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Feldpostnummer unbekannt

Feldpostnummer unbekannt

Titel: Feldpostnummer unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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entgegnete Frau Kleebach höflich, »kommen Sie doch bitte mit in die Wohnung.«
    »Die Sache ist die«, begann der Hoheitsträger dann, »wir veranstalten einen bunten Abend für die Verwundeten, vielleicht besitzen Sie noch ein überflüssiges Buch, oder sonst ein Geschenk …«
    Mutter Kleebach überlegte. Thomas hatte ein paar Schachteln Zigaretten im Urlaub hinterlassen, damit sie sich Lebensmittel eintauschen konnten. Aber sie waren ja jetzt allein, und das Essen ist ohnedies nicht mehr so wichtig, und sicher wäre es im Sinn ihres Ältesten, wenn Rosenblatt die Zigaretten an die Verwundeten weiterleitete.
    Sie übergab ihm ein Päckchen.
    »Oh«, sagte Pg. Rosenblatt, »Zigaretten, zwanzig gleich und noch dazu englische …«
    »Beutegut von meinem Ältesten«, antwortete Vater Kleebach. Dann bot er dem Hoheitsträger selbst aus einer angebrochenen Packung eine an.
    »Schmeckt prima«, lobte Rosenblatt, »nach dem Krieg rauchen wir auch keine Sondermischung mehr …« Er verschluckte sich und hustete. »Und wie geht es Ihnen sonst, Frau Kleebach«, fragte er mechanisch.
    »Ach, ja«, erwiderte sie. »Sie wissen doch … wenn man vier Jungen unter den Soldaten hat …«
    Arthur Kleebach erschrak. Er wandte sich ab, und sah zum Fenster hinaus.
    »Drei haben uns ja gerade geschrieben«, fuhr Maria Kleebach mit einem zaghaften Lächeln fort, »aber von Fritz haben wir seit vielen Wochen nichts mehr gehört …«
    Der Ortsgruppenleiter hielt den Kopf schief.
    »Fritz?« fragte er betroffen, »ist das der Flieger?«
    »Aber ja …«
    »Aber der ist doch …« Rosenblatts Augen suchten Arthur Kleebach, der ihm verzweifelt ein Zeichen gab, das er nicht begriff.
    Die Stille war unwirklich, gespannt; die nächsten Sekunden geisterten lautlos wie auf Filzsohlen durch den Raum. Von den drei Menschen, die sich gegenüberstanden, wußte nur einer, um was es ging. Aus, dachte Arthur Kleebach: er glaubte zu hören, wie der Lüge, die er als Schutz um seine herzkranke Frau aufgebaut hatte, die Luft ausging. Er war ausgebrannt und in diesem Moment bereit, aufzugeben.
    »Ja«, sagte Maria Kleebach leise zu Pg. Rosenblatt, »Sie kennen doch unseren Fritz?« Sie lächelte wund. »Nur wir konnten ihn von Gerd unterscheiden … so ähnlich waren sich die Zwillinge … und jetzt schon seit über sechs Wochen keine Nachricht von ihm … keine Post, nicht eine Zeile …«
    Sie schwieg und betrachtete den Boden. Pg. Rosenblatt spürte einen Druck in der Kehle und schluckte. Er betrachtete Arthur Kleebach, und jetzt begriff er auch die beschwörenden Gesten des Mannes, der nun wieder zu wachsen schien, dessen Gesicht hart und kalt wirkte; Arthur Kleebach hatte begriffen, daß er nicht kapitulieren würde. Jetzt nicht, und morgen nicht, und daß er sich der Gefahr dieses dummen Zufalls zu stellen hatte.
    »Warten Sie«, sagte er im geschraubten Ton, »wenn es um unsere Landser geht …«, er sprach jetzt mühevoll, fast keuchend, »ich hab' doch noch irgendwo zwei Zigarren …«
    Er ging auf den kleinen Rauchtisch zu. Es waren noch drei Stumpen in einer Packung. Er gab dem Ortsgruppenleiter alle drei. Pg. Rosenblatt nahm sie erschrocken; er wirkte wie ein gestellter Einbrecher und lächelte töricht. Er wußte, daß ihn der Postbeamte nur ablenken wollte.
    »Und dann muß ich Sie noch sprechen, Ortsgruppenleiter«, setzte Kleebach mit heiserer Hast hinzu. »Maria«, fragte er gewollt lebhaft, »machst du uns rasch eine Tasse Kaffee?«
    Auch sie erkannte jetzt das unnatürliche Verhalten ihres Mannes. Sie betrachtete ihn verwundert, aber ohne Argwohn. Maria war nicht mißtrauisch, aber sie spürte wieder die dumpfe Beklemmung, die längst zu ihrem ständigen Begleiter geworden war. »Natürlich«, antwortete sie und ging in die Küche.
    Die beiden Männer warteten, bis sich die Türe hinter ihr geschlossen hatte.
    »Sie haben …«, begann Pg. Rosenblatt dann erregt.
    »Nicht hier …«, versetzte Kleebach zwingend. »Bitte«, sagte er dann leise.
    »Ihre Frau weiß nichts von der Vermißtenmeldung?«
    Arthur Kleebach nickte.
    »Ich kann das nicht dulden«, entgegnete der Ortsgruppenleiter. Seine Augen wichen Kleebach aus.
    »Bitte.«
    Der Hoheitsträger nickte mechanisch. Auch er konnte einen Aufschub gebrauchen. Die beiden Männer schwiegen verbissen. Sie tranken Bohnenkaffee, eine seltene Köstlichkeit im Krieg, aber er schmeckte nach Chlor und Sorge.
    »Mutter«, sagte Arthur Kleebach dann, »ich begleite Herrn

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