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Feine Familie

Feine Familie

Titel: Feine Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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verdiente sich einen anständigen Lebensunterhalt, und er war nicht gewillt, das alles aufzugeben, indem er die Angelegenheit hinausposaunte. Es war eben ... passiert. Und außerdem mußten die Leute in dem alten Vauxhall etwas zu verbergen gehabt haben, sonst hätten sie Willy nicht so gründlich versteckt. Was Mr. Jipsons schwach entwickeltes Gewissen betraf, so war letzteres das ausschlaggebende Argument. Niemand, der nicht Dreck am Stecken hatte, wäre in dieser Hitze mit einem toten Zwerg im Kofferraum durch die Gegend gefahren, ohne die Sache zu melden. Und was hatten die Leute am Abend des Unfalls überhaupt hier gemacht? Sie waren nicht im Wagen, und in der Nähe konnten sie auch nicht gewesen sein, sonst hätten sie ihn mit der Leiche gesehen und Alarm geschlagen. Als Mr. Jipson sich die genaue Stelle ins Gedächtnis rief, an der der Wagen gestanden hatte, fiel ihm das Gebüsch ein. Das gehörte bereits zu Mr. Osbert Petrefacts Grund und Boden, und der hatte doch immer Schwierigkeiten mit Wilderern. Und Wildern war ein Verbrechen, was man von Verkehrsunfällen nicht unbedingt behaupten konnte, und deshalb verdienten die Wilderer das, was sie bekommen hatten, sehr viel eher als er. Mr. Jipson schlief den Schlaf des Gerechten.

Kapitel 19
    Trotz der gestrigen Zerreißprobe und seiner aufwühlenden Sitzung mit Doris wachte Yapp früh am Morgen auf und konnte aus eben diesen Gründen auch nicht mehr einschlafen. Im hellen Morgenlicht seines Gelehrtenstübchens wurde ihm klar, wie idiotisch es gewesen war, sich Willys Leiche auf diese Weise vom Hals zu schaffen. Er hätte auf dem schnellsten Weg zur Polizei gehen sollen. Jetzt, wo er wieder in der geistig gesunden Welt der Universität weilte und sich nicht mehr auf einer einsamen Straße, umgeben von den irrationalen und schädlichen Einflüssen der Natur, befand, war dies unmittelbar einsichtig. Aber nun war es zu spät, um vernünftig zu handeln. Soweit überhaupt von Vernunft die Rede sein konnte, blieb ihm jetzt nur noch die Möglichkeit, das, was er so überstürzt begonnen hatte, durchzustehen.
    Um acht Uhr verließ er mit dem Abfallsack, der seine Kleider enthielt, sein Apartment. Nachdem er ihn noch einmal geöffnet hatte und ihm der gräßliche Gestank in die Nase gestiegen war, hatte er beschlossen, Hose und Sakko gar nicht erst in die Reinigung zu bringen, da er beides mit Sicherheit nie wieder anziehen würde. Um halb neun war er zur städtischen Müllhalde gefahren, hatte abgewartet, bis keine Müllwagen mehr in der Nähe waren, und dann den Sack die Kaskade städtischen Abfalls hinunterrollen lassen, wo er mit etwas Glück bald zugeschüttet werden würde.
    Als nächstes mußte er den Kofferraum des alten Vauxhall säubern. Willy hatte ziemlich geleckt und überall deutliche Spuren hinterlassen. Außerdem stank der Wagen noch immer mörderisch. Yapp fuhr in die Stadt zurück, wobei er zum erstenmal bereute, daß er aufgrund seiner dezidierten Ansichten über Privateigentum kein eigenes Auto besaß. Er hatte auch keine Garage, in der er den Kofferraum in aller Ruhe hätte reinigen können. Also würde er wohl oder übel eine Selbstbedienungswaschanlage in Anspruch nehmen müssen. Er hielt bei einer Drogerie an, kaufte eine Flasche Haushaltsreiniger und, um ganz sicher zu gehen, eine kleine Flasche vom schärfsten Desinfektionsmittel. Dann fuhr er zu einer außerhalb gelegenen Tankstelle mit Waschanlage, machte den Kofferraum und die beiden Flaschen auf, kippte ihren Inhalt hinein und fuhr mit der Unerfahrenheit eines Menschen, der noch nie ein Auto durch eine automatische Waschanlage gesteuert hat, mit offenem Kofferraum hinein, auf daß dieser auch ganz gewiß gründlich ausgewaschen würde. Während der nächsten paar Minuten hielten zahlreiche Autofahrer auf dem Weg in die Stadt an und betrachteten voller Interesse, was eine hochmoderne, vollautomatisierte Waschanlage mit einem alten Vauxhall, dessen Kofferraumdeckel bewußt offengelassen worden war, anstellte. Yapp, der wegen der wirbelnden Bürsten und der herabstürzenden Wassermassen festsaß, konnte aufgrund des Lärms nur Vermutungen über das anstellen, was sich draußen abspielte. Die Bürsten hatten den Kofferraumdeckel zugeknallt, der jedoch gleich wieder aufsprang, sobald sie die hintere Stoßstange bearbeiteten, und als sie ihren Rückweg nach oben antraten, war ihnen das Ding im Weg. Eine weniger gewissenhafte Maschine wäre jetzt vielleicht stehengeblieben, nicht aber diese.

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