Feist, Raymond - Krondor-Saga 3
diesen Ort heimsucht. Vielleicht können wir helfen. Wir haben unsere eigenen Gründe, warum wir wollen, dass es gebannt wird.«
Wieder herrschte längere Zeit Schweigen, dann erklang Nathans Stimme durch die Bretter: »Damit hättest du mich fast erwischt, du Monster!« Er lachte irre. »Ihr wollt herausfinden, wie viel ich über euch weiß, damit ihr einen Plan aushecken könnt, wie ihr mir beikommen könnt! Nun, ich werde nicht darauf hereinfallen.«
»James«, sagte Kendaric.
James winkte ihm zu, still zu sein. »Seht, Nathan, wenn Ihr nicht herauskommen wollt, dann müsst Ihr das auch nicht, aber wir müssen den Grund für all die Probleme herausfinden, von denen diese Gegend heimgesucht wird.
Wie meine Begleiterin schon gesagt hat, haben wir unsere eigenen Gründe, warum wir wollen, dass das alles endlich ein Ende hat. Wenn es diese ›Vampire‹, wie Ihr sie nennt, tatsächlich gibt, dann könnten sie auch für unsere Probleme verantwortlich sein, und dann werden wir uns um sie kümmern.«
»Dazu werdet ihr schon bald Gelegenheit haben!«, rief Nathan.
»James«, begann Kendaric erneut.
James wedelte wieder mit seiner Hand und sagte: »Nur noch eine Minute!«
Als er wieder mit Nathan sprechen wollte, spürte er, wie ihn jemand am Arm packte. Es war Kendaric, der ihn so herumdrehte, dass er jetzt auf den Pfad blicken konnte, der zum Haus führte. »James!«, rief der Gildengeselle. »Es sieht ganz so aus, als würden wir jetzt unsere Gelegenheit bekommen!«
Als die Sonne hinter dem Horizont versank, schienen am Rande des nahe gelegenen Waldes Schatten miteinander zu verschmelzen. Man konnte sehen, wie sich etwas in der Dunkelheit bewegte, und plötzlich erschienen dort, wo einen Augenblick zuvor nur leere Luft gewesen war, menschliche Gestalten.
James zog langsam sein Rapier. »Solon, Jazhara, ich wäre Euch für jede Art von Ratschlag überaus dankbar.«
Ein halbes Dutzend Gestalten kam von den nahe gelegenen Wäldern auf sie zu. Sie wirkten menschlich, wenn man von ihrer totenblassen Haut einmal absah – und den Augen, die rötlich zu leuchten schienen. Einige hatten klaffende Wunden am Hals, und ihr Gang war schwankend und unbeholfen.
Die vorderste Gestalt begann plötzlich zu sprechen.
»Nathan … komm zu uns … Wir vermissen dich so sehr …«
Jetzt erhoben auch die weiter hinten ihre Stimmen. »Du hättest bei uns bleiben sollen, Nathan. Es gibt keinen Grund, sich vor uns zu fürchten, Nathan.«
Mit immer größer werdender Abscheu erkannte James, dass es sich bei einer der Gestalten um ein Kind handelte –
ein kleines Mädchen, das allenfalls sieben Jahre alt sein mochte.
»Ich kann Euch nur einen einzigen Rat geben, mein Freund«, sagte Solon. »Wir müssen sie alle vernichten!«
Er hob seinen Kriegshammer und stapfte mit schweren Schritten auf die vorderste Gestalt zu.
Zwölf
Dunkle Magie
James schloss sich Solon an.
»Seid vorsichtig«, rief Jazhara ihnen hinterher. »Ihr könnt sie nur mit Feuer vernichten oder indem Ihr ihnen die Köpfe abschlagt!«
Kendaric blieb hinter der Magierin. Er hielt sein kurzes Schwert in der Hand, sah aber so aus, als wartete er nur auf die passende Gelegenheit, Hals über Kopf davonzurennen.
Jazhara stimmte eine Beschwörung an, senkte ihren Stab und deutete mit ihm auf die Gruppe näher kommender Kreaturen. Ein Ball aus grünem Feuer barst aus der Spitze ihres Stabes, zischte zu den Kreaturen hinüber und hüllte vier von ihnen in mystische Flammen. Sie heulten und zuckten und machten noch ein paar torkelnde Schritte, bevor sie zusammenbrachen.
Solon streckte eine Hand aus, die in einem Panzerhandschuh steckte, packte die kindliche Kreatur und stieß die kleine Gestalt nach hinten in die grüne Flamme.
Das zarte Wesen kreischte und zappelte und blieb dann reglos liegen.
»Möge Ishap dir Frieden schenken, mein Kind«, rief der Mönch. Er schwang seinen großen Kriegshammer gegen ein erwachsenes Wesen, zerschmetterte dem Ding die Schulter, doch es ging weiter auf ihn los, den verbliebenen Arm ausgestreckt, die Finger gekrümmt wie Krallen, bereit zu zerfetzen und zu zerreißen.
Solon landete einen Schlag mit der Rückhand, und sein Hammer grub sich in den Schädel der Kreatur. Sie stürzte zu Boden und wand sich im Dreck, doch obwohl ihr Schädel zur Hälfte zerschmettert war, versuchte sie immer noch, sich wieder zu erheben. Jazhara rannte zu dem Mönch und rief: »Tretet beiseite!« Er zog sich zurück, und sie senkte den Stab.
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