Feine Familie
wenn auch nur ein Polyp seine Nase zu dieser Tür hereinsteckt, dann werden Sie Ihren Kopf dafür hinhalten.« Nachdem Croxley verschwunden war, richtete Lord Petrefact seinen schrecklichen Charme auf Yapp. »Ein recht bedauerliches Vorkommnis, aber ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um Ihnen zu ersparen, daß Sie da hineingezogen werden«, murmelte er. Yapp blickte ihn mißtrauisch an.
»Ich muß schon sagen, daß ich entschieden Anstoß ...«, begann er, aber schon hob Lord Petrefact seine welke Hand. »Natürlich tun Sie das, natürlich, mein Lieber. Mir an Ihrer Stelle erginge es ebenso. Das letzte, was man will, ist doch, daß einen die Medien durch den Dreck ziehen. Gerichtsverhandlung, Nachforschungen seitens der Versicherung und was weiß ich ... Nein, nein, wir können unmöglich zulassen, daß es so weit kommt.«
Yapp meinte, es freue ihn, das zu hören. Dabei war er nicht ganz sicher, was er eigentlich hörte; aber zumindest schien Lord Petrefact ihm weitaus weniger zu grollen als diesem Croxley. »Immerhin hat man mich eingesperrt«, setzte er wieder an, doch der alte Mann gebot ihm Einhalt.
»Dieser Idiot Croxley. Alles seine Schuld. Ich habe ihn sehr ernsthaft zurechtgewiesen, aber ein Wort von Ihnen genügt, und ich werde ihn feuern.«
Amüsiert beobachtete er, wie Yapp den Köder schluckte. »Bloß nicht«, sagte er. »Ich will auf keinen Fall, daß ein Mann meinetwegen seine Anstellung verliert.«
»Und wie wär’s mit einer mehrmonatigen Lohnkürzung?« Yapp war entrüstet und suchte noch nach soziologisch signifikanten Worten, um seiner Empörung über diesen Akt kapitalistischer Ausbeutung Ausdruck zu verleihen, als der alte Mann fortfuhr:
»Jetzt aber zur Familiengeschichte. Sie haben den Vertrag gelesen und sind, wie ich hoffe, mit den Konditionen einverstanden.«
»Einverstanden?« wiederholte Yapp, der über den außergewöhnlichen Ereignissen des Morgens den Zweck seines Besuchs weitgehend vergessen hatte.
»Das Honorar erscheint Ihnen doch nicht zu gering? Natürlich bin ich bereit, zusätzlich für alle Spesen aufzukommen.«
»Ich weiß wirklich nicht«, sagte Yapp. »Wollen Sie im Ernst, daß ich den gesamten sozio-ökonomischen Background Ihrer Familie unter die Lupe nehme?« Lord Petrefact nickte. Er wollte nichts lieber, als diesen destruktiven Irren auf seine Sippe hetzen. Bis dieses Schwein mit allen fertig war, würde die halbe Verwandtschaft einem Herzschlag erlegen sein. »Keinerlei Auflagen?«
»Absolut keine.«
»Und Sie garantieren mir die Veröffentlichung?«
»Aber sicher.«
»Also, wenn das so ist ...«
»Abgemacht«, sagte Lord Petrefact. »Ich werde den Vertrag auf der Stelle unterschreiben. Es gibt keinen Grund, warum wir Wurzeln schlagen sollten.«
»Wohl kaum«, meinte Yapp, der die Metapher nicht sonderlich gelungen fand.
Wenig später wurden im Beisein Croxleys die Verträge unterzeichnet.
»Nun, Sie wollen sich sicher an die Arbeit machen«, sagte Lord Petrefact und ließ sich in die Kissen zurücksinken, »aber bevor Sie gehen ... Es gibt keinen Grund, Croxley, warum Sie noch länger hier herumhängen müßten.«
»Doch«, widersprach Croxley. »Soeben ist die Kriminalpolizei eingetroffen.«
»Sagen Sie den Schweinen, sie sollen verschwinden. Es hat kein Verbrechen gegeben, und ich dulde keine Polizisten ...«
»Mrs. Billington-Wall hat den Kerlen etwas ganz anderes erzählt. Sie hat behauptet, Sie hätten es mit Schweinen, und der Küchenchef hat dem Sergeant den Eindruck vermittelt, als hätte der Schildkrötenpanzer als Behälter für anderes als Fortnum & Masons beste ...«
»Lieber Himmel«, schrie Lord Petrefact. »Was meinen Sie mit ›ich hätte es mit Schweinen‹?«
»Das ist erst der Anfang«, sagte Croxley, der es vorzog, das Thema zu wechseln. »Sie hat ihnen auch gesagt, daß Professor Yapp versucht hat, Sie umzubringen. Und die Aussage der Ärzte, daß es mehrere Detonationen gegeben habe, trug auch nicht gerade zu ihrer Beruhigung bei.«
Lord Petrefact richtete sich auf. »Croxley«, sagte er mit derart drohendem Unterton, daß es Yapp kalt über den Rücken lief, »entweder gehen Sie jetzt nach unten und erklären diesen geisteskranken Schnüfflern von der Kripo, daß sie sich hier auf meinem Grund und Boden befinden, auf dem, was mich betrifft, kein Verbrechen begangen wurde, und daß Professor Yapp lediglich ein Bad genommen hat, oder ...« Weitere Einzelheiten konnte er sich sparen. Croxley war bereits gegangen.
Weitere Kostenlose Bücher