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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Kisten mit schwarzgebranntem Schnaps zu horten. Ich trat
an eine der Höhlungen heran und fuhr mit der Hand über die bemooste Innenseite.
Dann hockte ich mich auf einen einigermaßen trockenen Felsen, der aus dem
grobkörnigen Sand ragte. Anna kam herüber und lehnte sich neben mich. Ich
sagte: »Suits und ich konnten nur zwei Leute in seiner Firma ausfindig machen,
die an so viele Informationen herankommen, daß sie in der Lage gewesen wären,
diese Anschläge zu planen — Noah Romanchek und Russ Zola. Kennen Sie sie?«
    »Nicht gut genug, um ein Gefühl dafür
zu haben, wozu sie fähig wären.«
    »Wir haben außerdem zwei Turnarounds
herausgesiebt, die vielleicht ursächlich mit all dem zu tun haben könnten — Keystone
Steel und Lost Hope, Nevada.«
    Sie nickte bedächtig.
    »Ich habe die Akten darüber«, fuhr ich
fort, »aber wüßte gern, was sich dabei für Suits persönlich abgespielt hat. Sie
telefonieren doch jeden Abend mit ihm, da haben Sie doch sicherlich Einblick —«
    »Nein, leider nicht.«
    »Warum nicht?«
    Sie stieß sich von dem Felsen ab und
begann, ruhelos in der Höhle herumzuwandern. »Wissen Sie noch, wie ich gestern
abend sagte, diese Ehe sei nicht ohne Schattenseiten? Tja, das war zwar
scherzhaft gemeint, aber es steckt auch eine Menge Wahrheit darin. Wir sind
nicht gut miteinander ausgekommen, Suits und ich, um die Zeit, als er nach
Pennsylvania ging, und wir haben uns damals entschlossen, uns vorerst zu
trennen. Erst, als er aus Nevada wieder zurückkam, haben wir die Dinge geklärt
und wieder zusammengefunden.«
    »Wie lange war das insgesamt?«
    »Rund vier Jahre.«
    »Und in der ganzen Zeit hatten Sie
keinerlei Kontakt?«
    »Kaum.«
    »Haben Sie je mit ihm über diese Jahre
geredet?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wir haben
beschlossen, mit dem Tag, an dem wir wieder zusammenkamen, ganz neu anzufangen.
Das hieß, nicht an die alten Probleme zu rühren, nicht in dem herumzustochern,
was in den Jahren unserer Trennung war. Diese Jahre waren für uns beide hart;
ich glaube, Keystone wäre erfolgreicher verlaufen, wenn er nicht mit unserer
Krise beschäftigt gewesen wäre. Und ich... ich hätte sicher auch manches anders
gemacht, wenn unsere Ehe intakt gewesen wäre.«
    Anna interessierte mich; ich wollte sie
zu all dem noch mehr fragen, aber es ging mich nun wirklich nichts an. Ich
sagte: »Suits hat sich im Lauf der Jahre eine Menge Feinde gemacht. Gibt es
jemanden, von dem Sie sich vorstellen können, daß er so weit geht?«
    Sie dachte gründlich über meine Frage
nach und malte dabei mit der Spitze ihres Turnschuhs Muster in den groben Sand.
»Mir fällt niemand ein.«
    »Die nächste Frage mag Ihnen
unverschämt erscheinen, und ich entschuldige mich im voraus, aber ich muß sie
stellen. Hat Suits Ihres Wissens jemals Drogen konsumiert?«
    »Ich bin die Ex-Drogenabhängige in der
Familie. Er trinkt ja sogar kaum; Sie haben doch gesehen, wie er gestern an
seinem Wein genippt hat. Warum fragen Sie?«
    »Eine Reihe Leute haben mir gesagt, er
wirke paranoid, und obwohl ich glaube, daß es wirklich jemand auf ihn abgesehen
hat, sind mir doch an ihm auch paranoide Verhaltensweisen aufgefallen.«
    »Suits hatte immer schon paranoide
Tendenzen, ich weiß, was Sie meinen. Ich mache mir, offen gesagt, Sorgen um
ihn. Vor ein paar Wochen hat er mir gestanden, daß er ein Aufzeichnungsgerät an
seine Telefone hat anschließen lassen. Er nimmt sämtliche Gespräche auf Band
auf und prüft sie auf irgendwelche bedrohlichen Untertöne. Und außerdem hat er
sich angewöhnt, die meisten geschäftlichen Besprechungen an öffentlichen Orten
oder im Hubschrauber abzuhalten. Er sagt, dort kommen sie nicht an ihn heran.«
    »Sie?«
    Sie nickte. »Sie.«
    »Nicht gut. Wissen die Leute, mit denen
er telefoniert, daß das Gespräch mitgeschnitten wird?«
    Anna schüttelte den Kopf.
    »Das ist verboten.«
    »Ich weiß. Ich bin die einzige, der er
etwas davon gesagt hat, also lassen Sie sich ihm gegenüber nicht anmerken, daß
Sie es wissen.«
    »Bestimmt nicht. Es gibt aber noch
einen Grund, weshalb ich das mit den Drogen gefragt habe: ein Bekannter von ihm
in San Francisco sagt, daß er einmal bei ihm etwas erlebt hat, was wie ein
Drogen-Flashback klingt.« Ich erklärte ihr, was Carmen mir erzählt hatte. »Eine
Eisenbahn-Überführung, zwei oder drei Leute, Wetterleuchten über dem Wasser«,
wiederholte ich. »Sagt Ihnen das irgend etwas?«
    Sie wurde ganz still. Ich sah, wie sie
unter dem Cape die Arme

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