Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4
sonnenverbranntem Leder gemacht. Seine rötliche Färbung wurde von seinem dichten, wirren blonden Haar
betont, das nun schnell weiß wurde. »Es scheint mir«,
sagte er, »dass wir gut beraten wären, das eine oder andere Gerücht in Umlauf zu bringen.«
Pug schwieg einen Augenblick. »Zu welchem
Zweck?«, fragte er dann.
Der Magier aus Salmater lächelte, und Pug erinnerte
sich daran, wie er ihn kennen gelernt hatte. Rosenvar hatte in der Ecke eines Gasthauses gesessen und mit der
gleichen Hingabe weise Ratschläge, kleine Zauber und
vollkommene Lügen an alle weitergegeben, die für seinen Wein bezahlten. Seit er auf die Insel gekommen war,
war er relativ nüchtern geblieben, und er betrank sich
immer seltener.
»Gerüchte sind wunderbar, wenn man sie korrekt einsetzt«, sagte Rosenvar. Seine Stimme neigte dazu zu
grollen, als begänne sie tief in seinen Eingeweiden und
bahne sich langsam ihren Weg in seine Kehle. »Ich habe
schon erlebt, dass ganze Städte ihr gemeinsames Ohr der
richtigen Art von Gerücht zuwandten, Pug. Herrscher
neigen dazu, offiziellen Berichten und glaubwürdigen
Zeugen zu misstrauen, aber ein saftiges Gerücht … ah,
das lässt sie alle umherrennen wie Puten bei Gewitter, die
Köpfe nach oben gewandt, die Münder weit aufgerissen
bei dem Versuch, sich im Regen zu ersäufen.«
Pug lachte leise. Er mochte es, wie Rosenvar sich ausdrückte. »Also gut, aber welche Gerüchte?«
Rosenvars Lächeln verschwand. »Es heißt, Herzog
Erik in Krondor sei krank, vielleicht sterbenskrank.«
Pug nickte. »Das habe ich gehört.«
Miranda sagte: »Er ist der Letzte.«
Pug wusste, was sie meinte. Er war der letzte Überlebende von Calis’ Kompanie von Gefangenen, denen man
zu Beginn des Schlangenkriegs die Freiheit gegeben hatte, damit sie nach Novindus gingen, und der einzige
Mann von Rang, der den Krieg überlebt hatte und immer
noch im Amt war. Erik wusste, was entfernte Gefahren
bedeuten konnten. »Dann beginnen wir also in Krondor?«
»Das scheint weise zu sein«, erwiderte Rosenvar. »Es
gibt ein paar Gerüchteköche, die hoch stehende Würdenträger des Westreiches unter ihren Kunden haben. Wenn
wir etwas in Umlauf bringen, das vage genug ist, keine
sofortige Reaktion hervorzurufen, das Lord Erik aber
vertraut genug vorkommt, damit er sich verpflichtet
fühlt, den Prinzen von Krondor zu warnen – das wäre
zumindest ein Anfang.«
Magnus sagte: »Und wenn das Königreich der Inseln
die Warnung ernst nimmt, wird es Groß-Kesh ebenfalls
tun.«
»Und wenn Groß-Kesh und das Königreich beginnen,
ihre Verteidigung zu verstärken, wird jedes andere Reich
in der Region nachziehen«, fügte Miranda hinzu.
»Aber wir können sie nur für einen bestimmten Zeitraum in Alarmbereitschaft halten; wir dürfen nichts übereilen«, wandte Rosenvar ein.
»Wir brauchen Erik für diese Arbeit«, stellte Pug fest.
Nakor sagte: »Ich werde nach Krondor gehen und den
Herzog besuchen. Ich werde dafür sorgen, dass es ihm
eine Weile wieder besser geht.«
Pug nickte. Nakor war zusammen mit Erik und Calis
nach Novindus gegangen, als sie der Smaragdkönigin
zum ersten Mal gegenübergestanden hatten. Der alte
Herzog würde Nakor vertrauen.
»Rosenvar«, sagte Pug, »du solltest koordinieren, welche Gerüchte wo und wann in Umlauf gebracht werden.
Wir haben in jeder wichtigen Hauptstadt in Midkemia
gut platzierte Agenten. Aber ich möchte dafür sorgen,
dass Unbehagen und Sorge langsam zunehmen und nicht
sofort blinde Panik ausbricht.«
»Verstanden«, erwiderte Rosenvar und erhob sich.
»Wir werden eine Liste von Ideen aufstellen, um die
Herrscher der Welt nervös zu machen.« Er lächelte. »Ein
wenig nervös, für den Anfang.«
An Uskavan gewandt, fuhr Pug fort: »Würdest du mir
bitte die Namen deiner besten Schüler geben? Wir müssen sie vielleicht schon bald aussenden, um in den Städten für uns zu arbeiten.«
Der Magier nickte, stand auf und verließ zusammen
mit Rosenvar die Höhle. Nun waren Pug, Miranda, Nakor und Magnus allein. Pug sah seinen älteren Sohn an.
»Wo ist dein Bruder?«
»Ich glaube, unten in Stardockstedt. Er sollte ein paar
Dinge abliefern, aber er ist wahrscheinlich zum Erntefest
geblieben.«
Miranda sagte: »Du meinst, um Zeit mit dieser Witwe
zu verbringen?«
Pug zuckte die Achseln. »Lass ihm das bisschen Spaß,
Liebste. Wir brauchen ihn hier nicht allzu dringend, und
ich nehme an, er ist gerne dort.«
Magnus sah seine Mutter an und fragte: »Soll ich
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