Feist, Raymond - Krondor-Saga 3
Spitze traf Yusuf rechts in den Hals. Mit einem widerlichen gurgelnden Geräusch erstarrte der Spion. Dann verdrehte er die Augen, knickte in den Knien ein und stürzte zu Boden.
James zog seinen Degen aus dem Leichnam; als er sich umdrehte, bekam er gerade noch mit, wie Jazhara dem letzten Wachmann den Schädel zerschmetterte.
Der Mann stürzte zu Boden, und Jazhara wich ein Stück zurück; dabei blickte sie sich ständig um, ob noch weitere Gefahr lauerte. Als sie sah, dass nur noch James aufrecht stand, stützte sie sich auf ihren Stab, während sie versuchte, wieder zu Atem zu kommen.
James trat zu ihr. »Seid Ihr in Ordnung?«, fragte er.
Sie nickte. »Mir geht es gut.«
James schaute sich in dem Raum um. Kleiderballen waren umgestürzt und lagen jetzt überall herum, und viele von ihnen hatten blutige Flecken.
James stieß langsam die Luft aus. »Was für eine Sauerei.«
Zwei
Dunkle Pläne
James schob seinen Degen in die Scheide.
»Wo sind die Kinder?«
Jazhara schaute sich um; ihr Blick blieb an der Treppe hängen, die nach oben führte. »Ich werde dort oben nachsehen. Ihr könnt schauen, ob sie sich in dem Büro da aufhalten«, wies sie ihn an und deutete auf die Tür an der rückwärtigen Wand des Ladens.
James nickte, ein schwaches Lächeln lag auf seinen Lippen. Es hat sich anscheinend überhaupt nicht die Frage gestellt, wer hier die Befehle gibt, dachte er, während er sich daranmachte, ihre Anweisungen auszuführen. Aber schließlich war sie ja auch eine Prinzessin. Doch als er die Tür erreichte, fragte er sich, ob eine Hofmagierin im Rang tatsächlich über einem Junker stand.
Mit der Hand am Degengriff öffnete er die Tür – nur für den Fall, dass jemand hinter ihr lauern sollte. Er gelangte in ein kleines Büro, in dessen Mitte ein großer Schreibtisch stand. Zwei Lampen brannten und erleuchteten den Raum; an der gegenüberliegenden Wand stand eine große Kiste.
Sie war ganz offensichtlich nicht verschlossen, denn ihre Schließbänder hingen offen herab; allerdings hatte James zu viele harte Lektionen gelernt, um dem Augenschein blindlings zu vertrauen, und daher näherte er sich der Kiste überaus vorsichtig. Zuerst warf er einen Blick auf die Papiere, die auf dem Schreibtisch verstreut herumlagen; einige waren in einer keshianischen Schrift verfasst, die er kannte. Die meisten waren Bestellungen von gefärbten Stoffen. Auch ein paar Schriftstücke in der Sprache des Königreichs hatten etwas mit Geschäften zu tun. Dann entdeckte er zwei Dokumente in einer Schrift, die er nicht kannte.
Er untersuchte die Kiste gerade auf mögliche Fallen hin, als Jazhara im Türrahmen auftauchte. »Dieser Hund hat die Kinder tatsächlich in Käfige gesperrt«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
James drehte sich um und warf einen Blick durch die Tür. Hinter der Magierin stand ein Dutzend furchtsamer und stummer Kinder, alle zwischen fünf und zehn Jahren alt. Sie waren in schmutzige Lumpen gekleidet, und ihre Gesichter waren dreckverschmiert. James stieß einen langen Seufzer aus. Arme Kinder waren in Krondor nichts Ungewöhnliches; er war selbst ein solcher »Straßenjunge«
gewesen, bevor er ein Dieb geworden war. Aber Kinder systematisch zu missbrauchen war keine Praxis, die im Königreich als normal galt. »Was sollen wir mit ihnen machen?«
»Was war das noch für ein Ort, von dem Ihr vorhin gesprochen habt?«
»Das Zeichen des Gelben Schildes. Das ist ein Waisenhaus, das die Prinzessin und der Orden von Dala gemeinsam gegründet haben.«
Eines der Kinder wich ein Stück zurück, als der Name des Waisenhauses fiel, und James erinnerte sich daran, wie Nita reagiert hatte. »He, Junge – warum erschreckt dich das so sehr?«, rief er in den großen Raum.
Der Bursche schüttelte einfach nur den Kopf. Sein Gesichtsausdruck verriet große Angst.
Jazhara legte dem Jungen beruhigend eine Hand auf die Schulter. »Es ist schon in Ordnung. Niemand wird dir etwas tun. Warum hast du solche Angst?«
Ein Mädchen, das ein Stück weiter hinten stand, meldete sich zu Wort. »Diese Männer haben gesagt, dass sie vom Gelben Schild sind und dass wir etwas zu essen kriegen, wenn wir hierher kommen.«
James richtete sich auf, verließ das Büro und drängte sich an Jazhara vorbei zu der Stelle, wo der erste Wächter in einer Blutlache lag. Er wandte sich an einen der älteren Jungen. »Lauf nach draußen und hol jemanden von der Stadtwache her. Zwei Straßen weiter, bei der Schenke der
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