Feldpostnummer unbekannt
bitten, meine schlechte Handschrift zu verzeihen. Ich schreibe Euch bald ausführlich, nehmt für heute diese Zeilen in Empfang, nur damit Ihr Euch keine unnötige Sorge um mich macht …«
Arthur Kleebach spürte einen Druck im Magen und ein Zittern in der Hand. Im flackrigen Kerzenlicht verwischten sich die Buchstaben. Er fuhr sich über die Augen und prüfte noch einmal die Schrift. Dann setzte er hinzu: »In Gedanken bin ich immer bei Euch, und ich komme ja bald wieder. Euer Fritz.«
Der Brief war fertig. Arthur Kleebach auch. Er ließ den Kopf auf die Arme sinken, und einmal erlaubte er sich den Luxus eigenen Leids. Als ihm das Wachs der Kerze in den Nacken tropfte, schüttelte er den Weinkrampf ab. Er wartete noch ein paar Minuten, um sein Gesicht zu ordnen, bevor er zu Maria ging.
Er verbrachte den nächsten Vormittag in fiebriger Spannung. Mit dem Gang durch sein Revier war er fast eine Viertelstunde früher fertig als sonst. Was jetzt kam, hatte er in Gedanken hundertmal geübt.
Maria sah ihm vom Fenster aus entgegen, und Arthur Kleebach winkte ihr von weitem zu. Er hastete die Treppe hoch. Sie stand in der offenen Tür, ein ungläubiges, wie hingetupftes Lächeln im Gesicht.
»Ja«, sagte er mit kurzem Atem, »ich hab' den Brief schon aufgemacht …«
Maria nahm ihn entgegen, und während sie las, zitterte das Blatt. Arthur Kleebach stand daneben und betrachtete seine Frau ängstlich von der Seite. Sie war viel zu beglückt, um argwöhnisch zu sein. Und sie las und las, während der Geruch des verbrannten Essens durch die Wohnung zog. Arthur stand daneben, gewürgt von der Ungeheuerlichkeit, die er verübt hatte.
Aber als er in Marias nasse Augen sah, wußte er, daß er ein Recht auf diesen Frevel hatte …
Panzerleutnant Thomas Kleebach meldete sich bei seinem neuen Abteilungskommandeur und spürte die Antipathie auf den ersten Blick. Major Schreyvogl sah aus wie ein abgehackter Riese, hatte eine feuchte Aussprache und einen politischen Zungenschlag. Es ging ihm der Ruf voraus, daß er ein hauptamtlicher HJ-Führer und ein sturer Kommißhengst sei, was ihn zu einer Rarität auf Rommels Kriegsschauplatz machte.
»Sie sind also der Held des Regiments?« begrüßte ihn der Kommandeur ironisch.
»Wie Herr Major meinen«, sagte Leutnant Kleebach unbeteiligt.
»Lassen Sie gefälligst die Anrede in der dritten Person!« wies ihn Major Schreyvogl heftig zurecht. »In meiner Abteilung gibt es keinen feudalen Zopf, kapiert?«
»Jawohl, Herr Major.«
Der Kommandeur rauchte, ohne Thomas eine Zigarette anzubieten. Er betrachtete ihn von Kopf bis Fuß; das Ritterkreuz, das er selbst nicht hatte, schien ihn zu stören. »Ich habe ja nichts gegen Tapferkeitsoffiziere«, sagte er dann, »aber ich weiß nicht, ob Sie schon weit genug sind, um eine Kompanie zu führen.« Er blies den Rauch aus, als ob er ihn ausspuckte. »Mißverstehen Sie mich nicht, Kleebach … ich will Ihnen ja nichts von Ihrer Tat wegnehmen … aber ich überlege mir, ob ich Sie nicht doch noch auf eine Kriegsschule kommandieren soll, damit man Ihnen auch die Regeln der Taktik beibringt.«
Thomas Kleebach lächelte beinahe mitleidig. »Herr Major«, entgegnete er dann träge, »die Taktik des Wüstenkriegs lernt man auf keiner Kriegsschule.«
»Ach nee«, versetzte Major Schreyvogl, »Sie haben wohl die Weisheit mit dem Löffel gefressen, was?«
Ein Ordonnanzoffizier brachte eine Akte mit Unterlagen. Während sie der Kommandeur las, ließ er den Leutnant einfach stehen. Schließlich hob er den Kopf. »In acht bis zehn Tagen beginnt hier der Zauber … es ist wohl klar, daß meine Einheit als erste in Kairo einmarschiert.«
»Jawohl, Herr Major«, antwortete Kleebach melancholisch und dachte: armer Idiot! Er dachte an Sollum, an Tobruk, an El Alamein, er dachte an endlose Entfernungen, an riesige Nachschubwege, und er wußte, daß diesem Anfänger nach dem Sprit auch noch die Luft ausgehen würde.
»Bis dahin nehmen Sie Ihre Leute ordentlich her!« befahl Schreyvogl. »Die Kerle sollen nicht verweichlichen … was machen Sie eigentlich mit Ihrer Kompanie?«
»Solange nichts los ist, die übliche Beschäftigungstherapie, Herr Major.«
»Gibt's bei mir nicht!« knurrte Schreyvogl, »nicht bei mir! … Kein Wohlleben, Herrschaften! Schliff! Drill! Zucht!« Er holte Luft und setzte hinzu: »Und dann auch weltanschauliche Schulung … das Programm der Partei. Jugendfrage et cetera pp … Kleebach, ich erwarte
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