Feindgebiet
Gurkha, ein Mitglied der persönlichen Leibgarde des Imperators. Der Gurkha verneigte sich knapp und höflich vor Sullamora und übergab ihm eine Nachricht. Es war eine Vorladung. Der Ewige Imperator hatte den Alligator entdeckt.
Der Imperator bot ein Bild der Lässigkeit; seine Füße lagen auf dem Schreibtisch, vor ihm stand ein Drink, ein weiterer vor Tanz Sullamora, dazwischen die Flasche. Er nahm sein Glas sogar wiederholt in die Hand, während er sprach, schien daran nippen zu wollen, stellte es jedoch immer wieder auf den Schreibtisch zurück. Sullamora fiel auf, dass der Inhalt nicht weniger wurde.
»… ich freue mich über Ihre guten Absichten, Tanz«, sagte der Imperator. »Ich werde sogar jedem Mitglied meines Kabinetts persönlich für die Umsicht und die Mühe danken.
Aber …«
Er ließ das Wort in der Luft stehen, während er erneut an seinem Glas nippte. Von diesem Augenblick an wusste Sullamora, dass diese Unterhaltung zu denjenigen gehörte, die er mit ins Grab nehmen – oder zumindest niemals vergessen würde.
»Ich kaufe Ihnen dieses Konzept einer unabhängigen Agentur nicht ab«, sagte der Imperator schließlich. Er ‚hob höflich die Hand, als wollte Sullamora protestieren - was er selbstverständlich nie wagen würde. »Ich weiß, dass Sie mich für etwas kurzsichtig halten, doch diese Dinge nehmen nur allzu schnell ein Eigenleben an. Um es auf den Punkt zu bringen: ich bin ein Einzelkämpfer. Schon immer gewesen. Hoffentlich bleibt’s auch so. Sie und Ihre Kollegen reden davon, weitsichtig zu planen. Ich darf Ihnen von diesem Sessel aus, auf dem ich sitze, verraten, dass Sie niemals weitsichtig genug planen können.«
Er wartete, ob Sullamora sich dazu äußern wollte.
»Wir beabsichtigten keineswegs, Ihren Anspruch anzuzweifeln«, sagte Sullamora. »Wir können nur nicht einsehen, wie eine Person, und sei sie noch so gut, alles im Alleingang planen und entscheiden kann. Was wir hier anbieten, Sir, ist die Möglichkeit, sich der Erfahrung einiger der besten Köpfe unter Ihren Untertanen zu bedienen.«
Der Imperator tat einen Moment so, als dachte er ernsthaft darüber nach. Dann nickte er Sullamora zu.
»Na schön. Lassen Sie uns die Sache gemeinsam durchgehen. Vielleicht habe ich mich ja getäuscht. Ich gehe davon aus, dass wir hinsichtlich dessen, was wir zu erwarten haben, wenn das alles hier vorbei ist, übereinstimmen. Sobald die Tahn meine Bedingungen akzeptieren, stellen wir die Kriegsmaschinerie ab. Und dann haben wir es sofort mit einer ausgewachsenen Depression zu tun. Ich bezweifle sehr, dass es überhaupt schon einmal eine Depression vergleichbaren Ausmaßes gegeben hat.
Alle Ihre Schiffswerften beispielsweise. Sie stehen plötzlich still. Wir haben inzwischen mehr einsatzbereite Schiffe, als wir in zehn langen Leben verbrauchen können. Das gleiche gilt für jede andere Wirtschaftsbranche. Wir müssen uns auf einen enormen Drall einstellen, wenn all diese gigantischen Achsen, die bislang auf Hochtouren liefen, mit einemmal ins Leere rotieren.«
»Wir haben Ideen entwickelt, die besonders –«
»Ich habe davon gehört«, unterbrach ihn der Imperator. »Sie taugen nichts. Sie verlangen, dass ich die AM 2 -Steuer von zwei Tausendstel auf drei oder sogar vier erhöhe. Was jedoch nicht in Ihre Köpfe zu kriegen ist, ist die Tatsache, dass man den Leuten nicht das Geld aus der Tasche ziehen darf, mit dem sie die wenigen Dinge kaufen sollen, die wir dann noch produzieren.
Die großen Imperien der Geschichte wurden nicht durch Kriege zerstört. Immer nur durch Geld, besser gesagt durch den schlechten Umgang mit Geld. Sobald die Soldaten ihre Pflicht getan haben, hat man diese mordsmäßige Rechnung am Hals. Und diese Rechnung fängt sofort und unablässig an, Zinsen zu fressen. Dann begeht man besser nicht den Fehler, diese Rechnung mitsamt der Zinsen nicht zahlen zu wollen. Sonst drehen einem die Leute beim nächsten Mal, wenn man wieder kämpfen muss, einfach den Rücken zu und verjubeln das bisschen Geld, das sie besitzen, lieber selbst, statt dass sie es einem noch einmal leihen. Das gleiche gilt für den Burschen, dessen Leben wir aufs Spiel setzen. Wenn er zu Hause nur Elend vorfindet, dürfte er das nächste Mal nicht sehr begeistert sein, wenn er wieder für einen in den Krieg ziehen soll, ganz egal, wie edel und gerechtfertigt der Grund dafür auch sein mag.
Ich persönlich denke daran, meine Hörner wieder einzuziehen; die Steuern auf die Margen der
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