Feist, Raymond - Krondor-Saga 3
gestorben ist. Zwei von ihnen hatten dunkle Gewänder an und sind die Wand hoch- und in sein Zimmer geklettert, oh, ja.«
»Nachtgreifer«, sagte James. »Sie wollten zurückkommen, Thom, aber wir haben sie erwischt, bevor sie dich finden konnten.«
»Ihr seid ein guter Bursche, wirklich. Ich danke Euch.«
»Ist schon in Ordnung«, sagte James lächelnd. »Hast du sonst noch etwas gesehen?«
»Tja, also, bevor die Kerle mit den dunklen Kleidern reingegangen sind, haben sie ein Stück weiter vorn in der Straße mit jemandem gesprochen.«
»Hast du gesehen, wer das war?«, fragte Jazhara.
»Tja, also der alte Thom hat ihn nicht so richtig sehen können – nur, dass er die Farben der Gilde getragen hat.«
»Hat er einen Halsreif getragen?«, fragte James.
»Ja, dieses bunte Ding, das ein paar von ihnen um den Hals tragen.«
»Könnte es vielleicht Kendaric gewesen sein?«, fragte Jazhara.
»Ah, Ihr meint den Burschen, mit dem sich der alte Gildenmeister immer gestritten hat«, sagte der alte Thom.
»Ich habe ihn in der Nacht gesehen, als der Meister getötet wurde, ja, da habe ich ihn gesehen. Er hat das Gildenhaus in dieser Nacht früh verlassen und ist nie mehr zurückgekommen.«
»Könnte Kendaric derjenige gewesen sein, der mit den Nachtgreifern gesprochen hat?«, fragte James noch einmal.
»Er könnte es gewesen sein«, erwiderte der alte Thom.
»Aber vielleicht auch nicht. Als er gegangen ist, hat er die Farben der Gilde jedenfalls nicht getragen.«
James erhob sich aus seiner knienden Position, blieb aber in der Hocke. »Es gibt nur zwei andere Männer, die die Gildenfarben tragen würden: der Meister und Jorath.
Heute Nacht ist das Haus der Gilde geschlossen, aber ich glaube, wir werden dem Gesellen Jorath morgen noch einmal einen Besuch abstatten.«
James fummelte in seiner Börse herum und brachte zwei Goldmünzen zum Vorschein. Er gab sie dem alten Thom und sagte dabei: »Besorg dir was Vernünftiges zu essen und eine warme Decke, alter Freund.«
»Danke, mein Sohn«, sagte der alte Fischer. »Der alte Thom dankt Euch.«
James und Jazhara ließen den alten Mann in seiner Kiste zurück und kehrten auf die großen Straßen der Stadt zurück.
Als der Morgen dämmerte, befanden sich James und Jazhara einmal mehr im Büro der Wrack-Gilde; doch dieses Mal war alles sehr viel ruhiger als am Tag zuvor.
Als sie das Gildenhaus betraten, fanden sie Jorath im Hauptbüro; er las gerade ein paar Dokumente. Er schaute auf und sagte: »Was, ihr schon wieder?«
»Wir hätten da noch ein paar Fragen, Geselle«, sagte James.
»Nun gut.«
»Wir haben ein paar Dinge aufgedeckt, aber ganz offensichtlich wird in dieser Sache keine Ruhe einkehren, solange wir den Gesellen Kendaric nicht gefunden haben.
Was könnt Ihr uns über ihn sagen?«
»Er ist der älteste Geselle der Gilde gewesen«, sagte Jorath, »der einzige, der älter war als ich. Es gibt noch zwei andere, aber beide halten sich zurzeit nicht in der Stadt auf. Kendaric war ein Mann, der über ungewöhnliche Talente verfügt hat, und er hätte der Beste von uns werden können, vielleicht sogar der nächste Gildenmeister.
Unglücklicherweise war er aber auch gierig und arrogant, was möglicherweise daran lag, dass er zum Teil keshianischer Abstammung war.«
Jazharas Miene blieb ungerührt, aber James sah, dass ihre Knöchel weiß wurden, als sie ihren Stab fester umklammerte.
»Glaubt Ihr wirklich, dass seine Abstammung dabei eine Rolle spielt?«, fragte James mit ruhiger Stimme.
»Allerdings«, erwiderte Jorath. »Er ist schon immer arrogant gewesen, aber seit er seine Beziehung zu einem Mädchen aus dem Königreich aufgeben musste, hat er es auf uns alle abgesehen. Die Eltern wollten nicht, dass ihre Tochter einen Keshianer heiratet wer könnte ihnen das auch verübeln?«
»Eure offensichtlichen Vorurteile gegenüber Keshianern kränken mich, Gildenmann«, sagte Jazhara.
Jorath neigte leicht den Kopf. »Lady, ich bin kein Fanatiker, aber als Gelehrter mit gewissen Fähigkeiten kann ich Euch sagen, dass Keshianer – und vor allem Mischlinge – grundsätzlich nicht in der Lage sind, ihre Gefühle zu beherrschen.«
Jazhara beugte sich vor. »Als gerade erst berufene Hofmagierin von Krondor und als Großnichte von Abdur Rachman Memo Hazara-Khan, Botschafter von Groß-Kesh am Hofe des Prinzen, kann ich Euch versichern, dass Ihr da einem schwerwiegenden Irrtum unterliegt«, sagte sie mit einem eisigen Lächeln. »Wenn ich nicht dazu in der
Weitere Kostenlose Bücher