Feinde kann man sich nicht aussuchen
Szene, wie Suits mit einem Deputy und dem Einsatzleiter der
Feuerwehr sprach und dann immer stiller wurde, als ob er in seinem Inneren eine
Reihe Schalter umlegte, um jeden Kontakt nach außen zu unterbrechen. Und den
Verdacht, der sich während dieses letzten Monats in meinem Kopf breit gemacht
hatte und der das Allerschlimmste war...
Hy konnte unmöglich davon wissen, aber
als er an meinem Cape zupfte, fuhr ich zusammen und sah ihm forschend ins
Gesicht. Es war das Cape, das Anna mir kurz vor der Explosion geschenkt hatte
und in dem ich vom Haus zum JetRanger gelaufen war, die Kapuze hochgeschlagen.
Als ich es gestern übergezogen hatte, um Hy am Flughafen von Oakland zu
treffen, war das eine symbolische Geste gewesen — es sollte deklarieren, daß
ich bereit war, mich auf ein riskantes und möglicherweise desaströses
Unterfangen einzulassen.
Am sechsten September hatte Suits
meinen Auftrag gekündigt. Ein Scheck, unterzeichnet von Dottie Collier, war in
meinem Büro angekommen, begleitet von einem kurzem Schreiben, in dem sie mir im
Namen ihres Chefs für meine Bemühungen dankte. Die volle Honorarsumme plus
fünfzig Prozent Zulage — um mich abzuwimmeln, mich auszukaufen, aus dieser
Sache und aus Suits’ Leben. Den Scheck hatte ich noch nicht eingelöst; ich
hatte das Geld noch nicht verdient. Und außerdem war ich nicht käuflich und
schon gar nicht in diesem Fall.
Hy gab den Versuch auf, ein Gespräch in
Gang zu bringen, und fragte: »Warst du letzte Woche oben in Mendocino County,
wie Gordons Anwalt es wollte?«
»Ja.« Suits war nach der Explosion
nicht willens gewesen, mit Josh und mir in die Bay Area zurückzufliegen.
Moonshine Cottage war unversehrt geblieben; dort hatte er sich einquartiert und
wohnte er immer noch.
In der Vorwoche hatte mich Noah
Romanchek angerufen. »Es geht um T. J.«, hatte er gesagt. »Er ist in einer
schrecklichen Verfassung, will nichts von geschäftlichen Dingen wissen. Die GGL
hält sich noch, aber nur mit Müh und Not. Es müssen Entscheidungen getroffen
werden, wegen Hunters Point. Die Hafenkommission und die Southern Pacific
wollen, daß der Tunnelausbau in Gang kommt. An diesem Projekt hängen eine Menge
Leute. Herrgott, Carole Lattimer hatte eine Gehirnoperation, und sie kümmert
sich vom Krankenhaus aus um das Dringendste. Wenn sie das kann, müßte sich T.
J. doch wohl auch zusammenreißen können.«
»Haben Sie ihm das gesagt?« fragte ich.
»Natürlich. Ich war letzte Woche droben
in der Bucht, um mit ihm zu reden. Er hat mich aus dem Cottage geworfen.«
»Tja, ich weiß nicht, was ich da tun
könnte. Ich arbeite ja nicht mehr für ihn.«
»T. J. hat mir mal gesagt, daß er viel
auf Ihre Meinung gibt. Bitte, fahren Sie rauf, und versuchen Sie, ihn zur
Vernunft zu bringen. Wir zahlen Ihnen, was immer Sie üblicherweise nehmen.«
Aus Gründen, die in mir selbst lagen,
hatte ich eingewilligt und mich mit einem düster dreinblickenden Josh Haddon im
JetRanger auf den Weg nach Norden gemacht. Ich hatte den Piloten zwischen den
verkohlten Trümmern am Klippenrand zurückgelassen und mich zum Gästehäuschen
begeben.
Jetzt erklärte ich Hy: »Was ich dort
vorgefunden habe, war ungefähr so desolat, wie Romanchek gesagt hatte. Suits
suhlt sich in seinem Schmerz; er scheint es irgendwie zu genießen.«
»Säuft er?«
»Nein, er nimmt auch sonst nichts. Er
ist einfach nur... völlig weggetreten, kümmert sich um nichts und niemanden.«
»Na ja, vielleicht kriegt er ja irgendwann
die Kurve wieder. Jeder hat seine Art, mit Schmerz umzugehen. Ich wußte ja
damals schon seit Jahren, daß Julie irgendwann dieser Krankheit erliegen würde,
aber als sie dann starb, bin ich völlig ausgerastet. Suff, Selbstzerstörung auf
der ganzen Linie. Bei jeder Aktion, die die Bewegung gestartet hat, fing ich an
zu randalieren, in der Hoffnung, daß mich irgendein Bulle abknallt und von
meinem Elend erlöst.«
»Aber das lag wenigstens alles
irgendwie auf deiner Linie. Bei Suits ist das nicht so. Nach der Explosion gab
es jede Menge Spekulationen in den Medien, vor allem in den Boulevardblättern,
ob er nicht vielleicht an allem schuld sei. Zwar ging niemand so weit zu
behaupten, er habe das Haus selbst hochgejagt oder jemanden dafür bezahlt, aber
es gab dauernd Anspielungen auf den ›ungewöhnlichen Lebensstil‹ der beiden. Und
alles wurde breitgetreten: die Sache mit der Dope-Farm, Annas
Drogenvergangenheit, die vierjährige Trennung und die Geschichte, wie er sie
damals
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