Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4
nicht«,
sagte Tomas und machte sich bereit, angegriffen zu werden.
Mit einer fließenden Bewegung und einer Geschwindigkeit, die Nakor für unmöglich gehalten hätte, stürzte
der schwarzhaarige junge Mann vorwärts und begann mit
einem bösartigen Kombinationsangriff, der Tomas tatsächlich einen Schritt zurückweichen ließ. Tomas wehrte
die Schläge ab, aber sie waren schnell und hart, und er
konnte den Blick nicht von seinem Angreifer abwenden.
Nakor tastete nach einem kurzen Busch, um das Pferd
anzubinden, und beobachtete weiter den Kampf. Der
junge Krieger war mehr als nur ein Junge. In seiner
Schwertarbeit lag eine Effizienz, die selbst die größten
Schwertkämpfer von Midkemia überragte. Und mehr als
das, diese wilden Schläge zwangen Tomas tatsächlich
zum Rückzug.
Das Klirren von Stahl auf Stahl war ohrenbetäubend
laut, und Nakor wusste, dass sie weit mehr als einem gewöhnlichen jungen Mann gegenüberstanden. Mit jeder
Sekunde nahmen die Intensität und das Tempo des
Kampfes zu, und bald schon schien der Fluss der Bewegungen nur noch ein einziger wilder Angriff zu sein.
Während der junge Mann weiterkämpfte, erkannte
Nakor plötzlich, was er gespürt hatte. »Töte ihn nicht,
Tomas. Ich will ihm ein paar Fragen stellen.«
Es war anstrengend für Tomas, nicht auf den Tod seines Gegners hinzuarbeiten, aber er rief: »Ich werde versuchen, daran zu denken, Nakor.« Der Valheru gewordene Mann verfügte über gefährlichere Waffen als die Kraft
seiner Arme, und nun kam er zu dem Schluss, dass dieser
Zweikampf lange genug gedauert hatte.
Tomas hatte zunächst versucht, seinen Gegner zu ermüden, denn er wollte einem jungen Mann, dessen einziges Verbrechen in Leichtsinn bestand, keinen Schaden
zufügen. Aber jetzt musste er sich gewaltig anstrengen,
um seinen Vorteil zu behalten, und sein Gegner schien
mit jedem Augenblick stärker zu werden.
Tomas sagte: »Das genügt!« Er drängte mit aller Kraft
vorwärts und ließ das goldene Schwert über den Stahl
des Jungen gleiten, so dass sie sich direkt gegenüberstanden. Plötzlich fasste Tomas mit der linken Hand zu und
ergriff das rechte Handgelenk des Mannes.
Sofort spürte er, wie sein eigenes rechtes Handgelenk
gepackt wurde, denn das war alles, was der junge Mann
tun konnte, um nicht sofort besiegt zu werden. Tomas
war überrascht über seine Kraft, die viel größer war als
die jedes anderen Menschen, dem er gegenübergestanden
hatte.
Aber sie konnte dennoch nicht gegen die Kraft eines
wiedergeborenen Drachenlords ankommen, und Tomas
benutzte diese Kraft nun, um den Jungen nach hinten zu
zwingen.
Dann kam der Augenblick, auf den Tomas gewartet
hatte: Sein Gegner geriet aus dem Gleichgewicht. Mit
einer so schnellen Bewegung, dass Nakors Sinne sie
kaum nachvollziehen konnten, stieß Tomas zu, riss und
drehte seine eigene Klinge, und der junge Mann rutschte
auf dem Hosenboden rückwärts. Sein Schwert segelte
durch die Luft, und Tomas fing es mit der freien Hand
auf.
Der junge Mann war halb wieder aufgestanden, als er
zwei gekreuzte Klingen zu beiden Seiten seines Halses
spürte. »Ich würde mich lieber nicht bewegen«, legte ihm
Nakor nahe.
Reglos starrte der junge Mann die beiden Klingen an,
und er wusste, dass ihm Tomas mit einem schnellen
Schnitt den Kopf von den Schultern trennen konnte, so
leicht, wie man eine Rübe durchschneidet. Sein Blick
schoss von dem Krieger zu Nakor und wieder zurück,
und er sagte: »Ich würde nicht einmal im Traum daran
denken.«
Tomas fragte: »Wenn ich Euch aufstehen lasse, werdet
Ihr dann nett und höflich bleiben?«
»Selbstverständlich«, versicherte der junge Mann.
Nakor kam näher, und als Tomas zurücktrat, fragte der
kleine Isalani den Besiegten: »Wie heißt Ihr?«
Der junge Mann, der Nakor hoch überragte, schaute
nach unten und sagte: »Ich bin Ralan Bek, kleiner Mann.
Und Ihr?«
»Ich heiße Nakor. Ich bin ein Spieler. Das da ist Tomas. Er ist ein Drachenlord.«
Bek sah Tomas an und lachte. »Bisher hat kein
Mensch mich je mit dem Schwert besiegt, aber ich habe
nichts dagegen, von einer Legende besiegt worden zu sein.
Ein Drachenlord? Ich dachte, es gäbe sie nur in Mythen.«
Tomas zog die Brauen hoch. »Nur wenige wissen von
diesen Mythen. Wo habt Ihr von den Valheru gehört?«
Bek zuckte die Achseln. »Hier und da. In dieser und
jener Geschichte. Ihr wisst schon, Männer erzählen sich
am Lagerfeuer Geschichten.«
Nakor sagte: »Ich würde gerne ein wenig mehr
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