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Feine Familie

Feine Familie

Titel: Feine Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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und ihr Mann behaupten, die Coppetts hätten sich ständig gezankt. Einen besonders üblen Streit muß es letzte Woche unmittelbar nach der Ankunft des Professors gegeben haben.«
    »Soso. Und wo ist dieser Professor jetzt? Und wie heißt er?«
    »Ist heute morgen abgereist. Mrs. Mane, die alte Kuh aus dem Nebenhaus, behauptet gesehen zu haben, daß er das Haus verließ, kurz nachdem Mrs. Coppett zum Einkaufen gegangen war. Er fährt einen Vauxhall, amtliches Kennzeichen CFE 9306 D. Sein Name ist Yapp.«
    »Sehr gut«, sagte der Inspektor und kehrte zu Rosie zurück, während das Hemd mit dem Flecken ins gerichtsmedizinische Labor geschickt wurde.
    »Also, ich würde gern etwas über diesen Mann erfahren, der sich Professor Yapp nennt«, erklärte er Rosie. »Was für eine Art von Beziehung hatten Sie zu ihm?«
    Aber Rosies Gedanken richteten sich ausschließlich auf die trostlose Leere, die ihr Leben jetzt, da Willy daraus verschwunden war, bestimmen würde; außerdem wußte sie nicht, was eine Beziehung war. Der Inspektor erklärte es ihr mit einfachsten Worten. Rosie sagte, er sei nett zu ihr gewesen, wirklich sehr nett. Das glaubte der Inspektor sofort, doch war sein Sarkasmus an sie verschwendet. Durch das Gefühl des Verlustes völlig betäubt, verfiel sie wieder in dumpfes Schweigen. Selbst als der Inspektor einen letzten Versuch unternahm, sie, wie bei solchen Verhören durchaus üblich, mit Hilfe eines Schocks aus ihrer Unfähigkeit, seine Fragen zu beantworten, zu reißen, und sie mitnahm, um Willys Leiche zu identifizieren, verharrte sie in ihrem Schmerz. »Das ist nicht mein Willy«, sagte sie durch einen Tränenschleier. »Das ist überhaupt niemand.«
    »Sie steht unter Schock, das arme Ding«, meinte der Sergeant. »Sie ist zwar dumm wie Bohnenstroh, aber sie hat genauso Gefühle wie wir alle.«
    »Sie wird noch ein viel ärmeres Ding sein, wenn ich erst mit ihr fertig bin«, entgegnete der Inspektor. Aber auch er wollte allmählich ins Bett, und so bekam Rosie ein paar Decken und wurde mit einem Becher Kakao in eine Zelle gesteckt. In dem Zimmer, in dem das Verhör stattgefunden hatte, durchsuchte ein Kriminalbeamter den Inhalt ihrer Tasche und stieß auf den Scheck und Yapps Brief.
    »Damit ist die Sache so gut wie erledigt«, sagte Inspektor Garnet zum Sergeant. »Morgen früh werden wir uns von der Bank seine Adresse geben lassen und ihn in Untersuchungshaft nehmen. Oder spricht was dagegen, ihn auch unter Druck zu setzen?«
    »Sie können mit dem Saukerl machen, was Sie wollen. Aber ich garantiere Ihnen, daß Rosie Coppett niemanden umbringen könnte, schon gar nicht Willy. Sie ist zu weichherzig und zu dumm. Und außerdem waren sie einander sehr zugetan. Das ist allgemein bekannt.«
    »Den Nachbarn anscheinend nicht. Die wissen ganz andere Dinge zu berichten.«
    »Als wüßten das nicht alle Nachbarn«, entgegnete der Sergeant und kehrte an seinen Schreibtisch zurück. Wenn man doch bloß nicht diese Typen von der Kriminalpolizei aus Briskerton gerufen hätte! Es gab andere Dinge in Buscott, in die sie getrost ihre Nase hätten stecken können, aber Rosie Coppett als Mörderin zu verdächtigen ging einfach zu weit. Auf seinem Hof am Ende einer Schotterstraße, etwa eine Meile von der Rabbitry Road entfernt, schlief Mr. Jipson fast so friedlich wie Willy . Eine Woche war vergangen, seit er den leblosen Körper in den Kofferraum des alten Vauxhall gelegt hatte, und während dieser Woche hatte sich Mr. Jipson mit seinem Gewissen arrangiert. Er hatte die Vorderfront seines Traktors genauestens auf abgesplitterte Farbe untersucht, konnte aber nichts entdecken. Er hatte ihn mehrere Male mit dem Schlauch abgespritzt, ihn dann in den Ententeich neben dem Wohnhaus gefahren und anschließend den Kuhstall damit ausgemistet, so daß er über und über mit Dreck bespritzt war. Zum Glück war seine Frau im Krankenhaus und ließ sich ihre Innereien herausnehmen (wie er das beschrieb, was man üblicherweise Hysterektomie nennt), so daß sie nicht auf die Idee kommen konnte, ihm lästige Fragen zu stellen. Ansonsten hätte sie vielleicht eine Veränderung an ihm bemerkt. Aber jetzt war Mr. Jipson wieder der alte. Daß er Willy getötet hatte, war ein Unfall, der jedem hätte passieren können. Schließlich war es nicht seine Schuld, daß der verdammte Zwerg ausgerechnet in seinen Traktor gerannt war, und so sah Mr. Jipson auch nicht ein, warum er für diesen Unfall den Kopf hinhalten sollte. Er arbeitete hart und

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