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Feine Milde

Feine Milde

Titel: Feine Milde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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trotz allem behaglich. Durch das große Fenster konnte man in den Garten sehen. Der Rasen war seit Wochen nicht gemäht worden.
    Hinter ihr klapperte es. Herr Schimmelpfennig trug ein Tablett mit zwei Bechern, einer Glaskanne und einem nachlässig aufgerissenen Paket Würfelzucker. Er war jetzt angezogen, Jeans und ein langes Hemd, das er nur vorn in die Hose gestopft hatte, aber seine Haare standen ihm immer noch ungekämmt vom Kopf.
    »Ich habe für Sie auch eine Tasse mitgebracht. Sie mögen doch bestimmt einen Kaffee.«
    Er stellte das Tablett auf den Tisch, rieb sich beide Schläfen und lachte. »Ich hab das Gefühl, ich ernähre mich im Moment hauptsächlich davon.« Er ließ sich auf das gegenüberliegende Sofa fallen und goß ein. »Hoffentlich mögen Sie’s schwarz. Uns ist nämlich die Milch ausgegangen.«
    Astrid bedankte sich und wollte ihre erste Frage stellen, aber der Mann erzählte ganz von allein. »Die Zwillinge kriegen gerade Zähne. Wir haben die ganze Nacht kein Auge zugemacht, meine Frau und ich. Meistens werden die beiden ja gleichzeitig wach, was schon schlimm genug ist, denn da kann man gar nicht genug Hände haben. Aber diese Nacht haben sie sich abgewechselt, von halb elf bis früh um acht. Ich kann Ihnen sagen! Meine Frau hat sich jetzt hingelegt. Ich würde sie gern ein bißchen schlafen lassen. Oder wollen Sie auch mit ihr sprechen?«
    »Nein«, lächelte Astrid, »das ist nicht nötig.«
    Jörg Schimmelpfennig war als Ingenieur bei der Stadt angestellt und hatte sich, als sie überraschend die beiden Kinder bekommen hatten, sofort unbezahlten Urlaub genommen. »Das geht aber höchstens noch eine Woche, sonst kann ich mir die Papiere abholen. Wir müssen eine andere Lösung finden. Allein schafft meine Frau das im Moment auf keinen Fall.«
    Er holte ein Foto. »Hier: Janina und Mirko. Eigentlich aus Bulgarien, aber in einem knappen Jahr werden sie hoffentlich Ur-Klever sein.« So lange dauerte es noch, bis das Adoptionsverfahren abgeschlossen war.
    »Eigentlich wollten wir ja nur ein Kind, aber als Herr Maywald anrief und sagte, wir könnten am nächsten Tag schon ein Pärchen haben, da war das gar keine Frage für uns.«
    »Sie haben also über INTERKIDS adoptiert?«
    »Aus gutem Grund«, meinte er.
    Schimmelpfennings hatten sich zunächst an eine katholische Organisation vor Ort gewandt, die hin und wieder auch Kinder vermittelte, kostenlos, und mit besonders kurzen Wartezeiten warb. Schon nach einer Woche hatte man ihnen einen Säugling gebracht, als Kind afghanischer Asylbewerber in Kleve geboren. Keine vierzehn Tage später hatten sie ihnen das Mädchen allerdings wieder weggenommen, denn die Eltern waren mit einer Adoption überhaupt nicht einverstanden. »Wir haben uns ganz schön gelinkt gefühlt«, meinte Schimmelpfennig, immer noch wütend. »Offensichtlich haben die nur einen vorübergehenden Pflegeplatz gesucht, der nichts kostet.«
    Danach hatte das Paar um kirchliche Träger einen Bogen gemacht und eine bekannte Organisation im Rheinland angesprochen. »Aber Sie glauben ja gar nicht, wo die Popen überall ihre Finger drin haben!«
    Nachdem sie alle Papiere beigebracht hatten, wollte man plötzlich eine Leumundsbescheinigung von ihrem zuständigen Pastor. »Und nicht nur das. Wir sollten auch nachweisen, daß wir aktiv am Gemeindeleben teilnehmen. Tja, damit konnten wir nicht dienen. Und selbst wenn, den Teufel hätt’ ich getan!«
    Bei INTERKIDS wurde so etwas nicht verlangt. »Dafür sind die eben ein bißchen teurer als die anderen, aber das hat uns nichts ausgemacht.«
    Und wie ging es in den nächsten Monaten weiter?
    »Theoretisch können wir jederzeit vom Jugendamt überprüft werden. Nach Ablauf des Jahres geht das Ganze zum Amtsgericht, und die Adoption wird rechtskräftig. Bis dahin sind wir nur die Pflegeeltern, und Herr Maywald ist der gesetzliche Vertreter.«
    Astrid ließ sich die Papiere zeigen. Es war ein beachtlicher Stapel, fein ordentlich nach Datum abgeheftet. Astrid staunte, was man schon so alles brauchte, bis man überhaupt eine vorläufige Pflegeerlaubnis erhielt.
    »Ja, es ist eine unheimliche Rennerei, und die wühlen ganz schön in deiner Intimsphäre herum. Aber was soll’s? Wir wollten eben gerne Kinder haben.«

20
    Bärbel Peters kam wie so oft auf den letzten Drücker. Sie warf den Beutel mit dem Brot und den Laugenbrezeln, die sie noch auf die Schnelle für das Abendbrot besorgt hatte, in den Kofferraum, schloß nicht einmal mehr ab,

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