Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 2
Anwesenheit in ihren Gemächern.«
Tal blickte über die Schulter zu Amafi und murmelte: »Alles ist möglich.«
Er folgte der jungen Frau durch einen Flur und
dann vorbei an zwei Wachposten. Sie ging mit ihm
einen weiteren langen Flur entlang, der am Thronsaal
vorbeiführte, und dann in einen Seitenkorridor. An
einer großen, kunstvoll verzierten Tür blieb die Dienerin stehen und klopfte. »Herein«, erklang eine
Stimme von der anderen Seite.
Das Mädchen öffnete die Tür und ließ Tal als Ersten hineingehen. Er fand sich in einem geräumigen
Zimmer wieder, das nur von ein paar Kerzen beleuchtet wurde. Das Mädchen sagte: »Der Botschafter, Hoheit.«
Fürstin Svetlana saß auf einem langen Sofa, die
Beine lässig untergeschlagen. Sie sagte: »Lass uns
allein.«
Das Mädchen verbeugte sich und folgte der Anweisung. Tal sah sich rasch im Zimmer um und
musste sich ein Lächeln verkneifen. Er verbeugte
sich und sagte: »Mylady?«
Die Fürstin trug einen Morgenmantel aus beinahe
durchsichtiger Seide mit einer ärmellosen Überjacke
aus dem gleichen Material. Das helle Blau des Stoffes betonte ihre lebhaften Augen. Sie war immer
noch eine hinreißende Frau, dachte Tal, und dann
hörte er, wie sie forderte: »Kommt näher, Junker.«
Tal trat vor sie, und sie deutete aufs Sofa und sagte: »Setzt Euch.«
Er setzte sich. Die Fürstin war zwar schon über
vierzig, aber es gab nur eine geringe Spur von Grau
in ihrem ansonsten dunklen Haar. Sie hatte ein
schmales Gesicht, aber die Augen waren groß und
ausdrucksvoll, und ihr Hals und ihre Schultern – die
von der Kleidung, die sie gewählt hatte, gut hervorgehoben wurden – wirkten vornehm. Tal nahm das
alles mit einem einzigen Blick in sich auf, den vollen
Busen, die langen Beine und ihre trotz der Tatsache,
dass sie schon in jungen Jahren zwei Kinder zur Welt
gebracht hatte, immer noch schlanke Taille.
Kaspar hatte Tal alle Informationen über die Fürstin gegeben, über die er verfügte, und sie waren sehr
ausführlich gewesen: Sie war die Schwester des Herzogs von Miskalon, und früher einmal hatte man sie
Kaspar als mögliche Herzogin geradezu aufgedrängt;
danach hatte sie einen Mann geheiratet, den sie eigentlich verachtete, und war nun alles, was verhinderte, dass Salmater von einem der Nachbarstaaten
überrannt oder beherrscht wurde. Ihr Sohn Serge war
ebenso dumm wie sein Vater, und ihre Tochter Anastasia war ein albernes, verwöhntes Gör. Svetlanas
Leidenschaften waren Politik, Jagen und Männer. Tal
war aufgefallen, dass die Gardisten, die die Fürstin
bewachten, ausschließlich junge, gut aussehende,
hoch gewachsene Männer waren.
»Ich hoffe, es stört Euch nicht, wenn ich nicht besonders förmlich bin, Junker.«
Tal lächelte höflich und undurchschaubar. »Nicht
im Geringsten, Hoheit. Ich bin Euer gehorsamer
Diener.«
Die Fürstin lachte. »Wohl kaum. Kaspar würde
mit einer Botschaft, die beinahe eine Kriegserklärung
darstellt, keinen Dummkopf schicken. Was will er
eigentlich wirklich?«
Tal erkannte, dass der verführerische Hintergrund
nur dazu gedacht war, ihn durcheinander zu bringen
und abzulenken. Sicher, wahrscheinlich bestand auch
die Möglichkeit, dass die Fürstin ihn ins Nebenzimmer und in ihr Bett zerren würde. Er konnte die Reaktionen einer Frau besser deuten als die meisten
Männer, und er wusste, dass sie ihn attraktiv fand.
Außerdem war sie die wahre Herrscherin dieses Landes und daran gewöhnt, dass man all ihren Launen
nachgab – Frauen, die durch schwache Ehemänner
herrschen, hatte Tal bei seinen Studien der Geschichte erkannt, gewannen dadurch Vorteile, was ihre persönlichen Entscheidungen anging. Da sie eine sehr
attraktive Frau war, war er mehr als gewillt, ihr auf
jede Weise zu dienen, die sie sich wünschte, bevor er
sie umbrachte. Wenn man ihren schlanken, aber an
den richtigen Stellen gerundeten Körper bedachte,
würde ihm das sogar ein Vergnügen sein.
»Ich stelle keine Vermutungen über die Wünsche
meines Herrn an, Fürstin«, antwortete Tal. »Er hat
seine Absicht in seiner Botschaft an Euch und den
Fürsten deutlich kundgetan.«
»Also gut, Junker«, sagte die Fürstin, beugte sich
vor und goss zwei Kelche Wein ein, was ihren Morgenmantel genügend aufklaffen ließ, um Tal einen
guten Blick auf ihren äußerst attraktiven Körper zu
gewähren. »Spielen wir ein Spiel.«
»Mylady?«
»Tun wir einmal so, als wären wir beide Seher und
könnten Herzog Kaspars Gedanken
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