Feinde kann man sich nicht aussuchen
er da tun sollte. Wir sind viel rumgezogen wegen seiner...« Sie sah
auf ihre Hände. »Sid hatte immer Sachen laufen, verstehen Sie?«
»Sachen?«
»Tricksereien und so was. Deswegen
haben wir uns hinter meinem Mädchennamen... na ja, versteckt, damit niemand in
irgendwelchen öffentlichen Registern nachgucken konnte und ihm auf die Spur
kam.«
»Verstehe. Sie fanden also dieses
Haus...«
»Meine Schwester wohnt hier, und sie
kannte die Leute, die es verkaufen wollten. Ich war gleich begeistert; ich
wollte immer schon ein eigenes Haus. Wir haben gleich den Kaufvertrag
abgeschlossen, und Anfang August ist es uns übertragen worden.«
»Aber Sie sind noch bis Ende August in
Pacifica geblieben. Wieso?«
»Sid mußte noch eine Weile im Bay Vista
bleiben, um das zu tun, was er tun sollte. Und die Mädchen hatten noch ihr
Tages-Camp und all so was. Deshalb habe ich schon mal die Farben und alles
ausgesucht und bin öfters hergefahren, zum Streichen und Tapezieren, und wir
haben die Möbel bestellt und... o Gott!« Sie beugte sich vor und preßte sich
die Handflächen auf die Augen. Das war wieder so ein Tag, an dem ich meine
Arbeit haßte. Ich sah weg, wartete, bis sie sich wieder gefangen hatte, und
fragte dann: »Wissen Sie, was Sid in diesen letzten Wochen im Bay Vista gemacht
hat?«
»Na ja...« Sie nahm die Hände von den
Augen und wischte sich die Tränen mit den Fingerspitzen weg. »Er kam oft nachts
nicht heim, und dort in dem Haus hat er nie nachts gearbeitet. Und einmal blieb
er auch an seinem freien Tag weg. An dem Tag, als wir hierhergezogen sind, hat
er unseren Bus hergefahren, mit dem Zeug, das wir behalten wollten, und ihn
ausgeladen, und dann ist er gleich wieder nach San Francisco zurückgefahren und
die ganze Nacht weggeblieben. Ich war so sauer auf ihn, weil er mich mit den
ganzen unausgepackten Kisten hier sitzen ließ. Und jetzt würde ich alles darum
geben...»
»Ich weiß.« Ich berührte ihre Hand. Sie
guckte zuerst erstaunt, dann herzzerreißend dankbar. Ich fragte: »Wann war Ihr
Umzug?«
»Am letzten Dienstag im August.«
In der folgenden Nacht war Suits in
seiner Wohnung überfallen worden. »Und was geschah dann?«
»Zwei Tage später ist Sid wieder von hier losgefahren, gleich
am Morgen, und die ganze Nacht und noch den nächsten Tag weggeblieben. Er war
erst um zehn oder elf wieder da.«
Die Nacht, von der sie sprach, war die
gewesen, in der Suits, Anna und ich zusammen im Moonshine House gesessen hatten
— die Nacht vor der Explosion.
»Wie hat Sid gewirkt, als er
zurückkam?«
»Wie soll er gewirkt haben?«
Langsam wurde ich ungeduldig. »War er
durcheinander? Fröhlich? Wie?«
»Na ja, am ehesten wohl aufgekratzt. Er
hat zu mir gesagt, er hätte jetzt diese Sache endgültig erledigt, die er tun
mußte, damit wir das restliche Geld kriegten.«
Endgültig erledigt. Allerdings,
verdammt noch mal. Er hatte Anna Gordon umgebracht.
Es dauerte einen Moment, bis ich fragen
konnte: »Sie hatten gar keine Ahnung, was das für eine Sache war? Worin dieser
Job bestand?«
Sie schüttelte verlegen den Kopf. »Sid
hat immer sehr heimlich getan mit seinen... Geschäften. Er meinte, es sei
sicherer, wenn er mich da raushielt. Ich hätte drauf bestehen müssen, daß er’s
mir sagt, heute ist mir das klar. Aber damals... Ich wußte, daß es nicht recht
war, was er machte, aber ich hätte ihn nicht davon abhalten können. Und wissen,
was es ist, und nichts dagegen tun können... na ja, das wäre noch schlimmer
gewesen, als nichts zu wissen. Verstehen Sie, was ich meine?«
Ich hatte nie den Wunsch gehabt, mich
vor der Wirklichkeit abzuschirmen, so schlimm sie auch sein mochte, aber ich
sah dennoch eine gewisse Logik in dem, was sie sagte. »Ich glaube schon. Hat
Sid das restliche Geld bekommen?«
»O ja, er hatte es bei sich, als er
zurückkam. Fünfundzwanzigtausend Dollar in bar. Klingt wie ein Haufen Geld, ist
aber gar nicht so viel. Wir... ich muß elend hohe Hypothekenraten für das Haus
hier zahlen.«
Es war nicht viel, gemessen an Annas
Leben. »Okay«, sagte ich. »Was war in der Nacht, als Ihr Mann umkam?«
Wieder verschleierten Tränen ihren
Blick, aber sie quetschte sie weg. »Er bekam einen Anruf. So um zehn. Er sagte,
es sei die Person, für die er diesen Job erledigt hatte, und vielleicht sei da
noch mehr Geld für uns drin. Zwei Stunden später fuhr er weg, um diesen Anrufer
zu treffen. Und er... kam nie wieder heim.« Ihr Kopf fiel vornüber, und sie
krallte die Finger
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