Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1
diesen
Teil des Gebäudes zu gelangen.«
»Ja, sehr seltsam, nicht wahr?«
»Habt Ihr eine Idee, wie er dort wie durch Zauberei auftauchen konnte?«
Tal lehnte sich mit einem bedauernden Lächeln zurück.
»Magie? Das würde alles noch viel … seltsamer machen,
oder?«
»Es würde bedeuten, dass die Person, die Euch umbringen
lassen wollte, bereit war, eine Menge dafür zu bezahlen. Nicht
nur für den Mann, der die Klinge schwang, sondern auch noch
für einen anderen mit den magischen Fähigkeiten, den Attentäter unsichtbar ins Gebäude zu schaffen.«
»Ein Unsichtbarkeitszauber?«
»So etwas Ähnliches. Mein Onkel hat einen Freund, der
einen Magier kennt. Ich habe diesem Mann ein paar Fragen
gestellt, und er sagt, ein Unsichtbarkeitszauber wäre die wahrscheinlichste Erklärung. Den Mann von einem anderen Ort
aus in den Raum zu schicken, wo er Euch angegriffen hat …
das ist sehr schwierig, und nur wenige Magier sind dazu im
Stande.«
Tal hielt es für das Beste, nicht zu erwähnen, dass er mindestens drei oder vier kannte, die so etwas bewirken konnten.
Das sollte der Hauptmann, wenn überhaupt, lieber selbst herausfinden.
»Also weiß niemand etwas über diesen Mann?«
»Leider nein.«
»Und Ihr seid nicht einmal vollkommen sicher, wer nun
wirklich das geplante Opfer war?«
»Nein. Es fällt mir nur schwer zu glauben, dass sich jemand solche Mühe wegen einer Frau geben sollte, die kaum
mehr als eine gewöhnliche Hure war.«
Tal entgegnete steif: »Salmina war nie gewöhnlich.«
»Das habe ich gehört«, erwiderte Dennis.
Tal stand auf. »Nun, ich will Euch nicht länger von Euren
Pflichten abhalten. Wenn Ihr etwas Neues erfahrt, lasst es
mich bitte wissen.«
»Das werde ich bestimmt tun.«
Sie verabschiedeten sich, und Tal verließ die Wache und
kehrte in sein Quartier zurück. Er war enttäuscht, keine weiteren Informationen über den Attentäter erhalten zu haben, obwohl er das im Grunde auch nicht erwartet hatte.
Dennoch, er durfte nicht noch länger über diese Dinge
nachdenken, sondern musste sich auf das Turnier konzentrieren. Es waren nur noch zwei Wochen, bis der Wettbewerb
beginnen würde, und wenn er siegen wollte, durfte er sich
nicht weiter ablenken lassen.
Der Tag des Turniers rückte näher, und Tal bemerkte, dass er
nervöser wurde. Ganz gleich, wie oft er sich der beruhigenden
Übungen bediente, die Magnus, Nakor und Robert ihm beigebracht hatten, ganz gleich, wie sehr er versuchte, sich mit
Würfelspielen, Karten oder liebenswerter Gesellschaft abzulenken, er wurde stets von den Gedanken an den bevorstehenden Wettbewerb verfolgt.
Nicht einmal eine Einladung in den Palast zwei Abende
vor dem Beginn des Turniers konnte das ändern, aber immerhin verbrachte er Stunden bei einem Schneider und ließ sich
die neueste höfische Mode anpassen. Es war bunte, geckenhafte Kleidung, beginnend mit der engen Hose, die in glänzende schwarze Stiefel gesteckt wurde, die für jeden praktischen Zweck absolut nutzlos waren, denn sie waren zum Reiten an der Wade zu niedrig – der Rand hätte nach einer Stunde Blasen verursacht – und zum Marschieren zu hoch. Aber
sie hatten hübsche Silberschnallen und einen roten Streifen
aus gefärbtem Leder an der Seite. Die Hose war so eng, dass
sie einen beinahe bei jeder Bewegung behinderte, aber der
Schneider versicherte Tal, dass dies die derzeitige Mode bei
Hofe sei. Mode oder nicht, auf ein Suspensorium, das derzeit
ebenso beliebt war, verzichtete Tal. Es gab Dinge, die ihm
einfach zu albern vorkamen, selbst für höfische Kleidung. Das
Hemd war ein Kunstwerk an modischem Firlefanz, mit einem
Spitzenkragen und noch mehr Spitze an den Manschetten, tief
ausgeschnitten und unterhalb des Brustbeins mit einer Reihe
von Perlenknöpfen geschlossen. Die Jacke diente ausschließlich dekorativen Zwecken – eine Ungeheuerlichkeit aus rotem
und goldenem Brokat mit Perlen am Kragen und an den Manschetten, dazu entworfen, nur über dem linken Arm getragen
zu werden, und mit einer goldenen Schnur über dem rechten
Arm befestigt. Die Krönung war ein breitkrempiger Hut aus
schneeweißem Pelz mit einem handgearbeiteten Band aus
Silberdraht, in dem eine gefärbte Feder steckte. Tals Feder
war schwarz, also war der Kontrast recht dramatisch. Der
Schneider versicherte Tal, dass sein Aufzug hervorragend für
den Hof geeignet sei, aber er fühlte sich dennoch, als hätte
jemand den Mann dafür bezahlt, sich einen Scherz mit ihm zu
machen, damit er
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