Feine Familie
Streiks, die er selbst geschürt hatte, als sinnvolle Ausgabe. Sie brachten seine Verwandten zur Weißglut und dienten seiner Ansicht nach dazu, die Moral anderer Industrieller wiederherzustellen.
Doch trotz seiner Bereitschaft, verschwenderisch zu sein, solange es um Streiks ging, ärgerte er sich maßlos, daß Yapp sich als Fehlinvestition erwies. Nachdem er miterlebt hatte, was dieser Irre an einem kurzen Wochenende in Fawcett angerichtet hatte, hätte er erwartet, daß Buscott Überschwemmungen und Verwüstungen erleben und alles in allem ein zweites Troja werden würde, wobei die Nachricht, daß Teile von Nordengland von einem leichten Erdbeben heimgesucht worden waren, kurzfristig zu Hoffnungen Anlaß gab. Doch nachdem mehrere Tage vergangen waren und keine heftigen Proteste von Seiten Emmelias eintrafen, mußte er allmählich befürchten, daß Yapp seinen Verpflichtungen als wandelndes Katastrophengebiet nicht nachkam. Das beunruhigte ihn um so mehr, als er Croxley nicht ins Vertrauen ziehen konnte. Die verdammte Ergebenheit dieses Mannes gegenüber der Familie machte ihn in diesem Fall vertrauensunwürdig. Es gab sogar Augenblicke, in denen nur die aus Selbsterkenntnis gewonnene Gewißheit, daß alle echten Petrefacts auf dem Grund ihrer Seele Betrüger waren und ihre Sippe haßten, ihn davon überzeugte, daß Croxley nicht selbst ein Mitglied dieser verfluchten Familie war. Aber wie dem auch war, er hatte nicht die Absicht, ihn in dieser Angelegenheit um Rat zu fragen. Während Lord Petrefact sich das Gehirn zermarterte, wie er Yapp zum Handeln antreiben könnte, wurde sein Lächeln von Tag zu Tag schiefer. Er hatte Yapp die familieninterne Korrespondenz über Großonkel Ruskin zugesandt, der zu einer Zeit, als er bereits mit Maude verheiratet und Sodomie durchaus nicht in Mode war, bigamistische Beziehungen zu mehreren Ziegen pflegte. Und für den Fall, daß das nicht ausreichen sollte, um bei Emmelia hysterische Ausbrüche hervorzurufen, hatte er noch Unterlagen über Percival Petrefacts unparteiische Waffen- und Munitionslieferungen sowohl an das deutsche Heer wie auch an die Alliierten im Ersten Weltkrieg beigelegt. Alles in allem verfügte Yapp über ausreichend Material, um die Petrefacts zehnmal aus ihrer diskreten Zurückgezogenheit ins Rampenlicht der Öffentlichkeit zu zerren. Und wenn das Schwein sich nicht bald daran machte, Reaktionen seitens der Verwandtschaft zu provozieren, dann würde er seine Anwälte bemühen müssen, um die zwanzigtausend Pfund, die Yapp bereits bekommen hatte, zu retten, von dem Rest ganz zu schweigen. Schließlich mußte Lord Petrefact an seinen Ruf als eiskalter und knallharter Finanzier denken. Um sich die Zeit zu vertreiben, knurrte er Croxley häufiger als sonst an, führte ohne ersichtlichen Grund mehrere Säuberungsaktionen in seinen Manageretagen durch und machte jedem, der ihm über den Weg lief, das Leben zur Hölle. Nachdem Yapp nichts dergleichen unternahm, rief er, nachdem er Croxley auf eine ergebnislose Irrfahrt geschickt hatte, in der Historischen Fakultät in Kloone an, wo er jedoch lediglich erfuhr, daß der Professor verreist sei und keine Adresse hinterlassen habe.
»Und wann erwarten Sie ihn zurück?« wollte er wissen. Die Sekretärin konnte es ihm auch nicht sagen. Professor Yapps Wege seien immer etwas unberechenbar, meinte sie. »Und sie werden noch verdammt unberechenbarer sein, wenn er sich nicht innerhalb der nächsten zwei Tage bei mir meldet«, brüllte Lord Petrefact, knallte den Hörer auf die Gabel und hinterließ bei der Sekretärin einige Zweifel hinsichtlich seiner Identität. Da sie ein wohlerzogenes Mädchen aus einer Arbeiterfamilie war, konnte sie sich nur schwer zu der Vorstellung durchringen, daß ein Peer fluchte.
Croxley hatte den Anruf in seinem Arbeitszimmer mitgehört.
Einer der wenigen Vorteile von Lord Petrefacts derzeitiger Ablehnung motorisierter Rollstühle bestand darin, daß der alte Satan, auch wenn er schlimmer denn je mit Verbalinjurien um sich warf, nicht mehr ohne Hilfe von Zimmer zu Zimmer flitzen konnte, was Croxley die Möglichkeit verschaffte, in Ruhe seiner Arbeit nachzugehen, ohne durch etwas anderes als den Summer an der Wechselsprechanlage gestört zu werden. Und den konnte er ignorieren. Im Lauf der Zeit hatten sich so die Schwerpunkte von Croxleys Arbeit verlagert. Lord Petrefacts Ärger über die Ergebenheit seines Sekretärs gegenüber der Familie war nur teilweise gerechtfertigt.
Die unflätigen
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