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Feldpostnummer unbekannt

Feldpostnummer unbekannt

Titel: Feldpostnummer unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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sähen. Und als eine weitere Viertelstunde verstrich, ohne daß was geschah, ließ der Kommandant eine Schallplatte auflegen und Rum ausgeben.
    Den Männern wurde warm. Ihre Lungen saugten sich mit der verbrauchten Luft voll. Sie rochen nicht den Mief im Boot, sie atmeten schwer und beglückt, als ob sie durch die verwirrende Lockung des Frühlings schritten.
    Dieser graue Wolf der Meere hatte etwas gehabt, was wichtiger ist als alle Tüchtigkeit und Tapferkeit zusammen: Glück. Das U-Boot war der Falle entkommen. Wieder einmal. Noch einmal …
    Die Zigarette schmeckte wieder, und die Zunge hing nicht mehr wie ein ausgepreßter Waschlappen im Mund. Der Maat, an den Achim Kleebach geraten war, legte verächtlich seinen Tauchretter beiseite, und der Pimpf nahm sich vor, seinen Eltern in allen Einzelheiten zu schildern, wie er davongekommen sei. Sein Lebenswille blähte sich so sehr, daß er selbst die Schwellung an seiner Handkante nicht mehr spürte.
    Das U-Boot war aus dem Gröbsten heraus; jetzt griff es nicht mehr an, es flüchtete. Sein Kommandant war ein schlauer Fuchs und ein zäher Bursche. Er rechnete sich aus, daß die Engländer ihn im nördlichen Operationsraum suchen würden, und schlich deshalb auf Südkurs weiter.
    Nachts tauchte das Ungetüm auf. Die Luft roch nach Land, nach Küste. Der Kaleu sah eine Chance, die vier überflüssigen Fresser loszuwerden, und entschloß sich, sie mit einem Schlauchboot an Land zu setzen. Er ging so dicht wie möglich an die Küste heran, und suchte sie mit dem Glas ab. Die Nacht war finster und kalt, der Abschied kurz und knapp.
    »Na, ihr Helden«, sagte der Kaleu und reichte den Geretteten die Hand. Da in Landnähe wilder Funkverkehr herrschte, beging er keinen Selbstverrat, wenn er das geplante Manöver durch Funkspruch meldete.
    Der Kommandant drängte auf Beeilung, aber es gab doch noch eine Verzögerung, weil die meisten U-Boot-Leute den Ausgesetzten noch einen rasch zusammengekritzelten Feldpostbrief mitgeben wollten.
    Dann klappte es. Es ging ganz rasch. Achim stand mit den drei Kameraden auf afrikanischem Boden, hörte zum erstenmal die Hyänen schreien, und spürte die Kälte der Wüstennacht. Die grobe Marschrichtung hatte ihnen der Kaleu noch mitgegeben, und so tippelten sie darauf los. Irgendwo stießen sie auf einen Doppelposten und erkannten ganz deutlich die deutschen Stahlhelme.
    »He, Kumpel!« brüllte Achim.
    Der Landser fuhr herum, MP im Anschlag.
    Mit rudernden Armen gingen die vier auf ihn zu. Mit erhobenen Händen wurden sie zum Kommandogefechtsstand zurückgeführt. Der Wachhabende wollte kein Risiko eingehen und verständigte die Feldgendarmerie. Die Kettenhunde, die sie abholten, benahmen sich, als ob sie mindestens Deserteure, wenn keine Saboteure vor sich hätten.
    Noch eine Vernehmung, dann hatten es die vier geschafft. Der inzwischen entschlüsselte Funkspruch des U-Boots bestätigte ihre Aussage. Ein Transportoffizier nahm die vier in Empfang. »Das sind die Reste vom Konvoi A X 27«, kommentierte er sarkastisch. »Der General wird sich kratzen.«
    Die letzten Vier erhielten eine neue Ausrüstung und zwei Tage Sonderurlaub in der Etappe.
    Ihre Rettung hatte sich schnell herumgesprochen und sie gewissermaßen berühmt gemacht, denn von Schiffsuntergängen hörte man hier jeden Tag, aber Überlebende traf man selten. So mußten sie hundert Hände schütteln und ein Dutzend Schnäpse trinken. Die Bewunderung der anderen war für Achim Kleebach wie ein Spiegel, in dem er sich endlich richtig sah, und gänzlich vergaß, was er mit seiner Grußhand angerichtet hatte.
    Er wußte noch nichts von Afrika; aber die Khaki-Uniform fand er schick. Und überhaupt hier alles bombig und pfundig. Er beobachtete Landser, die ihre Offiziere lässig grüßten, ohne daß sie deswegen angebrüllt wurden. Er bemerkte Kameraden, die sich im offenen Kübelwagen sonnten, er hörte kein Trillerpfeifen, und er sah auch keine Rekruten den Sand auffressen. Er fand das alles faszinierend, wenn auch die Disziplin seiner Meinung nach etwas zu lax war. Am meisten jedoch begeisterte ihn das Strandbad, das er erst am zweiten Tag entdeckte. Die halbe Etappe lag im Sand, über den sich ein strahlender Himmel wie auf einer Kitschpostkarte wölbte. Achim wollte nach links gehen, aber die anderen drei waren auf Draht, und zogen ihn auf die rechte Seite, wo sich drei Mädchen in knappen, modischen Badeanzügen sonnten, als spielte die Wüstenschlacht zur Abwechslung einmal Côte

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