Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 5
Verzierung um
den Saum, die Ärmel und die Kapuze. Er hatte die
Kapuze zurückgezogen, sodass Miranda sein Gesicht
sehen konnte.
Sie wusste nicht, wie Dasati aussehen sollten. Sie
betrachtete seine Züge und stellte fest, dass sie einem
Menschen nicht unähnlich waren, mit zwei Augen,
einer Nase und einem Mund an den Stellen, wo sie
sie erwartete. Das Kinn war lang, die Wangenknochen hoch und der Schädel schmal, aber von der
grauen Hautfärbung abgesehen wirkte er nicht fremd.
Er sah ihr jedenfalls erheblich ähnlicher als die Magier der Cho-ja auf Chaka-hal. Aber sie wusste genau, dass die Magier der Cho-ja ihr viel ähnlicher
waren als dieses Geschöpf.
»Varen sagt, Ihr seid gefährlich«, sagte der Dasati,
und wieder fühlte Miranda seine Worte ebenso in
ihrem Kopf, wie sie sie hörte. »Ich weiß nicht, wie
Ihr das sein könnt, aber ich werde die Möglichkeit
nicht unterschätzen.« Er erhob sich und ragte über
ihr auf, während sie hilflos auf der Matratze lag.
»Wir werden Euch studieren, denn wenn Ihr gefährlich seid und es mehr von Eurer Art auf Kelewan
gibt, müssen wir uns auf Begegnungen mit solchen
Leuten vorbereiten. Seine Dunkelheit wünscht, dass
wir Eure Welt von Euch nehmen.«
Ohne ein weiteres Wort verließ der Dasati den
Raum und schloss die Tür hinter sich. Mirandas Gedanken überschlugen sich, und eine Weile fiel es ihr
schwer, sich zu konzentrieren. Sie wusste nun, dass
Pugs schlimmste Befürchtungen Wirklichkeit geworden waren. Die Dasati würden kommen, und
zwar bald. Wenn nicht auf Midkemia, dann würde es
Kelewan sein, und sie bezweifelte, dass sie dort aufhören würden.
Sie sah sich so gut sie konnte ihre Umgebung an.
Sie befand sich in einem fensterlosen Raum. Es gab
eine Fackel in einem Halter an der Wand, keinen
Tisch und keinen Stuhl, nur das Bett und den Hocker.
Und sie war fest angebunden. Jedes Mal, wenn sie
versuchte, ihre Energien zu nutzen, um eine Beschwörung anzuwenden, um ihre Fesseln zu lösen
oder sich woandershin zu bringen, fühlte sie sich
taub an, als mischte sich etwas in ihre Fähigkeiten
ein. Vielleicht hatten sie ihr Drogen gegeben.
Sie dachte darüber nach, was diesen Mangel an
Konzentration bewirkte, und dann verlor sie auch
schon wieder das Bewusstsein.
Jommy lag an einer leichten Erhöhung nördlich des
Lagers und wartete, während die Stunden sich dahinschleppten. Ihre Wachen waren aufmerksam und
weit genug von den Lagerfeuern aufgestellt, dass
Jommy nicht herausfinden konnte, was an den Feuern passierte, wenn denn etwas passierte. Es klang
nach Männern, die sich unterhielten und als wären
sie ruhig und machten sich keine Sorgen darüber,
entdeckt zu werden.
Jommy warf einen Blick zu Godfreys Versteck
hinter einem Baum. In der Dunkelheit vor dem Morgengrauen konnte er ihn kaum erkennen. Jommy
schniefte leise – seine Nase begann von der kalten
Feuchtigkeit zu laufen. Es würde ein Dampfbad sein,
wenn die Sonne aufging, aber im Augenblick schauderte er. Er fragte sich, wie es Grandy wohl ging,
und dann begann er sich zu fragen, was Grandy
überhaupt hier machte.
»Was machen wir alle hier?«, flüsterte er sich zu.
Seit er Tad und Zane in Kesh kennen gelernt hatte,
war Jommy mehr oder weniger von einer Familie
adoptiert worden, die im Übermaß abenteuerlich und
wunderbar war – das schloss Magier ein, die auf der
Insel lebten, den Kampf gegen Meuchelmörder, Reisen an verschiedene Orte der Welt –, aber einige
Dinge, die man ihn zu tun bat, wirkten nicht gerade
besonders sinnvoll.
Dennoch, es war besser, als das Land zu bebauen
oder den Wagen eines Kutschers zu fahren, und er
wusste, was sie taten, war wichtig, selbst wenn er die
Hälfte davon nicht verstand. Er mochte Tad und Zane wirklich, als wären sie seine Brüder – nein, die
Erinnerung an seine älteren Brüder und daran, wie
sie ihm regelmäßig eine verpassten, ließ ihn das noch
einmal ändern: Er mochte sie mehr als seine Brüder,
und Caleb war zwar nicht sein Vater, aber er behandelte Jommy genau wie die anderen.
Aber was machten sie hier im Süden von Olasko
bei diesem Soldatenspiel? Und weshalb wurde ein
Junge wie Grandy hierhergeschickt?
Er war sicher, dass es einen Grund gab, und er
nahm an, er hatte mit Kaspars Bemerkung vom Vortag zu tun, dass bald alle in den Krieg ziehen würden.
Dennoch, er, Tad und Zane stammten nicht einmal
aus Roldem, also wieso diese Armee? Warum jetzt?
Jommy schob seine Sorgen einen
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