Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4
geschlagen. Ich bin davongelaufen, als ich noch sehr
jung war. Es ist – es ist alles das Gleiche!«
Tomas warf einen Blick auf den jungen Schwertkämpfer und sah dann wieder den kleinen Isalani an. »Nicht
ganz.«
»Also gut, ich wurde ein großer Taschenspieler, und er
wurde ein Bandit, aber Tatsache ist, dass wir viel gemeinsam haben. Und es ist die gleiche Geschichte, die
Macros von seiner Jugend erzählte. Es ist zu viel für einen schlichten Zufall. Ich möchte es weiter untersuchen.«
»Es gibt noch mehr, nicht wahr?«
»Erinnerst du dich an das alte Sprichwort: ›Sorge dafür, dass deine Freunde immer in der Nähe und deine
Feinde noch näher sind‹, Tomas?«
»Ich erinnere mich«, sagte Tomas.
»Ich denke, wir wollen, dass dieser Junge wirklich
ganz in unserer Nähe bleibt. Wenn meine Instinkte mich
nicht täuschen und wir aus dieser Begegnung einen Vorteil
ziehen können, werde ich herausfinden, worin er besteht.«
»Das wirst du ganz bestimmt. Und was soll ich tun?«
»Geh eine Weile nach Hause. Ich werde Bek im Auge
behalten und diese Höhle bewachen, bis Magnus aus Kelewan zurückkehrt. Ich habe ein paar Ideen, wie wir diese
Dinger da drin beherrschen können, über die ich mit ihm
sprechen möchte.«
»Also gut«, sagte Tomas. »Ich bin froh, dass ich so
bald schon zu meiner Königin zurückkehren kann.«
»Brauchst du eine Kugel?«, fragte Nakor, nahm einen
schimmernden metallenen Gegenstand aus dem Rucksack und bot ihn Tomas an.
»Danke. Ich könnte einen Drachen rufen, aber das ist
auffällig. Und so geht es ohnehin schneller«, sagte er,
drückte mit dem Daumen auf einen Knopf und verschwand.
Nakor wandte sich Bek zu und fragte: »Habt Ihr etwas
zu essen in dieser Satteltasche?«
»Nicht wirklich.«
Nakor ging auf den jungen Mann zu und nahm einen
runden Gegenstand aus seinem Rucksack. Er warf ihn
Bek zu, der ihn auffing, dann sagte er: »Wie wäre es mit
einer Orange?«
Bek lächelte. »Gerne.« Er begann sie mit dem Daumen zu schälen. »Und was machen wir jetzt?«
»Wir warten auf ein paar Freunde. Ihr da draußen und
ich hier drin.« Er zeigte auf die Höhlenöffnung.
»Noch eins«, sagte Bek.
»Was?«
»Die drei Goldstücke. Es fängt heute an.«
Nakor zuckte die Achseln. »Also gut, aber dann macht
Euch auch schon mal nützlich und holt Feuerholz.«
Bek lachte und machte sich auf die Suche.
Ralan Bek stand lautlos von seinem Nachtlager auf. Er
schlich auf Zehenspitzen um das Feuer herum, nahm sich
ein brennendes Scheit und machte einen großen Bogen
um den schlafenden Nakor. Schnell betrat er die Höhle
und stellte fest, dass es dort zunächst nichts weiter zu
sehen gab als einen engen Gang.
Er duckte sich hinein und gelangte schnell zu dem
Sims hoch über dem Höhlenboden. Selbst in dem flakkernden Licht konnte er die reglosen Talnoy sehen, die in
Reihen dastanden.
Seine Augen wurden groß wie die eines Kindes, als er
die metallenen Krieger erfreut betrachtete. Er grinste und
stieß einen leisen Pfiff aus. »Was haben wir denn da?«
Nakor lag weiterhin am Lagerfeuer und rührte sich
nicht. Er hatte gehört, wie Bek in die Höhle gegangen
war, und wusste, dass der junge Mann inzwischen bei der
Armee von Talnoy angelangt sein musste.
Nach ein paar Minuten hörte er Bek zurückkommen.
Der kleine Isalani war darauf gefasst, sich zu bewegen,
sobald er sich bedroht fühlte, und nachdem er Bek im
Kampf mit Tomas gesehen hatte, wusste er, dass er nur
einen Augenblick Zeit haben würde, um einen seiner tödlicheren »Tricks« einzusetzen.
Aber Ralan Bek legte sich einfach wieder auf die andere Seite des Lagerfeuers und schlief bald ein. Nakor
blieb weiter reglos liegen, und er war immer noch wach,
als am nächsten Morgen die Sonne aufging.
Acht
Heimkehr
Die Straße erstreckte sich bis zum Horizont.
Wieder saßen Tad und Zane in einem Wagen, wie vor
beinahe einem halben Jahr. Diesmal jedoch fuhren sie
auf Stardockstedt zu und nicht davon weg.
Als sie Shamata erreichten, hatten Caleb und die Jungen eine Ladung Waren gefunden, die am Meer der
Träume entlang zum Großen Sternensee und zur Akademie gebracht werden sollte. Caleb hatte angeboten, die
Ladung hinzubringen und jemanden zu finden, der den
Wagen zu dem Fuhrunternehmen zurückbrachte, wenn
sie eingetroffen waren. Da das Unternehmen seinem Vater
gehörte, stieß er auf keinen nennenswerten Widerstand.
Er hatte den Jungen gesagt, sie würden auf dem Weg
nach Süden in Stardockstedt Halt machen, aber nur
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