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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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gefallen?«
    »Nicht direkt.«
    »Und der von Noah Romanchek, seinem
Anwalt?«
    »Auch nicht, aber ich dachte mir, daß
er den Deal mit der Staatsanwaltschaft arrangiert hatte.«
    »Dann waren es also nur Haddon und der
Laufbursche, und Zola wurde ein paarmal erwähnt?«
    »Richtig.«
    »Gibt es sonst noch irgend etwas, was
Sie mir erzählen könnten?«
    Er schüttelte den Kopf, die Augen immer
noch auf das Geld geheftet.
    Ich legte sie auf den Tisch und sah zu,
wie er sie blitzschnell packte und wegsteckte, ohne nachzuzählen. Er stand auf,
zögerte kurz und kam dann um den Tisch herum, großspuriger jetzt, da er das
Geld kassiert hatte.
    »Kann ich sonst noch was für Sie tun,
Lady?« fragte er. »Ich habe Pillen, Crack, Koks... Oder vielleicht möchten Sie
ja was Aufregenderes?«
    Plötzlich brach es in mir empor: Wut
auf Suits und seine Handlanger, Empörung über die Habgier und Korruption, die
Anna das Leben gekostet hatte, die mich beinahe meins gekostet hätte. Ich ließ
es an diesem jämmerlichen Verlierer aus, zog die Pistole, bevor er noch näher
kommen konnte. Mein Zeigefinger spielte am Abzug, ich mußte mich gewaltsam
zurückhalten.
    Spitz’ Augen weiteten sich. Er gab
einen erstickten Laut von sich und stolperte ein Stück rückwärts.
    Ich atmete tief durch, versuchte mich
zu beruhigen. Sagte: »Machen Sie, daß Sie verschwinden.«
    Spitz machte auf dem Absatz kehrt und
rannte in den Schutz der Weiden.
     
    »Warum übernachten Sie nicht hier?«
fragte Amos Ritter. »Es ist schon spät, sie kriegen bestimmt keinen Direktflug
nach San Francisco mehr. Ich habe jede Menge Platz —«
    »Nein, es ist besser, ich fahre heute
abend noch ab. Danke, daß Sie mir die Pistole geliehen haben. Vielen Dank für
alles.« Ich umarmte ihn und stapfte die Eingangstreppe seines Gruselhauses
hinunter.
    »Kommen Sie mal wieder vorbei«, rief er
mir nach. »Wann immer Sie möchten.« Dann setzte er hinzu: »Ich wünschte, Sie
würden es sich noch mal überlegen.«
    Ich schüttelte den Kopf, winkte ihm zu
und lief rasch zu meinem Mietwagen. Amos’ Vorschlag hatte manches für sich,
aber ich konnte mich nicht darauf einlassen. Ich fürchtete, wenn ich einmal
innehielt, würde ich den Schwung verlieren, der mich trug, seit ich gestern
morgen der aufgehenden Sonne entgegengeflogen war. Ich brauchte diesen Schwung
jetzt nötiger denn je, brauchte ihn, um gegen die drückende Last des Wissens
anzukämpfen, das ich hier gesammelt hatte.
    River Park, Monora, Pennsylvania:
Schauplatz eines Drogen-Deals.
    Keystone Steel, Monora, Pennsylvania:
Schauplatz eines getürkten Drogen-Deals.
    Beides war vermutlich nur die
sprichwörtliche Spitze des Eisbergs. Der Himmel allein mochte wissen, was ich
noch alles an Verbrechen und Korruption aufdecken würde, ehe ich aufhören
konnte, in Suits’ Leben und Arbeitsumfeld herumzustochern. Ich ahnte, daß sich
da ein Konflikt zusammenbraute: zwischen meiner Loyalität meinem alten Freund
Suits gegenüber und meiner Loyalität einer nicht minder alten Freundin
gegenüber: der Wahrheit. Und tief in meinem Inneren wußte ich, wenn ich diesen
Konflikt gelöst hatte, konnte das für meinen Klienten einen Sturz in den
Abgrund bedeuten, vor dem ich ihn nicht zu bewahren vermochte — und auch nicht
bewahren wollte.
    Das war einer dieser Tage, an denen ich
meine Arbeit haßte. Ich wünschte, ich hätte nie etwas von Bodine gehört, nie
sein unmarkiertes Grab in der Wüste von Nevada gesehen. Ich wünschte, ich hätte
weder Monora, noch den River Park je gesehen. Ich wünschte, ich hätte Keystone
Steel nie gesehen und auch nicht Moonshine House.
    Und am allermeisten wünschte ich,
Suitcase Gordon wäre nie wieder in meinem Leben aufgetaucht.

Strichprobe
3.
Oktober
     
    Der Kartenschlitz des Telefons verschluckte
meine Kreditkarte, und ich drückte elf Ziffern. Tausende von Meilen und zwei
Zeitzonen entfernt, läutete es in einem leeren Ranch-Haus. Ich rechnete nicht
damit, daß Hy abnehmen würde, aber dieser Hauch von Kontakt würde mir helfen,
diese Nacht zu überstehen, die lang und einsam zu werden versprach. Ich lehnte
mich gegen die Wand der Telefonzelle, zählte das Klingeln, stellte mir das
dunkle Haus und die kahle, mondhelle Landschaft ringsherum vor.
    Und plötzlich sagte Hys verschlafene
Stimme: »Hallo?«
    »Du bist da!«
    »Ah... ja. Wo bist du?« Er war jetzt
ganz da, er hatte die Gabe, schlagartig hellwach zu werden.
    »Dallas. Fort Worth-Flughafen.«
    »Großer Gott, wieso?«
    »Weil

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