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Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia 3

Titel: Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konklave der Schatten
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hierher zu schaffen. Aber ich werde ihn entfernen, damit du das Ding wegbringen kannst.«
    »Wer sonst hat den Talnoy mit dem Geis versehen, und wohin sollte er eigentlich gebracht werden?«, fragte Kaspar.
    »Das zählt nicht«, sagte Kalkin und machte eine Geste mit der Hand.
    Plötzlich spürte Kaspar, wie ein Schock durch seinen Körper zuckte, und dann gab es nur noch eine graue Leere. Er spürte, wie die Luft aus seiner Lunge gerissen wurde, dann hing er einen Augenblick im Nichts. Und dann stand er auf dem Boden in einem kleinen Wäldchen, und neben ihm warteten seine Schatztruhe und der Talnoy.
    Kaspar holte tief Luft und fröstelte.
    Es war Abend, und auf der Straße waren ein paar Bauernwagen unterwegs. Kaspar nahm den Ring aus dem Beutel und steckte ihn an den Finger. Er sagte zu dem Talnoy: »Sieh aus wie ein hässlicher Kammerdiener.«

    Plötzlich stand statt der Rüstung ein schauerlich aussehender Mann da. »Nicht so hässlich«, sagte Kaspar, und das Gesicht des Geschöpfs veränderte sich, sodass der Talnoy nun aussah wie ein gewöhnlicher Mensch, der schlichte Kleidung trug und einem umherziehenden Söldner diente. »Sag etwas«, befahl Kaspar.
    »Etwas.«
    »Aha, du kannst also sprechen. Sprich mich mit
    >Herr< an.«
    »Herr.«
    »Wenn ich dir einen Befehl gebe, sagst du >Ja, Herr< und tust es.«
    »Ja, Herr.«
    »Das reicht für den Anfang. Und jetzt nimm die Truhe und folge mir.«
    »Ja, Herr.«
    Kaspar verließ das Wäldchen und ging die Straße entlang. Sein Diener lud sich mühelos die Truhe auf die Schulter und folgte ihm.

    Sechzehn
Sulth
    Kaspar trank allein.
    Der Talnoy saß reglos oben im Zimmer, einem kleinen Mansardenraum über einem Bierhaus, der für gewöhnlich nicht vermietet wurde. Kaspar hatte vor, Gasthäuser zu meiden, bis er ein Schiff gefunden hatte, denn er machte sich Sorgen wegen Kalkins Warnung, dass andere nach dem Geschöpf Ausschau halten würden.
    Denn als das betrachtete er den Talnoy nun – als ein Geschöpf. Er hatte in den letzten vier Tagen einige Zeit damit zugebracht, mit ihm zu experimentieren, hatte ihm Fragen gestellt, hatte versucht, seine Fähigkeit zu unabhängigem Handeln einzuschätzen, und war schließlich von zwei Dingen überzeugt: Erstens war das Geschöpf fähig genug, unabhängig zu denken und Entscheidungen zu fällen, dass man es als lebendig betrachten musste, und zweitens würde eine Armee aus solchen Geschöpfen beinahe unmöglich zu besiegen sein.
    Er entdeckte auch das Höchstmaß an Zeit, den Ring zu tragen. Er hatte das Warnzeichen identifiziert, denn es war ein Gefühl, das er bisher nicht gekannt hatte: blinde Angst. Kaum eine Stunde nachdem er den Ring benutzt und dem Talnoy gesagt hatte, er solle sich in einen Diener verwandeln, hatte er dieses Bierhaus erreicht. Bis er mit dem Besitzer einen Preis ausgehandelt und sein Zimmer erreicht hatte, hatte sich Kaspar sehr unbehaglich gefühlt. Er hatte sich gefragt, warum, und den Ring als Experiment weiterhin getragen. Auf seiner schlichten Strohmatratze sitzend, hatte er gewartet und den Talnoy in der Ecke stehen lassen. Ungefähr eine halbe Stunde nachdem er im Bierhaus eingetroffen war, hatte ihn blinde Panik überfallen, bis er schließlich überzeugt gewesen war, dass etwas Schreckliches vor der Tür lauerte. Er hatte gegen seinen Drang angekämpft, das Schwert zu ziehen und jeden anzugreifen, dem er dort draußen begegnete, und dann hatte er sich den Ring vom Finger gerissen. Beinahe sofort waren die Gefühle von Angst und Schrecken verschwunden.
    Er hatte weiter experimentiert, und nun wusste er, dass er den Ring nicht länger als anderthalb Stunden tragen durfte, und danach konnte er ihn mindestens ebenso lang nicht mehr benutzen. Wenn er den Ring wieder an den Finger steckte, nachdem nur die Minimalzeit vergangen war, kehrte der Wahnsinn schneller zurück. Kaspar war zu dem Schluss gekommen, dass ein- oder zweimal am Tag sicher war und mehr als das ein Risiko darstellte.
    Er dachte darüber nach, was er sonst noch über den Talnoy wusste. Er war uralt, aber es gab keinerlei Anzeichen von Alter oder einem Nachlassen seiner Fähigkeiten. Er wirkte in jeder Hinsicht wie neu.
    Kaspar konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass er inzwischen vollkommen in dieser Sache versunken war. Zuvor war da dieser lästige Fluch gewesen, der ihn getrieben hatte, das Ding zu Kalkin zu bringen. Er hatte auch eine Liste von Fragen, auf die er sich Antworten wünschte. Warum war der Geis überhaupt

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