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Feindfahrt

Feindfahrt

Titel: Feindfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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zurückhalten.
Murdoch sagte indessen ganz ruhig: »Ich glaube, Sie haben da
schlechte Nachrichten für mich, Carey Reeve.«
    »Donalds Schiff wurde gestern vor der
Humbermündung tor pediert«, antwortete Reeve. »Es ist
mit der gesamten Besatzung gesunken.« Ein Zittern durchlief den
Körper des alten Mannes. Sekundenlang wankte er, dann atmete er
tief ein und straffte sich. »Gott lenkt.« Die beiden
Frauen, die den Leichnam her richteten, hielten abrupt in ihrer Arbeit
inne und sahen ihn mit entsetzten Gesichtern an. Sie hatten, wie Reeve
schon wußte, Ehemann und Bruder verloren. Murdoch ging an ihnen
vorbei und blieb vor dem jungen Deutschen stehen, dessen Gesicht sehr
friedvoll wirkte.
    Er nahm eine der kalten Hände. »Armer
Kerl!« sagte er mitlei dig. »Arme Jungens!« Seine
Schultern begannen zu zucken, dann brach er lautlos in Tränen aus.

    3

    Schonerbark DEUTSCHLAND, 12. September 1944.
26° 11' nördl. Breite, 30° 26' westl. Länge. Wind NW
2-3. Bedeckt. Schlechte Sicht. Heftige Sturmbö in der vergangenen
Nacht während der Mittelwache. Außenklüver gerissen.

    Etwa 500 Meilen südlich der Azoren saß
Erich Berger in seiner Kajüte am Schreibtisch und machte
Eintragungen in sein per sönliches Tagebuch.

    ... sind wir natürlich im großen ganzen weit besser vorange kommen, als ich es je zu hoffen gewagt hätte, dennoch empfin den unsere Passagiere die Reise als überaus langwierig und anstrengend. Aufgrund des schlechten Wetters müssen sie die meiste Zeit unter Deck verbringen; das Oberlicht ist undicht und der Salon ständig feucht.
    Der Verlust der Hühner und der zwei Milchziegen, die drei Tage hinter Belem allesamt in einer heftigen Sturmbö über Bord gespült wurden, hat sich sehr ungünstig auf unseren Spei sezettel ausgewirkt. Meine größte Sorge gilt noch immer Frau Pragers Zustand, der sich, soweit ich es beurteilen kann, stän dig verschlechtert.
    Was die mögliche Begegnung mit einem feindlichen Schiff be trifft, so sind wir darauf so gut wie nur möglich vorbereitet. Die Deutschland ist nunmehr bis in die kleinste Einzelheit die Gudrid Andersen, bis zu der kleinen Bibliothek schwedischer Bücher in meiner Kajüte. Unser Schlachtplan ist denkbar ein fach, falls jemand an Bord kommen sollte. Die über die norma le Besatzung hinaus an Bord befindlichen Männer werden sich in den Bilgen verstecken. Zugegeben, eine primitive Maßnah me, die bei einer gründlichen Durchsuchung sofort entdeckt werden würde. Aber uns bleibt unter den gegebenen Umstän den kaum eine andere Wahl. Die Deutschland hält bis jetzt allem, was uns der Atlantik zu bieten hat, wacker stand, ob wohl kaum ein Tag vergeht, ohne daß Wanten oder Segel rei ßen. Und heute morgen meldete Sturm einen Fuß Wasser in den Bilgen. Noch aber haben wir keinen Grund zur Besorgnis. Wir werden alle einmal alt, und die Deutschland ist älter als die meisten...

    Das ganze Schiff schlingerte wie betrunken, der
Kajütboden sackte weg, und Berger wurde vom Stuhl geschleudert. Er
rap pelte sich hastig hoch, riß die Tür auf und lief an
Deck. Die Deutschland rollte durch schwere Seen, die Decksplanken waren von Gischt überschäumt . Leutnant
Sturm und Vollma trose Kluth, die gemeinsam am Ruder standen, brauchten
ihre ganze Kraft, um das Schiff auf Kurs zu halten.
    Hoch oben flatterte das Gaffeltoppsegel frei im
Wind. Der Krach, den es machte, war ohrenbetäubend,
übertönte sogar das Brüllen des Sturms, und die
Besanstange wippte wild hin und her. Sie konnte jeden Augenblick
brechen. Aber schon war Richter an der Reling und zerrte, während
die Seen über ihn hinwegspülten, mit voller Kraft am
Niederholer, damit das Se gel kollabieren konnte.
    Berger, der ihm zu Hilfe eilen wollte, verlor,
als eine weitere schwere See über das Deck hereinbrach, den Halt
und wurde ins Speigatt geschleudert . Irgendwie kam er dann wieder auf die Füße und hängte sich, mit Richter zusammen, an den Nie derholer .
    Das Segel kam nieder, die Deutschland richtete sich spürbar auf, das unaufhörliche Knattern brach ab . Richter
schrie laut: »Ich geh wohl am besten da rauf und kümmere
mich um einen neuen Ausholer.« Berger brüllte gegen den Wind
zurück: »Bei diesem Wetter könnten Sie sich keine
Minute da oben auf der Gaffel halten.«
    »Aber das Segel wird in Fetzen gerissen , Käpt'n.«
    »Vorerst reicht eine Beschlagleine. Ich
werde das selbst über nehmen.« Berger sprang in die
Webeleinen und begann zu klet tern, während der Wind mit

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