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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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das noch mal versuchen wird, jedenfalls nicht in einer belebten
Gegend, aber man kann nie wissen. Jedenfalls möchte ich dich nicht gefährden,
und ich kann nichts tun, solange er mich beobachtet.«
    »Und wo willst du hin?«
    »Ich versuche, mich vorübergehend an
einem sicheren Ort einzuquartieren, von dem er nichts weiß.«
    »Soll ich nicht lieber mit dir gehen?
Ich könnte dir helfen —«
    »Nein, ich brauche dich im Büro. Du
mußt etwas für mich tun —«
    Das Telefon klingelte wieder. Renshaw.
»Das mit der Gästesuite geht in Ordnung«, sagte er. »Melden Sie sich bei dem
Wachmann unten in der Halle; er gibt Ihnen einen Besucherausweis und eine
Schließkarte für die Türen und die Tiefgarage. Die Kombination ändert sich
täglich, er wird Ihnen also jeden Morgen eine neue Karte unter Ihrer Tür
durchstecken. Sie sagten, Sie wollten mich um ein paar Gefälligkeiten bitten;
was noch?«
    »Wäre es möglich, daß einer von Ihren
Leuten ein paar Computer-Checks für mich übernimmt?« Ich sah zu Mick hinüber;
er hatte sich aufgerichtet und war ganz Ohr. »Nein«, sagte ich in seine
Richtung.
    »Was?« fragte Renshaw.
    »Sorry, das galt nicht Ihnen.«
    »Klar, kein Problem mit den Checks.
Gehen Sie zu Charlotte Keim im ersten Stock; sie wird das erledigen.«
    »Ich bin in Ihrer Schuld, Gage.«
    »Nein, sind Sie nicht — noch nicht.
Aber eines Tages werden Sie’s sein.«
    Als ich auflegte, fragte Mick
stirnrunzelnd: »War das Gage Renshaw, der Typ von RKI?«
    »Ja.«
    »Warum läßt du dich mit dem ein?« Mick
hatte genug von der kurzen Geschichte meiner Zusammenarbeit mit der
Sicherheits-Firma gehört, um zu wissen, wie gründlich ich ihre Methoden
verabscheute.
    »Weil er an etwas herankommen kann, was
ich brauche, und weil er mir verpflichtet ist.«
    »Diese Computer-Checks, von denen du
geredet hast — es geht nicht, daß wir das machen, aber wenn RKI es macht, ist
es okay? Das kapier ich nicht.«
    »Es ist nicht okay; aber so wird es
laufen.«
    »Bist du nicht ein bißchen
scheinheilig?«
    Ich seufzte und setzte mich wieder hin.
»Manchmal schon. Das bringt dieses Geschäft — jedes Geschäft... ach, zum
Teufel, das bringt das Leben so mit sich.«
    »Muß das denn sein?«
    Ich zögerte, weil ich seine
jugendlichen Ideale nicht mit Füßen treten, aber auch nicht lügen wollte. »Ja
und nein. Ich glaube, worum es geht, ist, Grenzen zu ziehen. Für sich selbst zu
entscheiden, wann und wie weit man die Regeln beugt — die eigenen und die
gesellschaftlichen —, und sich dann zu bemühen, nicht darüber hinauszugehen.«
Leider hatte ich im Lauf der Jahre feststellen müssen, daß sich meine eigenen
moralischen Grenzen in erschreckenden Tempo verschoben.
    Mick dachte einen Moment nach. Er
schien ein bißchen enttäuscht. Dann fragte er: »Okay, was wolltest du vorhin
von mir, bevor das Telefon geklingelt hat?«
    »Ich brauche ein aktuelles Foto von
Suits. Ruf bei der GGL an und frag, ob sie eins haben; wenn nicht, liegt sicher
bei einer von den Tageszeitungen eins im Archiv. Wir treffen uns morgen
irgendwo, wenn du das Bild aufgetrieben hast. Ansonsten mach einfach mit der
Routinearbeit weiter. Und denk dran — für alle anderen Leute bin ich verreist.
Du hast keine Ahnung, wohin.«
    »Und wenn Gordon anruft? Was soll ich
ihm sagen?«
    »Wie ich Suits kenne, wird er nicht
anrufen. Aber falls doch, versuch herauszufinden, wo er steckt, oder bring ihn
dazu, daß er ins Büro kommt, und halt ihn dort fest, wenn nötig, mit Gewalt.«
Ich nahm einen Notizblock vom Tisch und notierte die hiesige Nummer von RKI.
»Hier kannst du mich notfalls erreichen.«
    Mick steckte den Zettel ein, den Blick
noch immer gesenkt. »Vielleicht gefällt dir dieses Metier ja doch nicht so gut,
wie du gedacht hast?« spekulierte ich.
    Er zuckte die Achseln und brachte ein
gezwungenes Grinsen zustande. »Na ja, wie du schon sagtest, das bringt das
Leben nun mal so mit sich.«
     
    Ich gab mir keinerlei Mühe, meine Spur
zu verwischen, während ich nach Süden zum Flughafen fuhr, den MG auf dem Park &
Fly-Parkplatz abstellte und den Shuttle-Bus zum American Airlines-Terminal
nahm. Als ich von der Halteinsel, wo der Bus mich abgesetzt hatte, über die
Fahrbahn ging, spähte ich wachsam nach einem flachen, hellfarbenen Wagen aus.
Es waren mindestens drei Stück in der Nähe, aber keiner in einer Position, aus
der er mir hätte gefährlich werden können, und die Gesichter der Fahrer konnte
ich wegen der blendenden Scheinwerfer nicht

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