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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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heute morgen oben in Mendocino
County. T. J. ist verschwunden.«
    »Was?«
    »Er ist nicht in Bootlegger’s Cove. Das
Gästehäuschen ist leer und verlassen. Josh und ich haben den Taxifahrer
angerufen, von dem sich T. J. manchmal fahren läßt. Er hat ihn nicht mehr
gesehen, seit er ihn vor einer Woche in eine Klinik in Fort Bragg gebracht hat,
wo sie ihm den Gips abgenommen haben. Wir haben uns von dem Mann nach Elk
fahren lassen; jemand aus dem Lebensmittelgeschäft dort hat letzten Mittwoch
noch Ware ins Moonshine Cottage geliefert, aber seither hat niemand mehr
Kontakt mit T. J. gehabt. Weder in Albion, noch in Little River, noch in Mendocino,
noch am Flughafen hat ihn irgend jemand gesehen.«
    Ich dachte an Moonshine Cottage: die
abgeschiedene Lage, der Blick auf die rußgeschwärzten Trümmer am Klippenrand,
der Steilabsturz zu den Felsen drunten in der Bucht. »Sie glauben doch nicht,
er könnte sich umgebracht haben?«
    »Es gab keine Leiche, keinen
Abschiedsbrief, nicht den geringsten Hinweis auf etwas Derartiges.«
    »Haben Sie das Sheriffbüro informiert?«
    »Ich habe Vermißtenanzeige erstattet.
Sharon, worüber wollten Sie mit ihm reden?«
    »Es gibt da noch ein paar Einzelheiten
zu klären.«
    »Kann ich Ihnen irgendwie
weiterhelfen?«
    »Nein. Was glauben Sie, wohin er
verschwunden ist? Und wie?«
    »Weiß der Himmel. Vielleicht per
Anhalter. Übrigens, die Vorwahl, die Sie angegeben haben — ich konnte nicht
umhin, sie wiederzuerkennen. Sie sind in Monora?«
    Verdammt! Ich hätte noch mal anrufen
sollen, statt die Nummer zu hinterlassen. Romanchek war zwar so weit ganz
kooperativ gewesen, aber ich traute ihm dennoch nicht und wurde das Gefühl
nicht los, daß Suits ihm auch nicht völlig vertraute. »Ja«, knurrte ich.
    »Diese Einzelheiten, die Sie klären
wollen — geht es da um die Keystone-Sanierung?«
    »Nein, sie sind persönlicher Art.«
    »Verstehe. Wie lange sind Sie schon in
Pennsylvania?«
    »Erst einen Tag.«
    »Und haben Sie dort schon irgend etwas
Relevantes herausgefunden?«
    »Nein. Ich fliege demnächst wieder nach
Kalifornien zurück. Noah, hat T. J. Ihnen gegenüber seit der Explosion
irgendwann einmal durchblicken lassen, daß er vorhatte, die Bucht zu verlassen?«
    Romanchek schwieg.
    Ich wiederholte meine Frage.
    »Verzeihung, ich habe nachgedacht. Da
war etwas, und in Zusammenhang mit seinem Verschwinden gefällt mir das ganz und
gar nicht. Als ich das letztemal dort war, sagte er, es gebe nur einen Grund,
aus dem er dort wieder weggehen würde — wenn er dahinterkäme, wer den
Sprengsatz gelegt hat. Er sagte, dann würde er sich das Schwein schnappen und
es umbringen.«
     
     
     
     
     

15
    Nachdem ich noch ein paar Minuten mit
Romanchek geredet hatte und zu keinem plausiblen Schluß gekommen war, ging ich
ins Bett, aber ich konnte nicht schlafen. Die Nacht verging im Schneckentempo,
während ich mich auf dem allzu weichen Bett herumwälzte. Das alte Haus ächzte
und knarrte; gegen vier erhob sich ein Wind, der einen Ast über die
Fensterscheibe schubbern ließ.
    Also hatte Suits endlich seine Apathie
abgeschüttelt, dachte ich. Die Trümmer seines Lebens hinter sich gelassen. Aber
wohin war er gegangen und zu welchem Zweck? Diese Frage trieb mich um. Ohne
Anna als Halt und von der Wut über ihren Tod getrieben, war er ein wandelndes
Pulverfaß, gefährlich für sich und für jeden, an dem sich seine paranoiden
Tendenzen festmachten.
    Beim Gedanken an das Unheil, das er
anrichten konnte, wollte ich mich am liebsten aus dem Bett schwingen,
geradewegs nach Pittsburgh zurückfahren und mich in das nächste Flugzeug nach
Westen setzen. Aber was brächte das? Sicher, ich konnte nach Mendocino County
fahren und Romancheks und Joshs Nachforschungen selbst noch einmal wiederholen,
aber es klang, als seien sie gründlich gewesen. Und doch — ich mißtraute diesem
Anwalt...
    Um halb sechs stand ich auf und
schlüpfte in Jeans und Pullover. Schlich durch das stille Haus abermals zum
Telefon und rief, ungeachtet der Tatsache, daß es dort erst halb drei war, zu
Hause an. Mick nahm beim sechsten Läuten ab, meldete sich mit verschlafener
Krächzstimme. »Wach auf«, sagte ich. »Du mußt etwas für mich tun.«
    »...Shar, weißt du, welche Uhrzeit wir
haben?«
    »Gewöhn dich dran, Kleiner. Abwegige
Arbeitszeiten und nächtliche Anrufe, das macht das Leben des Privatdetektivs
aus.« Grunzen.
    »Mick!«
    »Okay, bin schon da. Ich war nur eben
auf der Suche nach Papier und

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