Feist, Raymond - Krondor-Saga 3
Nathans Haus?«, fragte Solon.
»Wenn Ihr die Tür aufmacht, seht Ihr genau auf die Straße, die darauf zuführt«, antwortete Lyle. »Ihr könnt es gar nicht verfehlen. Ihr kommt an zwei Läden vorbei, und danach ist es das erste Haus auf der linken Seite.«
»Wenn wir uns beeilen, haben wir noch genug Zeit«, sagte James.
Sie holten Kendaric und eilten zur Tür. »Seid bloß zurück, bevor die Sonne untergeht – sonst müsst Ihr die Nacht draußen verbringen!«, rief Bürgermeister Toddhunter ihnen hinterher, als sie hinausgehen wollten.
Nachdem sie das Gasthaus verlassen hatten, fragte Kendaric: »Warum tun wir das? Ich habe alles gehört.
Bluttrinker! Seid ihr jetzt alle verrückt geworden?«
»Glaubt Ihr denn, es könnte noch einen anderen Grund geben, warum Euer Spruch nicht gewirkt hat?«, fragte ihn James.
»Ich habe keine Ahnung, warum er nicht gewirkt hat«, musste Kendaric zugeben. »Aber Vampire? Die gibt es doch in Wirklichkeit gar nicht!«
»Ich hoffe, Ihr habt Recht«, sagte Solon. »Die heiligen Schriften sind eindeutig, was die lebenden Toten angeht.
Im Besonderen sind sie ein Gräuel für Lims-Kragma und für Ishap, weil sich diese Wesen über die natürliche Ordnung der Welt hinwegsetzen.«
»Ganz zu schweigen davon, dass sie ziemlich sicher versuchen werden, uns zu töten«, fügte James hinzu.
Kendaric warf einen Blick auf die untergehende Sonne und sagte: »Wir haben vielleicht noch eine halbe Stunde Zeit, Junker.«
»Dann sollten wir uns lieber beeilen«, erwiderte James.
Sie erreichten Nathans Haus binnen fünf Minuten, und selbst wenn Lyle ihnen den Weg nicht beschrieben hätte, wäre es leicht zu finden gewesen. Das kleine Haus – kaum mehr als eine Hütte – war rundherum verbarrikadiert. Alle Fenster waren mit dicken Brettern vernagelt; die Tür –
ganz offensichtlich die einzige Stelle, an der man ins Innere gelangen konnte – war fest verschlossen; die Spitzen von Nägeln, die um sie herum aus dem Holz ragten, deuteten darauf hin, dass sie von innen auf ähnliche Weise verstärkt war. Im roten Licht der tief stehenden Sonne wirkte das Häuschen beinahe verlassen, doch James konnte durch einen Spalt zwischen zwei Brettern einen flackernden Lichtschein sehen, der zweifellos von einer Laterne oder einem Herd stammte.
»Hallo, Ihr da im Haus!«, rief Kendaric von der vorderen Veranda aus, einer hölzernen Plattform, die dringend einmal ausgebessert werden musste. »Wir würden gerne mit Euch sprechen!«
Aus dem Innern des Hauses erklang eine Stimme.
»Verschwindet, ihr elenden Biester! Ihr werdet mich nie dazu bringen, mein Haus zu verlassen!«
»Hallo«, sagte James. »Ich bin Junker James, vom Hofe des Prinzen in Krondor.«
»Lasst mich in Ruhe, ihr blutrünstigen Dämonen! Ich durchschaue eure üblen Tricks!«
James warf Jazhara einen Blick zu und zuckte die Schultern.
Jetzt versuchte es Jazhara. »Ich bin die Hofmagierin des Prinzen. Wir brauchen Informationen über diese Kreaturen, die Euch Probleme bereiten. Wir können Euch vielleicht helfen!«
»Ah, das ist ja schlau, wirklich sehr schlau, in der Tat«, kam die Antwort. »Verschwindet endlich, ihr Seelen stehlenden Unholde!«
James schüttelte ratlos den Kopf. »Wie können wir Euch nur überzeugen, mein Freund?«
»Verschwindet!«
James wandte sich an Jazhara. »Vielleicht könnt Ihr ja mehr ausrichten.«
Solon mischte sich ein. »Lasst es mich mal versuchen.«
Er trat dicht an die verbarrikadierte Tür heran und brüllte:
»Im Namen des Mächtigen Ishap, des Einen, der Über Allen steht, fordere ich Euch auf, uns eintreten zu lassen!«
Diesmal blieb es längere Zeit still, doch schließlich gab Nathan Antwort. »Das ist gut. Ich habe nicht gewusst, dass ihr Blutsauger den Namen der Götter zitieren könnt! Und noch dazu mit diesem fürchterlichen Akzent der Zwerge.
Beinahe hättet ihr mich gekriegt!«
Solons Gesicht rötete sich vor Wut. »Das ist kein fürchterlicher Akzent der Zwerge, du schnatternder Blödmann. Ich bin in der Nähe von Dorgin aufgewachsen!«
James wandte sich an Jazhara. »Habt Ihr es bemerkt?
Sein Akzent wird schlimmer, wenn er sich aufregt.«
»Lasst es mich noch einmal versuchen«, sagte Jazhara.
Sie hob die Stimme. »Mein Herr, ich bin eine Magierin und könnte in Euer Haus eindringen, wenn ich das wollte, doch ich achte die Unverletzlichkeit Eures Hauses. Aber wenn Ihr uns schon nicht eintreten lassen wollt, dann sagt uns zumindest, was Ihr über das Böse wisst, das
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