Feine Milde
dem Weg. »Und die Fietsen moßten toch durch die Zoll gehen.«
Van Appeldorn wollte mehr über die beiden Fahrer wissen.
»Nouw, die Papieren habe ich in die Firma, maar.«
Rob de Boer war schon fast zwei Jahre bei ihm und sein zuverlässigster Mann. Er mußte vierundzwanzig oder fünfundzwanzig sein, und Frau Tenbuckelt hatte ihn offenbar ganz richtig beschrieben. Soweit de Witt sich erinnern konnte, wohnte de Boer bei seiner Schwester in Beek. Martijn Smit war jünger, siebzehn oder achtzehn, und erst seit vier Monaten bei der Firma beschäftigt. Das war auch schon alles, was de Witt über ihn sagen konnte.
Van Appeldorn bohrte weiter.
»Was ist eine Handy?« wollte de Witt wissen. Als van Appeldorn es ihm erklärte, schüttelte er langsam den Kopf, die Lippen halb geöffnet. Wozu brauchte ein Fahrradhändler Funktelefone? Es ging doch nicht um Leben und Tod! Die beiden Fahrer hatte er seit Freitag morgen nicht mehr gesehen. Wie auch? Die Polizei hatte schon vor seinem Haus gewartet, als er aus Utrecht gekommen war, ein paar seltsame Fragen gestellt und ihn dann hierher gebracht.
»Kann ich eine Abschleppauto bekommen?«
Van Appeldorn erklärte ihm, daß er sich noch gedulden müsse, bis die Polizei sein Alibi überprüft habe.
»Alibi? Was muß das nun wieder?«
Jetzt schaltete Lowenstijn sich in das Gespräch ein. Die Kollegen in Utrecht kümmerten sich bereits darum und würden sich melden. »Das dauert sicher nicht mehr lange«, meinte er aufmunternd.
Aber de Witt hatte beschlossen, daß er mit diesen Leuten nichts mehr zu tun haben wollte. Er zog die Fernbedienung aus der Tasche und schaltete mit entschiedenem Fingerdruck die Hörhilfen ab.
Lowenstijn und van Appeldorn grinsten sich an.
»Das war’s dann wohl«, reckte sich Heinrichs und stoppte das Bandgerät. »Was ist mit diesem Rob de Boer?« fragte er den Holländer. »Sie haben da eben so gestutzt.«
»Wir hatten vor gut zwei Jahren einen ähnlichen Fall in Doetinchem. In einer Gärtnerei wurde ein totes Kind gefunden, offensichtlich aus dem Balkan, ein knappes Jahr alt, gestorben an Lungenentzündung. Ein Herr de Boer arbeitete damals in diesem Betrieb, aber er schien uns sauber zu sein. Der Mann hatte übrigens rotes Haar. Sagen Sie, gibt es hier irgendwo was zu trinken?«
Van Appeldorn und Heinrichs sahen sich betreten an – schlechte Gastgeber.
»Ich spring sofort runter in die Kantine und hole was.«
Van Appeldorn war schon unterwegs.
»Du kannst ja schon mal die Fahndung nach Smit und de Boer rausgeben«, drehte er sich noch mal um. »International!«
»Meinst du, ich bin blöd, oder was?« schnappte Heinrichs gekränkt, hatte aber den Telefonhörer schon in der Hand.
9
Im klimatisierten Konferenzraum des Hotel Cleve ließ es sich gut aushalten.
Heino Müller eröffnete, in seiner Funktion als zweiter Vorsitzender von MEILE e. V. die Pressekonferenz und stellte den anwesenden Journalisten die beiden anderen Vereinsmitglieder vor, Herrn Sato und Frau Salzmann-Unkrig.
»Nun, es gibt zwei Gründe, warum wir Sie heute eingeladen haben. Der erste ist dieser Artikel hier.« Er legte dem Reporter zu seiner Rechten einen Stapel Fotokopien hin.
»Wenn Sie das bitte durchreichen würden.«
Es war ein Artikel, der in der letzten Woche in der Londoner Times erschienen war. Ein Foto zeigte eine strahlende Frau, die ein dünnes Baby auf dem Arm hielt und von einer Schar Schokoladenkinder umringt war. Der Bildunterschrift konnte man entnehmen, daß »Mrs. Saltman-Unkig« sich vor dem Mutter Theresa-Waisenhaus in Bombay befand.
»Ich denke, es dürfte für die Klever Bürger interessant sein, daß unsere Organisation in einem solchen Maß internationale Anerkennung findet«, erläuterte Müller. »Wie Sie wissen, hat unser Verein vor vier Jahren eine Adoptionsvermittlung ins Leben gerufen, unser INTERKIDS Büro. Es gibt in unserem Land viele Menschen, die sich ein Kind wünschen, aber keins bekommen können, und es gibt in der Dritten Welt viele bedürftige Kinder, die dringend den Schutz einer intakten Familie brauchen. Diese beiden Bedürfnisse bringen wir zusammen. Die Times stellt, wie Sie sehen können, INTERKIDS als vorbildlich heraus. Wir arbeiten ausschließlich mit seriösen Waisenhäusern zusammen, und Sie sehen, daß unsere Vereinsmitglieder sich persönlich um enge freundschaftliche Kontakte bemühen – auf eigene Kosten, wenn ich das am Rande bemerken darf.«
Christa Salzmann-Unkrig hielt den Kopf leicht geneigt und
Weitere Kostenlose Bücher