Feist, Raymond - Krondor-Saga 3
gut daran getan, unseren jungen Freund nach draußen zu schicken. Ein Adliger aus dem Königreich bedeutet Komplikationen. Weiß er von der Position Eures Onkels?«
Jazhara lächelte. »Als Gouverneur der Jal-Pur – oder als Leiter des keshianischen Spionage-Netzes im Norden?«
»Letzteres, natürlich.«
»Er hegt vielleicht einen Verdacht, aber es geht jetzt nicht darum, was er weiß. Es geht um diesen Ort hier.
Stimmt das, was uns das junge Mädchen erzählt hat?«
»Die kaiserliche Schatzkammer erweist diesem Unternehmen nicht unbedingt die nötige Unterstützung«, sagte Yusuf. »Ich muss meine Mittel selbst ergänzen. Dieser Laden hier ist sehr erfolgreich, und zwar in erster Linie deshalb, weil die Arbeit fast nichts kostet.« Er bemerkte ihren missbilligenden Gesichtsausdruck und fuhr fort: »Ihr überrascht mich. Von einer Großnichte Hazara-Khans hatte ich erwartet, dass sie, statt fehlgeleiteten moralischen Ansprüchen zu folgen, in praktischen Kategorien denkt.
Schließlich ist die Täuschung das wichtigste Handwerks-zeug unserer Kunst. Was ich hier tue, hilft mir, meine Arbeit gut zu machen.«
»Dann hatte das Mädchen also Recht. Weiß mein Großonkel davon?«
»Ich habe mir nie die Mühe gemacht, ihn mit den Einzelheiten dieses Unternehmens zu belasten – das heißt also nein. Aber er weiß meine Ergebnisse zu schätzen. Und jetzt, da Ihr hier seid, werden sie noch viel besser werden!«
»Was meint Ihr damit?«
»Es ist wohl bekannt, dass Ihr Euch mit Eurer Familie zerstritten und Euch entschlossen habt, in Stardock die magischen Künste zu studieren. Nur die Macht Eures Großonkels hat Euch vor jenen Mitgliedern des Kaiserlichen Hofes geschützt, die Euch für ein mögliches Risiko gehalten haben. Jetzt ist es an der Zeit, dass Ihr erwachsen werdet und Euch Eurer Verantwortung stellt. Ihr seid ein Kind des Kaiserreichs, eine Bürgerin von Groß-Kesh. Eure Loyalität muss dem Kaiserreich gehören.«
»Meine Loyalität gehört genauso diesem Hof und dem Prinzen. Ich bin die Hofmagierin, die Erste, die auf diesen Posten berufen wurde.«
Yusuf musterte das Gesicht der jungen Frau.
»Manchmal sind Blutsbande wichtiger als die Bande, die durch leere Worte geformt werden.«
»Ich bin keine Spionin!«
»Aber Ihr könntet eine werden«, erwiderte Ben Ali.
»Arbeitet für mich. Bringt mir die Geheimnisse von den Lippen der Höflinge von Krondor, und macht Eure Familie stolz!« Sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich. »Oder macht so weiter wie bisher, und bringt Schande über Euer Land und Eure Familie. Euer Großonkel kann Euch nur begrenzten Schutz gewähren, wenn Ihr Arutha den Eid schwört.« Er machte eine kurze Pause, ehe er hinzufügte:
»Dies sind harte Entscheidungen, Jazhara. Doch Ihr seid jetzt gewachsen, daher müsst Ihr diese Entscheidungen selbst treffen. Aber Ihr solltet eines bedenken: Wie Ihr Euch auch entscheiden mögt – die Entscheidung wird Euch für immer verändern.«
Jazhara schwieg einige Zeit. Es schien, als würde sie über die Worte des Händlers nachdenken. Schließlich sagte sie: »Eure Worte sind hart, Yusuf, doch Eure Taten haben mir gezeigt, wem meine wahre Loyalität gilt.«
»Dann werdet Ihr mir also helfen?«
»Ja. Ich werde das, was mein Großonkel mich gelehrt hat, und die Ideale meines Landes in Ehren halten.«
»Hervorragend! Aber jetzt solltet Ihr gehen, damit Euer Freund keinen Verdacht schöpft. Kommt wieder zu mir, wenn Ihr Euch am Hofe des Prinzen eingelebt habt, dann werden wir beginnen.«
Sie nickte und machte sich auf den Weg zur Tür. Als sie an den immer noch arbeitenden Kindern vorbeikam, schaute eines davon zu ihr auf, und sie sah, dass die Augen aufgrund des Schlafmangels völlig leer dreinblickten.
Auch Furcht sah sie in diesen Augen aufflackern. Als sie die Tür erreichte, warf sie über die Schulter einen Blick zurück zu dem grinsenden Spion und den drei Wachen, die nicht weit von ihm entfernt standen.
James wartete am Ende der Gasse. »Und?«, fragte er, als sie zu ihm trat.
»Yusuf ist ein Spion. Er arbeitet für meinen Großonkel.«
James konnte seine Überraschung nur mühsam verbergen. »Ich weiß nicht, was mich mehr erstaunt: dass er das ist, was Ihr sagt – oder dass Ihr es mir gesagt habt.«
»Als ich den Hof meines Vaters verlassen und meine Ausbildung in Stardock begonnen habe, habe ich meine Loyalität gegenüber Groß-Kesh beiseite geschoben. Was mein Großonkel tut, tut er um des Kaiserreichs willen.«
Sie
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