Feindgebiet
Hof, zollte und erntete Anerkennung, gewährte und verweigerte Gefälligkeiten – und gab den neuesten Witz zum besten:
»Ein Typ kriegt endlich die ersehnte Nachricht. Er steht auf der Liste. Höchste Dringlichkeitsstufe. Er hat sämtliche Vergünstigungen und Beziehungen spielen lassen. Sein A-Grav-Gleiter steht endlich für ihn bereit.
Er ist ganz aus dem Häuschen. Hat schon vor sechs Jahren dafür bezahlt. Jetzt endlich ist es soweit. Wann wird er ihn endlich kriegen?
Der Verkäuferarsch sagt: ›Ungefähr in vier Jahren. Im Whitsl-Zyklus. Am vierten Tag.‹
Der Typ fragt: ›Morgens oder abends?‹
Der Verkäufer antwortet: ›Mister, das ist doch erst in vier Jahren! Warum wollen Sie wissen, ob morgens oder abends?‹
›Weil ich für morgens den Installateur bestellt habe …‹«
Umbrandet von Gelächter kippte er den Rest Schnaps hinunter und bestellte winkend einen zweiten.
Nachdem genug Hof gehalten war, zerstreuten sich die Kumpels wieder und ließen den großen Mann in Ruhe nachdenken. Chetwynd, der sich erneut seine Aussichten durch den Kopf gehen ließ, war nicht gerade hocherfreut darüber, dass seine Konzentration von zwei in Overalls gepackten, nach Dreck stinkenden Dockarbeitern, die sich in seine Sitzecke schoben, unterbrochen wurde. Gerade als er ein paar untergeordnete Schläger mit dem Problem beauftragen wollte, erkannte er die beiden und prustete einen Schluck Schnaps quer durch die Sitzecke.
Alex grinste ihn freundlich an. »Wer wird denn dieses Lebenswasser so verschwenden, mein Freund. Bestimmt kommt mal `ne Zeit, da wirst du’s bitter bereuen.«
Sten winkte der Bedienung. »Alter Kumpel«, sagte er, »du siehst ganz so aus, als hättest du jetzt eine Karaffe nötig.«
Chetwynd nickte. »Ich dachte, ihr wärt alle in die Wälder abgehauen«, brachte er hervor. Er war stolz darauf, keine der üblichen blöden Fragen gestellt und auch keine der erwarteten Reaktionen an den Tag gelegt zu haben.
»Für die anderen kann ich nicht sprechen«, sagte Sten. »Aber ich bin ein Stadtmensch. Dort draußen im Dunkeln kriege ich Angst.«
»Die Bullen führen hier regelmäßig Kontrollen durch«, sagte Chetwynd.
»Damit hab ich keine Probleme«, meinte Kilgour. »Wir hocken hier mit unserem ehrenwerten Freund zusammen und lassen die Becher kreisen.«
Chetwynd gab sich widerwillig geschlagen. Wenn er jetzt laut herumschrie, würden die beiden Ausbrecher festgenommen und er selbst wahrscheinlich eine saftige Belohnung einstreichen. ›Trotzdem‹, dachte er, ›wenn es von offizieller Seite heißt, dass diese Kerle alle bei dem Versuch zu fliehen erschossen wurden, wie sollen meine Vorgesetzten dann zwei plötzlich aufgetauchte lebende Imperiale erklären?‹
»Abgesehen davon«, sagte Sten, der Chetwynds Gedanken leicht erraten konnte, »wären wir beide fürs Gehirnscanning fällig, und wir haben beide mindestens fünf Minuten täglich daran gedacht, wie sehr wir dich mögen.«
Das glaubte Chetwynd nun nicht gerade. Er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand – auch nicht diese offensichtlich hochtalentierten Imperialen Geheimdiensttypen – sich derartig konditionieren konnte, dass sie die Folterer der Tahn mit falschen Informationen versorgten. Das Problem dabei war, grummelte es in seinem Bauch, dass er sich nicht sicher war, ob die Tahn das auch glaubten.
»Sehr schön, Freunde. Dort hinten sind Räume, in denen man sich frisch machen kann. Ihr beiden stinkt nicht schlecht. Zuvor aber noch eins: was habt ihr eigentlich vor?«
Sten erklärte es ihm. Sie hatten das Gefängnis ohne besondere Fluchtpläne und nur mit den grundlegendsten Papieren versehen verlassen. Sie brauchten richtige, ungefälschte Identitäten. Sie wollten echte Bürger von Heath werden. Sten nahm ganz richtig an, dass die Tahn, da ihre Soldatenreserven zur Neige gingen, dazu übergingen, die Jungen, die Arbeitslosen, die Kriminellen und die Dissidenten einzuziehen und die wiederum waren alle potentielle Freunde von Chetwynd.
Sten und Alex hatten vor, zwei von Chetwynds Spießgesellen zu ersetzen, die bereits hochgenommen worden waren. Sie wollten sich freiwillig zu den Tahn-Streitkräften melden. Beim Militär würde bestimmt niemand nach zwei entflohenen Imperialen suchen, und Chetwynds Kameraden konnten in aller Seelenruhe ihren eigenen Geschäften nachgehen. »Ich nehme mal an«, fügte Alex hinzu, »dass du keine Probleme damit hast, jemandem einen anderen Namen zu besorgen.«
Sten und Alex gingen
Weitere Kostenlose Bücher