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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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an
der Ridge Road absetzen lassen. Und dann... war ich wieder daheim.«
    »Sie sind den ganzen Weg gelaufen?«
    Sie nickte. »Danach war ich lange Zeit
ziemlich neben mir selbst. In gewisser Weise bin ich es immer noch.«
    »Ist das der Grund, weshalb Sie sich
nicht mit Suits in Verbindung gesetzt haben?«
    Ihre Finger umkrallten die Kante der
Bank. Sie zog die Knie hoch und umschloß sie mit den Armen. Fröstelte, obwohl
ihr die warme Herbstsonne auf die Schultern schien. Sie sah zu den Grabsteinen
hinüber, und ich folgte ihrem Blick zu einem schlichten Holzmarker, um dessen Fuß
Plastikrosen verstreut lagen.
    »Da liegt meine Mutter begraben«, sagte
sie. »Mein Vater hat sie immer geschlagen. Schließlich ist er auf und
davongegangen, mit einer Frau aus dem Pomo-Reservat drunten an der Stewart’s
Point Road. Ich habe nie viel von der Ehe erwartet.«
    »Anna, Suits hatte mit der Explosion
nichts zu tun.«
    »Das ist mir inzwischen wohl auch klar.
Dieser Mann liebt mich. Und ich liebe ihn.«
    »Aber warum haben Sie sich dann nicht
bei ihm gemeldet und ihn von seinem Kummer erlöst?«
    »Angst. Sharon, er macht sich so viele
Feinde. Verstehen Sie denn nicht, daß es egal ist, wer diese Sprengladung
gelegt hat? Ich wäre schon einmal beinahe einem seiner Feinde zum Opfer
gefallen; ich kann mit dieser ständigen Bedrohung nicht leben.«
    »War dieser Feind Ed Bodine, damals in
Lost Hope?«
    »Wenn Sie davon wissen, werden Sie ja
wohl verstehen, warum ich hier nicht wieder weg kann.«
    Ich zögerte, formulierte meine nächsten
Sätze sehr sorgsam. »Anna, es sind eine Menge Dinge passiert, von denen Sie
nichts wissen. Die Sache mit Josh Haddon zum Beispiel.«
    »Josh?«
    »War derjenige, der die Explosion in
Auftrag gegeben hat. Er wollte nicht, daß Sie dabei umkommen, aber er war es,
der Suits terrorisiert hat.«
    Sie starrte mich an; Schmerz und
dumpfes Entsetzen füllten ihre Augen. »Und der Handlanger, der die Sprengsätze
gelegt hat?«
    »Ist tot. Josh hat ihn überfahren,
wahrscheinlich, um Ihren Tod zu rächen.«
    »Nein...«
    »Josh ist ebenfalls tot.«
    »...Wie ist das passiert?«
    »Er ist mit dem Hubschrauber
abgestürzt, vor einer Woche.«
    Anna schlug sich die Hände vors Gesicht
und lehnte die Stirn gegen die hochgezogenen Knie. In den Bäumen hinter uns
stimmte eine Spottdrossel einen monotonen Gesang an; ein Chor von Hähern fiel
krächzend ein.
    Nach einem Weilchen sah Anna auf. »Sie
sagen mir nicht alles.«
    »Es ist zu kompliziert. Das überlasse
ich Suits.«
    »Suits...« Die eine Silbe war voller
Sehnsucht. Sie starrte ausdruckslos auf das Grab ihrer Mutter. »Es war alles
meine Schuld.«
    »Ihre Schuld? Warum, um Himmels
willen?«
    »Ich wußte, daß Josh immer noch völlig
auf mich fixiert war. Ich hätte Suits warnen müssen.«
    »Josh haßte ihn noch aus anderen
Gründen, nicht nur Ihretwegen.«
    »Das glaube ich wohl, aber ich war der
Hauptgrund. Nach der Sache in Monora... Sie wissen, was dort gelaufen ist?«
    Ich nickte.
    »Danach haben Suits und ich uns
getrennt. Für immer, dachte ich. Und Josh und ich... wir sind uns wieder näher
gekommen. Er kam immer zu mir, wenn er frei hatte. Einmal bin ich mit ihm ins
Bett gegangen.«
    »Und als Sie und Suits sich dann wieder
versöhnten?«
    »War Josh völlig außer sich, aber er
hat behauptet, er könne meine Entscheidung akzeptieren. Wirklich problematisch
wurde es erst in Lost Hope. Da hatte er es langsam satt, für Suits und mich
die Drecksarbeit zu machen. Im letzten Sommer, als Suits diese merkwürdigen
Dinge passierten, habe ich Josh aufgesucht und ihn gefragt, ob er
dahinterstecke. Er hat mich belogen, und ich habe ihm geglaubt, aber ich hätte
Suits trotzdem warnen müssen.«
    »Na ja, das ist jetzt alles vorbei. Und
Suits braucht Sie. Ihm ist klar, daß er ein paar entscheidende Dinge ändern
muß, und Sie sind der einzige Mensch, der ihm dabei helfen kann — und dafür
sorgen, daß er ehrlich bleibt.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Es ist nicht
alles vorbei. Da war noch etwas in Lost Hope, was Sie nicht wissen.«
    Ich wußte es nicht, aber ich ahnte es.
Und wenn es nach mir ging, würde dieses Etwas zwischen uns unausgesprochen
bleiben. »Ich weiß, daß Josh Ed Bodine erschossen hat, um Sie zu schützen«,
erklärte ich ihr. »Ich weiß, daß er ihn mit Hilfe Ihrer Freundin Brenda Walker
in dem ausgetrockneten Flußtal begraben hat. Ich habe bei dem zuständigen
Deputy eine entsprechende Aussage gemacht, und ich bin sicher, Brenda

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