Feist, Raymond - Krondor-Saga 3
Priester wandte sich erneut an James. »Der Tempel schätzt sich glücklich, dass er der Krone helfen konnte, aber es wäre gut für uns alle, wenn Ihr Euch wieder der gefährlichen Aufgabe zuwenden würdet, die Ihr zu erfüllen habt, Junker.«
»Wir hatten eigentlich heute Morgen aufbrechen wollen, aber die Dinge haben sich ungünstiger entwickelt, als mir heb gewesen wäre. Wir werden uns so bald wie möglich auf den Weg machen.«
Der Priester nickte mit ausdrucksloser Miene. »Bruder Solon wird morgen bei Anbruch der Dämmerung am Tor auf Euch warten.« Er drehte sich um und verließ den Raum, gefolgt von den beiden Mönchen.
James seufzte. »Arutha wird nicht sehr erfreut sein, wenn wir noch länger aufgehalten werden.«
»Wir haben nur noch eine Sache zu erledigen, dann können wir gehen«, sagte Jazhara.
»Wir müssen Kendaric finden«, sagte James. »Und ich glaube auch, ich weiß, wo wir mit unserer Suche beginnen sollten.«
Das »Goldene Zauberbuch« war ein bescheidener, aber gut ausgestatteter Laden. Es war eine Art Heilmittel-Geschäft, aber Jazhara erkannte sofort, dass viele Krüge und Schach-teln Ingredienzen enthielten, deren sich auch Magier bedienten. Eine verschlafen aussehende junge Frau hatte sie hereingelassen, aber erst, als James ihr nachdrücklich klargemacht hatte, dass sie im Auftrag des Prinzen unterwegs waren. »Was wollt Ihr?«, fragte sie, als sie im Laden standen. Misstrauen schwang in ihrer Stimme mit.
James schaute sie an. Das muss Morraine sein, dachte er, die Frau, mit der Kendaric verlobt gewesen war. Sie war schlank, hatte ein schmales Gesicht und war auf eine bestimmte Weise durchaus hübsch. James war jedoch überzeugt, dass sie noch viel anziehender aussehen musste, wenn sie erst einmal richtig wach und ordentlich gekleidet war.
James zog die Muschel aus der Tasche und zeigte sie ihr. »Könnt Ihr uns sagen, was das hier ist?«
Morraine zog die Augenbrauen hoch. »Legt es bitte dorthin.« Sie deutete auf ein Stück grünen Filz auf der Theke, neben dem eine Laterne brannte. James folgte der Aufforderung, und sie studierte die Muschel sorgfältig.
»Das ist eine Muschel von Eortis, da bin ich mir sicher. Sie hat ein mächtiges magisches Potenzial. Es heißt, dass nur wenige davon existieren. Sie ist von unschätzbarem Wert für einen Kapitän oder jeden anderen, der über die Meere reist.« Sie schaute James an. »Wo habt Ihr sie her?«
James bewunderte die Fähigkeit der jungen Frau, ihre Beherrschung zu bewahren. Sie wäre sicherlich eine gute Spielerin, dachte er im Stillen. »Ich bin mir sicher, dass Ihr ganz genau wisst, wo wir sie gefunden haben, Morraine«, sagte er.
Morraine hielt seinem Blick einen Moment lang stand, dann senkte sie den Kopf. Sie wirkte nicht überrascht, dass James ihren Namen kannte. »Ihr habt sie von Kendaric.
Wir waren einige Zeit ein Paar, aber meine Familie hat uns eine Heirat untersagt. Ich habe sie ihm geschenkt. Sie war mein wertvollster Besitz.« Dann fügte sie beinahe trotzig hinzu: »Ich habe ihn schon seit langer Zeit nicht mehr gesehen.«
James lächelte. »Ihr könnt mit dem Lügen aufhören. Ihr macht das nicht besonders gut. Kendaric ist unschuldig, und wir haben Beweise dafür. Geselle Jorath hat den Gildenmeister töten lassen, um zu verhindern, dass seine Unterschlagungen von Gildengeldern ans Tageslicht kommen.«
Die Frau sagte nichts; nur ihr Blick wanderte von einem Gesicht zum anderen. »Ihr könnt uns glauben«, sagte Jazhara. »Ich bin Jazhara, die Hofmagierin des Prinzen, und dies ist James, sein persönlicher Junker. Wir benötigen Kendarics Anwesenheit für einen höchst schwierigen Auftrag, den wir im Namen der Krone durchführen müssen.«
»Kommt mit«, sagte Morraine leise. Sie nahm die Laterne vom Tresen und führte sie zu einer Wand, an der mehrere Regale voller Bücher standen.
Jazhara warf einen Blick auf die Titel und sah, dass viele von ihnen Kräuterbücher und Fibeln für die Herstellung von Arzneimitteln und Heilgetränken waren; einige befassten sich allerdings auch mit magischen Dingen. »Wenn ich einmal Zeit habe, sollte ich noch mal hierher kommen«, murmelte sie.
Morraine nahm einen großen Band herunter, und das ganze Regal glitt beiseite und enthüllte eine nach oben führende Treppe, die bisher verborgen gewesen war.
»Diese Treppe führt zu einer Geheimkammer auf dem Dachboden«, sagte sie.
Sie führte sie die Stufen hinauf und in einen winzigen Raum, der kaum Platz für ein
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