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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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die Spalte entlang, wo die Kontonummern
aufgelistet waren; unter jeder stand der Vermerk »Letztbelastg.« und ein Datum
aus jüngster Zeit. Kreditauskünfte einzuholen ist zwar für Privatdetektive in Kalifornien
verboten, aber überaus lohnend. RK1 hatte irgendwie ein Verfahren gefunden, das
Gesetz zu umgehen, ohne Nachforschungen seitens der Lizenzbehörde auszulösen.
Ich wußte nicht, wie sie es machten, und ich wollte es auch gar nicht wissen.
Wenn ich der Versuchung nachgeben und es selbst probieren würde, würde mit
Sicherheit sofort die rote Flagge hochgehen, und maximal dreißig Sekunden
später würde ein Vertreter des Amts für Verbraucherangelegenheiten vor meiner
Tür stehen. In solchen Dingen habe ich nun mal kein Glück.
    »Aber das ist natürlich nur der
Anfang«, sagte Charlotte Keim, wobei sie den Bericht zerknüllte und ihn mit
einem gezielten Wurf in ihrem Papierkorb landete. Sie zog einen Stapel
Computerausdrucke aus einem Pappordner und breitete sie auf dem Tisch aus. »Das
hier ist sozusagen sein Nacktporträt, direkt von den
Kreditkartengesellschaften. In den letzten Tagen hat er mächtig eingekauft.
Sehen Sie, hier — American Express, sieht aus, als hätte er sich bei Eddie
Bauer völlig neu eingekleidet. Und hier: Shell-Tankstelle in Modesto, am
Samstag. Chevron in Benbow am Sonntag. Wieder Shell, am selben Tag, Lombard
Street.«
    Lombard Street war eine Motel-Gegend.
»Irgendwelche Übernachtungsrechnungen?«
    »Nur eine: Red Lion Hotel, Modesto,
Freitag nacht. Von der Höhe des Betrags her würde ich sagen, er hat auch dort
gegessen. Und dann hat er noch am Sonntag in einem Lokal in Cloverdale gegessen
und am Sonntag in Petaluma.«
    Petaluma, Cloverdale, Benbow: alles am
Highway 101 nördlich von San Francisco.
    Charlotte Keim fuhr fort: »Er hat sogar
Lebensmittel auf Karte gekauft. Bei Petrini in Stonestown am Sonntag. Am selben
Tag hat er seine Visa-Card in einem großen Sportartikelgeschäft benutzt, auch
dort in diesem Einkaufszentrum.«
    Sportartikel? Was zum Teufel hatte er
vor — Golfen zu lernen, während ich hier saß und zitterte, daß er abgetaucht
war, um jemanden umzubringen? »Steht da irgendwo, was er gekauft hat?«
    »Nein, aber wenn Sie’s unbedingt wissen
müssen, kann ich die Artikelbezeichnungen abfragen.«
    »Würden Sie das bitte tun?«
    »Klar, aber erst nach der
Mittagspause.«
    »Gut, machen Sie es dann, und ich frage
später noch mal nach. Was ist mit seinem Bankkonto? Irgendwelche Aktivitäten?«
    »Tägliche Abhebungen bis zum
Höchstlimit seiner Automatenkarten. Der Mann gibt gern Geld aus.«
    »Er kann es sich leisten. Sonst noch
was?«
    Charlotte Keim schüttelte den Kopf und
sah auf ihre Armbanduhr. »Ich bin in zehn Minuten zum Mittagessen verabredet.
Wenn Sie so um drei noch mal wiederkommen, habe ich die Information.«
    Ich dankte ihr und ging nach unten.
Meine moralischen Grenzen hatten sich wieder ein ganzes Stück in die falsche
Richtung verschoben.
     
    Ich saß in der Tiefgarage in meinem MG
und schlug meinen Straßenatlas auf. Verfolgte mit dem Finger den Highway 101 in
nördlicher Richtung nach Petaluma, durch Sonoma County nach Cloverdale, von da
durch Mendocino County weiter nach Humboldt County. Benbow, wo Suits gestern
getankt hatte, lag kurz vor Garberville. Ich nahm den Hörer des Autotelefons ab
und wählte die Nummer von Suits’ Wohnung.
    Josh meldete sich, merklich überrascht,
schon wieder von mir zu hören, nachdem er mir gestern so abrupt die Tür
gewiesen hatte.
    Ich fragte: »Dieser Typ, dem die Dope-Farm
in Garberville gehörte — wie heißt er noch mal?«
    »Gerry Butler.«
    »Wohnt er immer noch dort oben?«
    »Ja, aber er baut jetzt kein Dope mehr
an. Gerry ist aus dem Geschäft ausgestiegen, als die Razzien überhandnahmen. Er
ist jetzt ein anständiger Farmer und lebt von den Profiten, die Suits ihm
verschafft hat.« Er lachte zynisch.
    »Haben Sie seine Telefonnummer?«
    »T. J. hat sie bestimmt irgendwo.« Er
kramte herum, fand sie und las sie mir vor. »Was wollen Sie denn von Ger?«
    »Nur eine Routinefrage.« Ich beendete
das Gespräch, ehe Josh weiterfragen konnte.
    Als ich Gerry Butler meinen Namen
nannte, wußte er gleich Bescheid, und er schien auch nicht überrascht, daß ich
mich an ihn wandte. »Suits hat mir erzählt, daß Sie für ihn arbeiten, als er am
Samstag hier war.«
    »Er hat Sie also besucht.«
    »Ja. Ist einfach plötzlich aufgetaucht,
genau wie früher. Hat hier übernachtet und ist am nächsten

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