Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1
Morgenmantel anzuziehen, dann eskortierte er ihn zum Tisch im
Hauptraum der Wohnung. Dort wartete Essen, und Tal machte sich sofort daran, es herunterzuschlingen. Langsam kehrte
seine Kraft zurück.
»Du wirst dich den Rest des Tages ausruhen müssen, Tal«,
sagte Robert, »aber dann musst du dich in der Öffentlichkeit
sehen lassen, um alle Gerüchte über deine Verwundung zu
entkräften.«
»Warum?«, fragte Tal. »Wieso die Eile?«
»Weil die Leute bereits angefangen haben zu spekulieren,
warum man dich angegriffen hat und wie schwer du verwundet bist«, antwortete Robert. »Das Warum überlassen wir den
Mutmaßungen, denn wie ich gehört habe, gibt es hier durchaus ein paar Leute, die nicht wollen, dass du im Turnier
kämpfst oder dich mit ihren Töchtern triffst.«
Tal nickte, ohne rot zu werden.
»Was die Wunden angeht, so müssen wir denen, die den
Attentäter geschickt haben, deutlich machen, dass sie versagt
haben. Dann werden sie es sicher bald wieder versuchen.«
»Ah, ich bin also ein Köder?«
Robert zuckte mit den Schultern. »Jemand versucht dich
umzubringen. Betrachte es einfach als eine Art Jagd. Wenn
du von einem Raubtier verfolgt wirst, was machst du
dann?«
Tal antwortete: »Ich laufe nicht davon. Ich stelle ihm eine
Falle.«
»Und genau das werden wir auch tun.«
Als Talon mit dem Essen fertig war, fragte er: »Wie spät
ist es?« Er warf einen Blick aus dem Fenster und sah, dass es
Nachmittag war.
»Es wäre wohl das Beste, wenn ich wieder zum Hof der
Meister ginge, dort ein paar Bemerkungen über das arme
Mädchen machte, das ermordet wurde -« Plötzlich musste er
an Salmina denken und begriff, dass er sie niemals wieder
sehen, niemals wieder Liebesspiele mit ihr erleben würde, und
einen Augenblick verspürte er schreckliches Bedauern. »Und
dann gehe ich wieder zu Remarga, zu einem weiteren Bad und
einer Massage.« Er warf Pasko einen Blick zu. »Einladungen?«
»Drei.«
»Lehne sie alle ab. Wenn ich mich in der Öffentlichkeit sehen lassen soll, dann werde ich bei Dawson zu Abend essen.«
Robert nickte. »Und dann?«
»Ein Spielchen im Glücksrad.«
»Gut. Das wird allen deutlich machen, dass es dir gut
geht.«
Tal stand auf und streckte sich. »Ich fühle mich erstaunlich
gesund für jemanden, der gestern beinahe wie ein Stück Wild
ausgeweidet worden wäre.«
Robert grinste schief. »Dieser Zauber war nicht billig.«
Tal lächelte. »Gut, dass ich einem wohlhabenden Herrn
diene.«
Roberts Miene verfinsterte sich. »Dieser Wohlstand wurde
schwer errungen, junger Tal. Du stellst es dir vielleicht einfach vor, Wohlstand heraufzubeschwören, weil du nichts über
Magie weißt, aber du weißt genug über unser Handwerk, um
vernünftiger zu sein. Du hast die Insel gesehen und wie viele
wir kleiden und ernähren, und du bekommst gerade eben eine
Vorstellung davon, wie viele Leute wir auch an anderen Orten
unterstützen.« Er machte eine Geste, die die Wohnung, Tals
Kleidung und andere Dinge einbezog. »Nichts davon war billig, und nichts wurde einfach ›hergezaubert‹.«
Tal war nicht sicher, was Robert damit sagen wollte, also
erwiderte er nur: »Ich will wirklich nicht undankbar sein.
Aber ich bin mir auch schmerzlich bewusst, wer hier das Ziel
von Attentätern ist, und es ist einfach angenehm zu wissen,
dass man im richtigen Augenblick Macht hinter sich hat.«
Seine Miene wurde todernst. »Und wenn Ihr Euch erinnert,
habe ich immer noch nicht den geringsten Hinweis darauf
erhalten, wieso ich ausgebildet wurde und worin genau meine
Aufgabe besteht, von einem Sieg in diesem elenden Turnier
einmal abgesehen.«
Robert schwieg einen Moment. Dann sagte er: »Das
stimmt. Wir haben dir nicht viel gesagt, und wir werden dich
auch weiterhin so lange im Dunkeln lassen, wie es sein muss.
Wenn du jetzt in die falschen Hände fallen würdest … ein
fähiger Magier könnte die Erinnerungen aus deinem Schädel
holen, wie du das Kerngehäuse aus einem Apfel schneidest,
Tal. Wenn sie keine Rücksicht auf deine Gesundheit nehmen,
könnten sie es in weniger als einem Tag tun und dich dann
vor einem Gasthaus sitzen lassen, und niemand würde dich
für etwas anderes halten als für einen sabbernden Idioten, der
sich um den Verstand gesoffen hat. Aber bevor sie mit dir
fertig wären, hätten sie dir jedes Geheimnis abgerungen.«
Pasko nickte. »Ich habe gehört, dass diese Prozeduren sehr
schmerzhaft sind.«
Robert stimmte zu. »Sie würden ihn an einen abgelegenen
Weitere Kostenlose Bücher