Sie mir geben, wenn ich
Ihnen alles erzähle, was ich weiß?«
    »Das kommt darauf an, was Sie zu bieten
haben.«
    »Ich soll Ihnen das sagen, bevor wir den Preis festlegen?«
    »Ich weiß ja nicht, was die Information
wert ist, ehe ich gehört habe, worum es sich handelt. Und außerdem — gibt es
denn noch andere Bieter?«
    Sie dachte darüber nach, wobei sie mit
den Fingern auf die Tischplatte trommelte. Ich bemerkte, daß ihre Nägel bis
aufs Fleisch abgekaut waren. »Okay«, sagte sie schließlich. »So viel ist es
wahrscheinlich auch wieder nicht wert. Aber Geld ist Geld, und ich muß an meine
Kinder denken. Im letzten Juli, irgendwann in der ersten Woche, kam Sid ganz aufgeregt
heim. Mit einer Flasche Sekt für uns beide und Eis für Ariel und Ariadne. Er
hatte einen Job übernommen, für jemanden, den er aus dem Bay Vista kannte,
irgendeine wichtige Sache, und er meinte, wir könnten uns jetzt nach einem Haus
umgucken. Aber es durfte nicht in der Bay Area sein.«
    »Wieso?«
    »Wahrscheinlich wegen diesem Job, wegen
dem, was

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