Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 5
Wahrnehmung aus, streckte sie aus wie eine geheimnisvolle Ranke, die die Vibration des Raums berührte und den Unterschied
zwischen diesem Laden und dem Rest des Gasthauses wahrnahm. Einen Augenblick kam es ihm seltsam vertraut vor. Pug strengte sich an, es zu erkennen, dann wurde es ihm plötzlich klar: Es erinnerte
ihn an die Fallen, die für Tomas und ihn aufgestellt
waren, vor vielen Jahrzehnten, als sie nach Macros
dem Schwarzen suchten.
Pug starrte den Kaufmann an. »Ich suche Vordam
von den Ipiliac.«
Das Geschöpf, gekleidet in ein schlichtes graues
Gewand mit einer einfachen weißen Schnur um die
Taille, verbeugte sich leicht und erklärte: »Das bin
ich.«
Pug schwieg einen Moment, als er die Harmonien
der Vibrationen aufnahm, die er in jedem Zoll des
Ladens spürte. Und dann verstand er. Er sah Vordam
an und sagte: »Ihr seid ein Dasati!«
Sieben
Todesritter
Er riss das Schwert herab.
Fünfzig gepanzerte Reiter der Sadharin stießen ei
nen Schrei aus und schlugen sich mit stählernen
Handschuhen gegen die Brustharnische. Das Brüllen
hallte von der gewölbten Decke der alten steinernen
Halle der Prüfung wider, und die Holzsitze, die um
den sandbestreuten Boden standen, vibrierten.
Lord Arukes einziger überlebender Sohn blickte
auf den Mann hinab, den er gerade getötet hatte, und
einen Moment lang suchte ihn ein seltsamer Gedanke
heim: Was für eine Verschwendung. Er schloss kurz
die Augen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen, dann drehte er sich langsam um, um den Jubel
entgegenzunehmen.
Valko von den Camareen, der drei ernste Schnittwunden und eine unzählige Anzahl von blauen Flecken und kleineren Kratzern hatte, nickte vier Mal,
einmal zu jeder Gruppe von Reitern, die über ihm an
den vier Wänden saßen. Dann sah er den Krieger an,
den er getötet hatte, und nickte abermals; eine rituelle
Anerkennung eines heftigen Kampfes. Es war knapp
gewesen.
Er warf auch einen kurzen Blick zu dem Vater des
jungen Mannes, den er getötet hatte, und sah, dass
dieser ebenfalls jubelte, wenn auch ohne wirkliche
Überzeugung. Lord Keskos zweiter Sohn lag vor
Valkos Füßen: Hätte der Junge gesiegt, dann hätten
zwei überlebende Söhne Kesko große Ehre gemacht
und ihm einen höheren Platz bei den Langradin gesichert. Sein nun einziger anerkannter Sohn stand neben seinem Vater, und sein Jubel war echt; Valko
hatte einen möglichen Rivalen um Keskos Gunst getötet. Dann drehte sich Valko um und sah, wie zwei
Lakaien sein Varnin töteten, ein kastriertes männliches Tier, das er Kodesko genannt hatte, nach der
lauten Brandung an der Landspitze von Sandos ganz
im Westen des Besitzes seines Vaters, wo Sandos ins
Heplanische Meer vorstieß. Das Varnin seines Gegners war bei dem Kampf umgekommen, als Valkos
Schnitt eine Halsarterie durchtrennte. Tatsächlich
hatte dieser Streich Valko den Sieg geschenkt, denn
das schwächer werdende Varnin hatte die Aufmerksamkeit des Reiters einen kurzen Augenblick abgelenkt, und Valko hatte dem Mann die Wunde beibringen können, die schließlich den Unterschied
ausmachte.
Ein Heiler von der Halle der Behandler – ein Meister des ersten Rangs – eilte mit seinen Helfern zu
ihm, und sie begannen, sich um Valkos Wunden zu
kümmern. Valko wusste, dass er bald vom Blutverlust das Bewusstsein verlieren würde, wenn sie den
Blutfluss nicht stillten, aber statt Schwäche vor seinem Vater und den versammelten Reitern der Sadharin zu zeigen, schob er den Behandler weg und
wandte sich seinem Vater zu. Er setzte den schwarzen stählernen Helm ab, holte tief Luft und rief: »Ich
bin Valko, Sohn von Aruke aus dem Haus der Camareen!« Er brauchte all seine Kraft, um noch einmal
mit dem rechten Arm das Schwert über den Kopf
heben zu können, denn er hatte eine Schnittwunde
direkt unterhalb der Schulter, aber ihm gelang ein
akzeptabler Salut, bevor er das Schwert an die Seite
fallen ließ.
Sein Vater, der Herr der Camareen, stand auf und
deutete auf seinen Sohn, dann schlug er mit der behandschuhten Faust gegen seine gepanzerte Brust.
»Dies ist mein Sohn!«, rief er laut genug, dass alle
Versammelten es hören konnten.
Wieder taten die Reiter ihre Anerkennung kund,
ein knappes, tiefes »Ha!«, und dann drehten sie sich
wie ein einziger Mann um und verbeugten sich vor
ihrem Gastgeber. Valko wusste, dass ein paar der
Vertrauenswürdigsten bleiben und mit Aruke und
seinem Haushalt essen würden, aber die anderen
machten sich auf den Rückweg zu ihren eigenen Festungen, um sich nicht
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