Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia 3
»Sollte er etwas Dummes tun, kannst du ihn aufspießen.«
Lucien griff nach einer Klinge und grinste. »Gerne, Tal.«
Kaspar beugte sich vor und flüsterte leise ins Ohr seines Feindes: »Ich muss etwas zum Konklave der Schatten bringen.«
Talwin Hawkins, einstmals als Talon Silverhawk bekannt, der letzte überlebende Orosini-Mann, stand lange Zeit reglos da, dann legte er sein Schwert hin.
Er wandte sich Amafi zu und sagte: »Setz dich hierher, und rühr dich nicht.«
»Ja, Euer Wohl geboren«, erwiderte sein ehemaliger Diener.
Zu seiner Frau sagte Tal: »Ich werde alles später erklären.«
Sie schien nicht besonders erfreut zu sein, aber sie nickte und legte das Messer hin.
Dann wandte sich Tal an die anderen. »Geht wieder an die Arbeit – falls wir noch Gäste haben, werden sie bedient werden wollen.«
Lucien, Magary und Teal taten wie geheißen.
»Es gibt ein Hinterzimmer, in dem wir in Ruhe reden können«, sagte Tal.
»Darf ich um einen Gefallen bitten?«
»Ihr bittet mich um einen Gefallen?« Tal starrte Kaspar verblüfft an.
»Bitte – Ihr habt mich beim Essen unterbrochen.
Würde es Euch stören, wenn ich während unseres Gesprächs meine Mahlzeit beende? Das hier ist das beste Essen, das ich je hatte.«
Tal war stumm vor Staunen, dann schüttelte er den Kopf und lachte. »Es wird immer unwahrscheinlicher. Also gut.« Er rief Magary zu: »Wenn es dir nichts ausmacht, würdest du diesem… diesem Herrn den Rest seiner Mahlzeit nach hinten bringen? Und bitte bring zwei Gläser für den Wein.«
Dann richtete er das Schwert wieder auf Kaspar und bedeutete ihm, durch eine Tür hinten in der Küche zu gehen. In dem Raum dahinter stand ein Tisch mit acht Stühlen. »Der Speiseraum der Angestellten«, sagte Tal.
Kaspar nickte. Er zog einen Stuhl heraus und setzte sich. Tal blieb stehen, als Magary mit dem Wein und zwei Gläsern hereinkam. Tal bedeutete Kaspar, den Wein einzugießen, und er tat es.
»Tal, ich bringe das Rindfleisch in ein paar Minuten«, sagte Magary.
Tal nickte. »Bitte schließ die Tür.«
Kaspar trank einen großen Schluck. »Bevor ich beginne, muss ich sagen, dass mich dieses Haus wirklich verblüfft hat, junger Hawkins. Eure Talente erstaunen mich immer wieder. Die Auswahl an Gerichten und Weinen ist unübertrefflich.«
»Es ist wohl schon länger her, seit Ihr zum letzten Mal gut gegessen habt.«
Kaspar lachte. »Länger, als Ihr wisst, aber selbst verglichen mit der Küche in der Zitadelle ist das hier hervorragend. Hätte ich das gewusst, dann hätte ich Euch nie als Agenten verschwendet. Ich hätte Euch zum bestbezahlten Koch in den östlichen Königreichen gemacht.«
»Dieses Lob gebührt überwiegend Lucien. Wir arbeiten gut zusammen, aber er ist der wahre Visionär.
Und jetzt fangt bitte an.« Tal setzte sich, hielt aber weiter die Klinge auf Kaspar gerichtet.
»Ich habe eine lange Geschichte zu erzählen, also sollten wir vielleicht warten, bis der nächste Gang serviert wird, damit wir nicht unterbrochen werden.
Was ich zu sagen habe, ist nur für die Ohren weniger bestimmt.«
Ein paar Minuten später erschien Magary mit einem dampfenden Teller mit Rindfleisch in Soße, garniert mit gewürztem Gemüse. Nachdem sie gegangen war, aß Kaspar einen Bissen. »Ihr übertrefft Euch mit jedem Gericht aufs Neue, Talwin.«
»Wenn Ihr lange genug lebt, Kaspar, erinnert mich daran, Euch zu erzählen, wie die Kochkunst mir geholfen hat, von diesem Felsen wegzukommen.«
»Der Festung der Verzweiflung?«
»Ja. Ich denke, Ihr werdet die Geschichte amüsant finden.«
»Ich wünschte, ich könnte das Gleiche von meiner Geschichte sagen. Ich überspringe die frühen Tage meines Exils und sage nur, dass es eine wichtige Erfahrung war. Lasst mich mit dieser kleinen Stadt namens Simarah beginnen, wo ich drei Kaufleuten aus Vykorhafen namens Flynn, Kenner und McGoin begegnet bin…«
Der Abend zog sich dahin. Nachdem die letzten Gäste gegangen waren, klopfte Teal und kam herein, um zu sehen, ob ihr Mann und der Mann, der ihr Volk vernichtet hatte, sich immer noch unterhielten.
Tal stand sofort auf und ging auf sie zu, wobei er Kaspar den Rücken zuwandte und sein Schwert in Reichweite auf dem Tisch liegen ließ, also wusste Teal, dass es kein Blutvergießen geben würde.
Tal teilte ihr mit, er müsse vielleicht die ganze Nacht hier verbringen, also kehrte sie in die Küche zurück, wo Amafi geduldig wartete, und sagte:
»Mein Mann bittet Euch, in Euer Gasthaus
Weitere Kostenlose Bücher