Feine Familie
Computerterminal und schaltete ein.
Auf dem Bildschirm erschienen beruhigende Zeichen in jener intimen Sprache, die Yapp so liebevoll für seine Unterhaltungen mit Doris entwickelt hatte. Jetzt war er wieder in seiner ureigenen, einzigartigen Welt und konnte sich einem Gehirn anvertrauen, dessen Denkweise seinem eigenen entsprach. Es gab Dinge, die er ihm mitteilen mußte. Und jetzt, wo er nicht mehr unter dem grausamen Druck stand, blitzschnell handeln zu müssen, kam ihm auch der Gedanke, daß Doris ihm vielleicht helfen konnte. Müslimampfend und den Blick andächtig auf den Bildschirm gerichtet, faßte er einen Entschluß. Ein umfassendes Geständnis seiner Aktivitäten in Buscott mit genauen Zeit- und Datumsangaben zu allem, was er getan hatte oder was ihm widerfahren war, würde ihm sicherlich eine gewisse Klarheit verschaffen und gleichzeitig Doris mit sämtlichen Fakten versorgen, die sie brauchte, um als völlig neutraler Beobachter ebenso vorurteilsfreie Schlüsse zu ziehen. Während es draußen Nacht wurde, vertraute Yapp in seinen vier weißgetünchten Wänden dem Computer seine intimsten Gedanken und Gefühle über den verblichenen Willy Coppett und Rosie und über ihre und seine Handlungen an. Mit den Einzelheiten nahm er es dabei so genau, daß weder das fehlte, was die Damen in der Teestube gesagt hatten, als er nach einer Unterkunft fragte, noch die Bemerkungen, die Mr. Parmiter über Steuerhinterziehung und den vorteilhaften Kauf des Bedford gemacht hatte. Die Stunden vergingen, Mitternacht kam und ging, und noch immer saß Yapp da, ins Gespräch mit seinem mikroprozessierten alter ego vertieft. Die Fingerspitzen auf der Tastatur sorgten für die sofortige Übermittlung all dessen, was er sich Punkt für Punkt in Erinnerung rief, an das elektronische Labyrinth. Damit rückte die gefährliche und chaotische Realität in weite Ferne, da sie in kleinste Einheiten positiver und negativer elektronischer Impulse zerlegt und dann wieder zu einer zahlenmäßigen Komplexität zusammengefügt wurde, die so wenig Erkenntnis über das wahre Wesen der Welt erforderte, wie Yapp hineinprogrammiert hatte. Nur bei einer Frage gab es Meinungsverschiedenheiten. Als ein ziemlich erschöpfter Yapp um fünf Uhr früh mit der Eingabe von Daten zu Interpretationszwecken aufhörte und einem matten Impuls nachgebend fragte: »Wer hat Willy ermordet?«, antwortete Doris, ohne zu zögern »Jemand.« Yapp starrte todmüde auf die Anzeige.
»Das weiß ich«, schrieb er, »aber wer hatte ein Motiv?«
»Rosie«, gab Doris zurück.
Yapp schüttelte den Kopf und tippte wütend: »Wer hatte die Möglichkeit?«
Wieder erschien der Name Rosie auf dem Bildschirm. Erbost flitzten Yapps Finger über die Tastatur. »Und warum hätte sie das tun sollen?« wollte er wissen. »Sie ist in dich verliebt.« Die Worte flimmerten vor seinen Augen.
»Du bist nur eifersüchtig«, entgegnete er. Diese Worte blieben unwidersprochen auf dem Bildschirm stehen. Yapp schaltete ihn ab, stand auf, wankte zum Bett hinüber und ließ sich in voller Montur hineinfallen.
Auf der Polizeiwache von Buscott saß Rosie Coppett auf einem Stuhl und weinte. Sie hatte getan, was Miss Petrefact ihr geraten hatte. Doch sobald sie dem diensthabenden Polizisten von Willys Verschwinden berichtet hatte, mußte sie erfahren, daß man ihn gefunden hatte. Einen kurzen Augenblick lang war sie glücklich gewesen. Aber dieses Glück war nicht von Dauer.
»Tot«, sagte der Polizist mit der brutalen Dummheit eines jungen Mannes, der glaubte, daß Rosie Coppett, nur weil sie einfältig war, auch keine Gefühle habe. Doch genau das Gegenteil traf zu. Rosies Gefühle waren so übermächtig, daß sie sie nicht anders ausdrücken konnte als durch Weinen. Es hatte ein paar Sekunden gedauert, bis das Lächeln über die scheinbar gute Nachricht von ihrem Gesicht verschwand, und in dieser Zeit hatte der Polizist den Sergeant geholt. »Na, na«, sagte der Sergeant und legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. »Es tut mir wirklich leid.« Das war das letzte freundliche Wort, das am heutigen Tag jemand für Rosie übrig hatte, aber sie hörte es gar nicht. Von da an verlangte man von ihr nachzudenken. Inzwischen war der Kriminalinspektor von Briskerton eingetroffen und hatte den Sergeant beiseite geschoben. Man hatte Rosie in einen Raum geführt, dessen Kahlheit ebenso ms Auge sprang wie der übermäßige Wandschmuck in ihren kleinen Zimmern in der Rabbitry Road, und hatte ihr
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