Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4
über
Euch und Euer Leben erfahren.«
Wieder lachte Bek. »Ich stehe unbewaffnet hier, also
bin ich einverstanden, Euch alles zu sagen, was Ihr wissen wollt, kleiner Mann. Sollen wir Frieden schließen?«
»Frieden?«, wiederholte Nakor und sah Tomas an.
Tomas nickte. Er drehte Beks Schwert herum und
reichte es ihm. »Frieden.«
Der junge Mann steckte die Waffe wieder ein und sagte: »Also gibt es tatsächlich einen Schatz da drinnen?«
Nakor schüttelte den Kopf. »Kein Gold und keine
Edelsteine. Aber es gibt hier etwas, das uns wichtig ist
und allen anderen nur Ärger einbringen würde. Es ist
wichtig, aber es ist auch sehr gefährlich.«
»Ich werde nicht erneut mit ihm kämpfen«, sagte Bek
und wies auf Tomas, »nur um zu sehen, ob Ihr lügt oder
nicht. Aber was könnte wertvoller sein als Reichtümer?«
»Wissen ist stets wertvoll«, erwiderte Tomas.
»Und gefährlich, habe ich festgestellt«, sagte Bek. Er
deutete auf sein Pferd. »Wenn es Euch nicht stört, sollte
ich jetzt lieber versuchen, meine Begleiter einzuholen.
Sie sind ein unruhiger und unangenehmer Haufen, wenn
ich nicht da bin und ihnen sage, was sie tun sollen. Außerdem werden sie die Hälfte der Alkoholvorräte des
Gasthauses in Dankino vernichtet haben, bis ich dort eintreffe.«
»Nun«, sagte Nakor und legte die Hand auf Beks Arm
– eine harmlose Geste, aber eine, die den viel größeren
Mann sofort innehalten ließ –, »ich frage mich, ob Ihr
vielleicht ein wenig Gold auf ehrlichere Art als bei Raufereien verdienen wollt.«
»Wie meint Ihr das?«
Nakor wies auf Tomas und sagte: »Er bewacht das
Zeug, das ich studieren muss. Wenn wir noch zwei scharfe Augen und gute Ohren hier hätten, könnte Tomas nach
Hause zurückkehren und ein wenig Zeit mit seiner Familie verbringen.«
»Drachenlords haben Familien?«, fragte Bek ein wenig überrascht.
Nakor grinste und hätte beinahe gekichert. »Was habt
Ihr geglaubt, wo die kleinen Drachenlords herkommen?«
Tomas schüttelte den Kopf, aber ein warnender Blick
von Nakor ließ ihn schweigen. Er kannte den Isalani
nicht so gut wie sein Freund Pug, aber im Lauf der Jahre
hatte er gelernt, sich auf Nakors Instinkte zu verlassen.
Wenn der kleine Mann wollte, dass Bek blieb, musste er
einen guten Grund dafür haben.
Bek lachte über Nakors Witz. »Und wie viel wird mir
das einbringen?«
»Ihr kommt ohne Umschweife aufs Thema«, stellte
Nakor fest. »Das gefällt mir. Wir sind hier an einem
ziemlich abgelegenen Ort, aber wie Ihr gerade selbst demonstriert habt, geschehen manchmal Dinge, die man
nicht erwartet. Wir werden Euch gut bezahlen.«
»Wie gut?«
»Zwei Goldstücke pro Tag, plus Verpflegung.«
»Wie lange?«
»So lange es nötig ist«, erwiderte Nakor.
Beks Lächeln verschwand. »Zwei Goldstücke am Tag,
um eine Höhle vor streunenden Hunden und hin und
wieder einem Banditen zu schützen, ist nicht übel, kleiner Mann. Aber ich hätte etwas dagegen, länger als eine
Woche hier draußen zu lagern, selbst wenn Ihr drei
Goldstücke am Tag zahlen würdet.«
»Müsst Ihr woandershin?«, fragte Tomas.
Bek legte den Kopf zurück und lachte. »Nicht unbedingt, aber es fällt mir stets schwer, lange am gleichen
Ort zu bleiben. Mein Vater hat mich immer verfolgt und
verprügelt, wenn er mich gefunden hat.«
Nakor kniff die Augen zusammen. »Ihr seid von zu
Hause weggelaufen, als Ihr wie alt wart? Dreizehn, vierzehn?«
»Dreizehn«, sagte Bek und schaute Nakor forschend
an. »Woher wusstet Ihr das?«
»Ich bin mit der Geschichte vertraut«, sagte Nakor.
»Würden drei Goldstücke am Tag Euch geduldiger machen?«
Bek zuckte die Achseln. »Für drei bleibe ich einen
Monat, aber danach werde ich an einen Ort mit schönen
Huren und gutem Bier reiten, um das Gold auszugeben.«
Nakor grinste. »Einverstanden.«
Tomas sagte: »Nakor, auf ein Wort«, und führte den
kleinen Mann auf die andere Seite der Höhle. Leise fragte er ihn: »Bist du sicher, dass du das tun möchtest?«
Nakors vergnügtes Grinsen verschwand. »Mir bleibt
nichts anderes übrig. Dieser Junge ist … ungewöhnlich.«
»Dem kann ich nicht widersprechen, Nakor. Von allen
sterblichen Schwertkämpfern, denen ich gegenüberstand,
ist er der gefährlichste. Er hat etwas Übernatürliches an
sich.«
»Genau. Seine Geschichte kam mir deshalb so bekannt
vor, weil sie meiner eigenen ähnelt. Ich war irgendwann
einmal dieser Junge. Ich hatte die gleichen Probleme damit, zu Hause zu bleiben, und mein Vater hat mich ebenfalls
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