Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia 3
nicht einmal vorstellen können. Dazwischen gibt es Wesen, die von vollkommen fremd bis zu solchen reichen, die eine gewisse Ähnlichkeit mit uns haben. Dämonen kommen von der vierten und fünften Ebene und können mithilfe großer Magie auf unserer Welt existieren. Sie können sich hier von Lebensenergie nähren und überleben, ja sogar gedeihen. Der Dämon, der den Schlangenkrieg oder den Krieg der Smaragdkönigin, wie ich ihn lieber nennen sollte, begonnen hat, kam aus dem fünften Kreis.«
»Dämon?«, fragte Kaspar und riss die Augen auf.
»Was für ein Dämon?«
»Diese Geschichte erzähle ich dir ein andermal.
Jedenfalls, wenn du je von Wesen gehört hast, die man Schreckenslords nennt, sie leben im sechsten Kreis. Sie saugen die Lebensenergie aus allem, was sie auf unserer Wirklichkeitsebene berühren. Sie könnten hier existieren, aber wenn sie es täten, würde selbst das Gras unter ihren Füßen welken. Die Geschöpfe von der siebten Ebene können hier nicht einmal überleben – sie sammeln Energie so schnell aus der Luft und dem Licht selbst, dass sie sich selbst zerstören würden, zusammen mit einem sehr großen Teil der Landschaft, die sie umgibt. Wir nehmen an, dass diese Rüstung aus dem zweiten Kreis kommt, der Ebene direkt unterhalb der unseren. Aber das ist nur eine Spekulation, und wir raten dir, keine Entscheidung zu treffen, die auf dieser Annahme beruht.«
»Ich will ja nicht respektlos sein, Samas, aber was soll dieser Vortrag?«, fragte Kaspar.
»Er wird dir helfen zu erkennen, wie gewaltig die Arena ist, in der du spielst. Diese Frau, die dir die Kupferscheibe gegeben hat?«
»Ja, die Hexe?«
»Sie ist keine Hexe. Das Bild auf der Scheibe ist das von Arch-Indar.«
»Aber du sagtest doch, sie wäre tot.«
»Das ist sie. Was du gesehen hast, ist eine Erinnerung an sie.«
Kaspar richtete sich auf, den Mund ungläubig aufgerissen. »Aber ich habe mit ihr gesprochen! Sie hat mit den Fingern gewackelt, und Flynn ist eingeschlafen! Sie hat mir diese Scheibe gegeben, und die war wirklich, und ich konnte sie anfassen.«
»Oh, sie ist wirklich. Aber sie ist nur eine Erinnerung an die Göttin. Wenn sie im Lauf der Jahrhunderte genügend Gläubige sammelt, kann sie vielleicht zurückkehren. Aber im Augenblick musst du erkennen, wie mächtig die größeren Götter sind. Sie sind so mächtig, dass selbst die Erinnerung an einen als Wesen mit eigenständigem Bewusstsein weiterlebt.«
Kaspar lehnte sich zurück. »Weil nichts zerstört wird.«
»Ja!« Samas klatschte entzückt in die Hände. »Du verstehst es tatsächlich! Es ist, wie wenn du stirbst, aber ein einziges Haar von deinem Kopf fällt auf den Boden und hat all deine Erinnerungen und einen eigenen Willen. Das ist ein schlechtes Bild, aber das Beste, das mir in nüchternem Zustand einfällt.«
»Ich dachte, ihr wärt ein enthaltsamer Orden«, sagte Kaspar lachend.
»Nein, aber vor drei Jahren sind uns Wein und Bier ausgegangen. Das ist einer der Gründe, wieso Hüter Andani nach Ispar gegangen ist. Ansonsten würde ich jetzt etwas anderes als Wasser trinken.
Dieser Magier, von dem du uns erzählt hast, Leso Varen…«
»Ja?«
»Ich denke, er ist kein Sterblicher.«
»Du glaubst, er ist eine Erinnerung an den Namenlosen?«
»Nein, ich glaube, er ist ein Traum.«
Kaspar wollte gerade widersprechen, dann erinnerte er sich an Hildy.
Samas fuhr fort: »Es gibt Relikte aus dem Besitz des Namenlosen, die noch aus der Zeit stammen, bevor er verbannt wurde, und im Lauf der Jahrhunderte haben Menschen sie gefunden. Diese Menschen verlieren alle den Verstand, einige früher als die anderen, wenn sie diese Gegenstände behalten. Aber jene, die sie lange Zeit behalten, gewinnen von ihrem Herrn Kräfte. Sie werden zu einem Teil seines Geistes, und noch lange nachdem ihr sterblicher Körper vergangen ist, leben sie als Träume im Geist des Gottes weiter. Ich erwähne das, um dir deutlich zu machen, dass es noch andere gibt als Varen, die vorhaben, den Namenlosen auf unsere Welt zurückzubringen.«
»Warum wollen sie so etwas tun?«
»Weil sie wahnsinnig sind«, antwortete Samas.
Kaspar lehnte sich zurück. »Du hast mich überzeugt, dass ich Teil eines Spiels bin, das so gewaltig ist, dass ich es nicht einmal begreifen kann. Lass uns also sagen, dass viel auf dem Spiel steht. Aber das sagt mir immer noch nicht, was ich tun soll.«
»Ich weiß«, gab Samas zu. »Wir haben dir alles erzählt, was wir wissen. Es gibt nur noch eins,
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