Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
um die Tischkante. »Und er hat Ihnen gar nichts über diese
Person erzählt, nicht die kleinste Kleinigkeit?«
    Sie schüttelte den Kopf, und eine Träne
fiel auf die Tischplatte.
    Ich nahm eine meiner Geschäftskarten
aus meiner Brieftasche, legte noch einen großzügigen Betrag darauf und
deponierte alles miteinander vor ihr auf dem Tisch. Sie sah nicht mal darauf.
Ich berührte sie am Arm, stand auf und ging allein hinaus.
    Enid Blessing, dachte ich, hatte bewußt
die Augen vor dem verschlossen, was ihr Mann tat, und in gewisser Weise machte
sie das mitschuldig. Aber auf der anderen Seite spürte ich bei ihr auch eine
Stärke, die vielleicht eine Hilfe sein würde, zumindest für die beiden kleinen
Mädchen.
    Draußen war es warm, kein Vergleich
zwischen den Herbstemperaturen hier im kalifornischen Central Valley und denen
in Südwest-Pennsylvania. Als ich bei meinem Mietwagen angelangte, legte ich das
Cape ab, das ich getragen hatte, seit dieser Über-dreißig-Stunden-Tag in Monora
begonnen hatte — einmal quer durch die Staaten.
    Der Mörder, dessentwegen ich all die
vielen Meilen zurückgelegt hatte, war tot und außerdem nur ein gedungener
Handlanger gewesen. Ich hatte das vermutet, aber ich ahnte schon seit einiger
Zeit hinter ihm die Konturen einer zweiten Person. Der Person, die die
Explosion von Moonshine House in Auftrag gegeben hatte und von der die Idee
stammte, mich dabei auch gleich aus dem Weg zu räumen.
    Ich mußte diese Konturen füllen, ehe
Suits die Tragödie perfekt machte.
     
     
     
     
     

18
    Suits’ silberner Corvette stand nicht
mehr auf seinem Platz in der Tiefgarage des Bay Vista. Ich ging zum Raum des
Wachdienstes und fand zu meinem Erstaunen Sue Mahoney an ihrem Tisch.
    »Wie kommt’s, daß Sie am
Sonntagnachmittag arbeiten?« fragte ich.
    Sue Mahoney guckte verdrossen. »Die
Frau meines Assistenten hat sich ausgerechnet diesen Tag ausgesucht, um ihr
verflixtes Kind zu kriegen. Nichts mit Segeln heute.«
    »Das ist hart«, sagte ich unaufrichtig.
    »Was wollen Sie, McCone?«
    »Wo ist T. J. Gordons Wagen geblieben?«
    »Ich nehme an, er hat ihn geholt, als
er am Freitag hier war.«
    »Er war hier im Bay Vista?«
    »Freitag nachmittag. Der Mann ist ganz
schön runtergekommen, seit es seine Frau erwischt hat.«
    »Wieso?«
    »Sieht gräßlich aus — struppige Haare,
blutunterlaufene Augen, stoppeliges Kinn. Muß seit Wochen in seinen Kleidern
geschlafen haben. Aber sein Charakter ist immer noch derselbe — mies wie eh und
je.«
    »Seine Frau ist tot, Mahoney.«
    »Na und?«
    »Sie sind wirklich sehr mitfühlend.«
    »Steht nirgends in meinem Vertrag, daß
ich das sein müßte.«
    Ich ließ dieses Gesprächsthema fallen.
»Haben Sie mit ihm geredet?«
    »Habe ich. Er wollte die neue Adresse
von Sid Blessing, unserem ehemaligen Concierge. Ich habe sie nicht, aber das
Personalbüro, also habe ich Gordon dorthin geschickt. Hat echt Nerven, dieser
Blessing; haut im August einfach ab, ohne jede Vorwarnung, und erfrecht sich
dann, die Personalstelle anzurufen und Bescheid zu sagen, wo sie ihm sein
letztes Gehalt hinschicken sollen.«
    So hatte Suits also Enid gefunden.
»Blessing ist tot, Mahoney.«
    Sie zog die Augenbrauen hoch. »Wer hat
ihn umgebracht?«
    »Wie kommen Sie darauf, daß er
umgebracht wurde? Ich habe nichts dergleichen gesagt.«
    »War ein Witz, Herrgott noch mal.«
    »Irre komisch.«
    »Wissen Sie was, McCone? Ich konnte Sie
noch nie leiden.«
    Ich lächelte. »Steht nirgends in Ihrem
Vertrag, daß Sie das müßten.«
     
    Josh Haddon öffnete auf mein Klopfen
die Tür zu Suits’ Penthouse. Der Pilot hatte abgenommen, seit ich ihn das
letztemal gesehen hatte, und sein sommersprossiges Gesicht war faltiger
geworden.
    »Sie sind aus Monora zurück«, sagte er.
    »Woher wissen Sie, daß ich dort war?«
    »Noah Romanchek hat es mir gesagt.« Josh
trat zur Seite und winkte mich herein. Die Blutflecken und Schuhsohlenstriemen
in der Diele waren aufgewischt, der Tisch und die Papiere wieder am Platz, aber
die Wohnung wirkte irgendwie trostlos, trotz des Sonnenlichts, das schräg durch
die Glasfront hereinfiel.
    Ich fragte: »Haben Sie T. J. gesehen?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Er war am Freitag hier im Haus. Er hat
mit dem Wachdienst geredet und sein Auto geholt. Und er war nicht hier oben?«
    »Nein, ich war den ganzen Tag da. Wieso
ist er nicht raufgekommen?«
    »Er wollte offenbar untertauchen. Josh,
warum sind Sie immer noch hier?«
    »Ich halte mich zu T. J.s

Weitere Kostenlose Bücher