Feine Familie
Ganze ist äußerst einfach.«
»So, ist es das?« sagte Emmelia und öffnete die Augen. »Für mich hört es sich äußerst kompliziert an, aber davon verstehe ich wohl wirklich nichts. Wenn dir der Klient, wie du ihn nennst, und seine Adresse bekannt sind ...«
»Aber das habe ich dir doch gerade erklärt. Wir kennen den Namen des Klienten nicht. Er ruft das Büro in London an, gibt seine Bestellung auf und erhält eine Kodenummer. Dann gibt er einen falschen Namen an und erhält von uns eine Postfachnummer, wo er die Sachen abholen kann. Natürlich nehmen nicht alle diesen sehr persönlichen Service in Anspruch. Er kostet natürlich ungleich mehr als der normale Versand, aber ob so oder so, Bestellungen werden grundsätzlich nie von Buscott aus abgeschickt. Das passiert alles in London.«
»Der Auslandsversand auch?« fragte Ammelia. »Der wird über Nebenfirmen abgewickelt«, sagte Frederick selbstzufrieden, »und auch diese Verbindungen sind samt und sonders computerkodiert. «
»Vielleicht hat jemand aus der Fabrik den Mund aufgemacht.«
Frederick schüttelte den Kopf. »Sämtliche Angestellten wurden auf Herz und Nieren überprüft und haben sich schriftlich zu absolutem Stillschweigen verpflichtet.«
»Aber das kannst du doch nicht machen. Das verstößt gegen das Gesetz.«
»Durchaus nicht«, sagte Frederick grinsend. »In der Abteilung für aktive Verräteranwerbung beim MI 9 gibt es eine dauernde Dienstanweisung für Dildos und was weiß ich noch.« Er schwieg eine Weile und starrte Löcher in die Luft. »Vielleicht ist das die Erklärung.«
»Für meine Begriffe erklärt das gar nichts«, sagte Emmelia. »Ich kann mir nichts vorstellen, was mich weniger dazu ermutigen könnte, zum Verräter zu werden, als so ein monströses Ding. Da würde ich den Rest meines Lebens noch lieber in einem Salzbergwerk zubringen, als ...«
»Das meine ich nicht. Ich meine Yapp. Der Mann ist ein selbstgestrickter Bolschewik und total verbogen. Die ganze Angelegenheit könnte KGB-gelenkt sein. Wie man weiß, scheuen die Russen ja keine Mühe, wenn es darum geht, Ärger zu machen.«
»Dann müssen sie anatomisch aber recht neugierig sein«, meinte Emmelia. »Wie dem auch sei, ich habe diesen gräßlichen Kerl zum Tee eingeladen, und zum Tee wird er kommen. Und wenn dein Vater ihn auf diese Fährte gehetzt hat, dann werde ich dafür sorgen, daß er es bis an sein Lebensende bereut.«
Kapitel 16
Lord Petrefact bereute es bereits. Was mit jener fatalen Auster begonnen hatte, die ihn reizbar gemacht und weitgehend außer Gefecht gesetzt hatte, wurde von Yapps katastrophalem Versuch, das synchronisierte Wellenbad in Betrieb zu nehmen, und dem darauffolgenden Amoklauf des Rollstuhls konsequent zu Ende geführt. Jetzt war er in doppelter Hinsicht von Croxley abhängig, nicht nur, weil dieser unfehlbar die den Petrefact- Konzern betreffenden Myriaden von Einzelheiten im Kopf hatte, sondern auch, weil er seinen Rollstuhl schieben mußte. Nachdem Lord Petrefact erlebt hatte, was so ein vollautomatisiertes Gefährt anstellen konnte, hatte er nicht die Absicht, seinen kostbaren Körper noch mal so einem Ding anzuvertrauen.
All das wäre schon schlimm genug gewesen. Aber dazu kam noch der Ingrimm darüber, daß er Yapp nicht annähernd so viel hätte bezahlen müssen. Anfangs war ihm dies als eine notwendige Vorsichtsmaßnahme erschienen. Es bestand nämlich die akute Gefahr, daß die Gewerkschaften Yapp wegen einer Lappalie – der Entlassung von achttausend Arbeitern in der Fabrik in Hull ohne Abfindungsgelder – als Schlichter anrufen würden, doch dieses Risiko wurde durch ein Feuer ausgeschaltet, das die Fabrik bis auf die Grundmauern niederbrannte. Jeder andere wäre dem verkohlten Witzbold, der sich im Brennstofflager eine Zigarette angezündet hatte, dankbar gewesen. Nicht so Lord Petrefact. Er fühlte sich betrogen. In seinem Alter konnte er es sich leisten, ein perverses Vergnügen an Streiks, Aussperrungen, der Ausbeutung streikbrechender Arbeiter, dem Mißbrauch von Angestellten und Gewerkschaftsbossen und der Bestürzung zu empfinden, die angesichts seiner Verstocktheit sogar in den Leitartikeln eindeutig rechter Zeitungen zum Ausdruck kam. Sie alle trugen dazu bei, seine Machtgier aufs neue anzustacheln, und da die Gewinne des Petrefact-Konzerns in erster Linie durch die Ausnutzung extrem billiger Arbeitskräfte in Afrika und Asien erzielt wurden, betrachtete er die Einbuße mehrerer Millionen Pfund aufgrund von
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