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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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erkennen. Natürlich war es nicht
gesagt, daß der Mann mir auch jetzt folgte, aber ich vermutete es. Er mußte
mich im Auge behalten und die nächste Gelegenheit abpassen.
    Na, dann, dachte ich, als ich durch die
automatische Tür in die Halle trat, viel Glück, Kumpel. Werd erst mal deinen
Wagen los, hier in der Kurzparkzone.
    Ich durchquerte zügig die Halle, als
strebte ich der Sicherheitskontrolle zu, schlug dann einen raschen Haken nach
rechts und verschwand im Bücher-und-Geschenke-Shop. Zwängte mich an einem
umlagerten Tisch mit Neuerscheinungen vorbei, blieb dabei mit meiner Tasche an
einem Postkartenständer hängen und brachte ihn ins Rotieren. Nahm den anderen
Ausgang und marschierte zurück zu der Rolltreppe, die zu den Gepäckbändern führt.
Rannte sie hinunter, flitzte dann durch die untere Halle und raus zum
Taxistand. Um diese Nachtzeit war hier keine Warteschlange; ich sprang in das
vorderste Taxi und nannte dem verdatterten Fahrer die RKI-Adresse in der Green
Street.
    Ich hoffte, daß mich jemand zum
Flughafen verfolgt hatte. Ich hoffte, daß mein Verfolger jetzt gerade die
Abflug-Gates nach mir absuchte. Ich hoffte, daß er nachher, wenn er zu seinem
Wagen zurückkehrte, einen Strafzettel vorfinden würde.
     
    Das RKI-Gebäude war ein renoviertes Lagerhaus
am Fuß des Telegraph Hill, in der Nähe des Embarcadero. Sein Äußeres — dunkler
Backstein, Eisengitter, hohe Bogenfenster und vorstehende Simse — war nur
Fassade, denn innen war es ausgekernt und effizient-modern gestaltet worden.
Ein bewaffneter Wächter im grauen Busineß-Anzug saß in der Eingangshalle vor
einem Pult voller Video-Monitoren. Er drückte auf den Türöffner, prüfte meinen
Ausweis und konsultierte ein Clipboard. Dann nahm er mir Handtasche,
Reisetasche und Aktenmappe ab und ließ mich einen Metalldetektor passieren — eine
Neuerung, seit ich das letzte Mal da gewesen war.
    »Die Waffe müssen Sie bei mir abgeben,
Ma’am«, sagte er, nachdem er meine Habseligkeiten durchgesehen hatte. Mir fiel
auf, daß er gar nicht wissen wollte, ob ich die Genehmigung hatte, eine Waffe
mit mir zu führen; RKI hatte es nicht mit juristischen Formalitäten.
    »Gern«, sagte ich.
    Der Wächter händigte mir eine
Schließkarte aus, machte ein Polaroid-Foto von mir und schweißte es auf meinen
Besucherausweis, wozu er einen Apparat benutzte, der wie ein flaches
Waffeleisen aussah. Dieser Foto-Sichtausweis war eine weitere Neuerung.
»Vorsicht, ist noch heiß«, sagte er, als er mir den Ausweis hinstreckte. »Mit
der Schließkarte bedienen Sie auch den Aufzug; wir haben Sie in Suite C im
dritten Stock untergebracht, ganz am Ende des Flurs. Haben Sie einen Wagen?«
    »Erst ab morgen.«
    »Mr. Renshaw sagt, wenn Sie noch irgend
etwas möchten, sollen Sie’s nur sagen.«
    Ich bedankte mich und ging zum Aufzug.
    Suite C. war verflixt luxuriös, aber ich
hatte auch nichts anderes erwartet. Bei RKI war alles vom Feinsten: modernste
Computer, Einsatzfahrzeuge mit raffiniertester Überwachungstechnik, Filialen in
sechsundvierzig amerikanischen und ausländischen Städten — wenn auch einige
davon angeblich kaum mehr als Briefkastenadressen waren. Die Spezialität von
RKI war der Unternehmens-Sicherheitsservice in Sondersituationen, mit
besonderem Schwerpunkt auf Geiselbefreiung und Terrorismusbekämpfung, die
Mitarbeiter waren hartgesotten, manche hatten CIA- oder FBI-Erfahrung und
etliche, darunter auch Renshaw selbst und sein Partner Dan Kessell, eine
zwielichtige Vergangenheit. Sie schworen auf High-Tech, waren absolut
skrupellos und hatten viele illegale, aber nützliche Connections — von denen
ich mir morgen früh ein paar zunutze machen würde.
    Morgen früh...
    Es war schon einiges nach zwei; ich
wußte, ich mußte mich dringend aufs Ohr legen. Vier Nächte hatte ich schon
nicht mehr richtig geschlafen, vier Tage nicht mehr ordentlich und regelmäßig
gegessen. Ich durfte meine Kräfte nicht verschleißen.
    Aber ich war viel zu aufgekratzt zum
Schlafen. Ich wanderte vielmehr in der Suite herum, inspizierte die Monitore,
die es mir gestatteten, den Flur draußen, den Aufzug, die Eingangstür, die
Tiefgarageneinfahrt zu beobachten. Ich suchte nach Wanzen, obwohl mir klar war,
daß ich keine finden würde; es gab welche, aber sie waren viel zu gut versteckt
— die RKI-Spezialisten hatten da einiges los. Die Ausstattung war wirklich
beeindruckend: Mini-Küche mit Mikrowelle und wohlbestücktem Kühl- und
Gefrierschrank; komplett

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