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Feldpostnummer unbekannt

Feldpostnummer unbekannt

Titel: Feldpostnummer unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Feind und spielte, solange sie noch halbwegs mit Munition und Sprit versorgt war, Feuerwehr. Sie hatte mehr als die Hälfte ihrer Panzer verloren. Die Männer waren abgekämpft und ausgezehrt, und das von Major Schreyvogl geführte Bataillon verfügte nicht einmal mehr über die Kampfkraft einer Kompanie.
    Einmal war Thomas Kleebach mit seiner Einheit für zwei Stunden in englische Gefangenschaft geraten. Ein versprengtes Krad-Schützen-Bataillon, das Rommel längst aufgegeben hatte, haute ihn wieder heraus.
    Jetzt war Lagebesprechung bei Major Schreyvogl. Die Lage war beschissen, und zu besprechen gab es gar nichts mehr. Die Parole konnte höchstens heißen: Die Beine in die Hand nehmen und nichts als zurück, auf eine neue improvisierte Verteidigungslinie. Links und rechts von den Offizieren krepierten Granaten im Sand. Die Befehlsausgabe fand vorwiegend im Liegen statt.
    »Und nun zu Ihnen, Kleebach«, sagte der Kommandeur. Seine Finger wanderten auf der Karte eine von Blut markierte Strecke entlang. »Hier ist noch eine Flakabteilung eingeschlossen … Die hauen Sie heraus, und dann folgen Sie uns.«
    »Mit was, Herr Major?« fragte der junge Offizier lapidar.
    »Mit dem, was Sie haben.«
    »Vier Panzer und zwei Beutewagen«, erwiderte Kleebach.
    »Na und?«
    »Das ist Wahnsinn, Herr Major.«
    »Ist mir egal, oder wollen Sie vor's Kriegsgericht? … Ich werde …«
    Der Rest ging im Lärm jaulender Granaten unter, und Kleebach wünschte sich in einer sinnlosen Sekunde heiß, daß es Major Schreyvogl erwischen würde, und wenn er selbst dabei draufginge.
    »Hau'n Sie ab«, sagte der Kommandeur. Er wünschte nicht einmal Glück.
    So viel Glück, daß dieses Himmelfahrtskommando klappen könnte, dachte Thomas verbittert, kann es auf der ganzen Welt nicht geben.
    Er fuhr zu seiner Einheit zurück. »Na dann«, brummte er den Spieß an, »Helm ab zum Gebet.«
    Sein Bruder Achim betrachtete ihn beinahe mitleidig. Die letzten Monate hatten auch ihm die Zähne plombiert. Seit dem Tod des Gefreiten Trautmann, an dem er sich nicht zu Unrecht die Schuld gab, war er stiller geworden. Auch sein Drang, sich zu bewähren, hatte sich hier abgekühlt, denn er begriff, daß sich hier alle Wüstenfüchse automatisch bewährten – ob sie es nun wollten oder nicht. Im übrigen führte er neben dem eigentlichen Krieg noch eine Privatschlacht gegen die Sandflöhe, die es besonders auf ihn abgesehen hatten.
    »Ich lass dich ablösen«, hatte Thomas, dem der Bruder jetzt von Tag zu Tag besser gefiel, angeboten.
    Aber der Junge hatte nur erwidert: »Ich bleibe bei dir, wenigstens bis das Schlamassel vorbei ist.«
    Die Sonne schien grell. Sie blendete die Augen und bleichte den Sand, als die Reste der Panzerkompanie Kleebach ein Loch im überlegenen britischen Aufmarsch suchten, um eine Flakstellung zu entsetzen, die vermutlich längst die letzte Granate aus dem Rohr gefeuert und sich ergeben hatte.
    Aber zunächst kamen die vier Panzer, die ihren letzten Sprit verfuhren, weiter, als der Kompanieführer erwartet hatte. Britische Nahaufklärer hatten sie längst ausfindig gemacht, aber die Tommies waren zu mitleidig oder zu arrogant, sich darum zu kümmern.
    Am Horizont erkannte Thomas Kleebach einen Panzerverband, mindestens in Brigadestärke. Er ließ ihn links liegen und rollte nach rechts weiter.
    »Wenn wir auch noch Kringelchen fahren«, maulte sein Fahrer, »dann können wir gleich zu Hause bleiben.«
    Kleebach zuckte die Schultern. Er war angefüllt mit Hass auf den Krieg, der ihn und seine wackeren Burschen so sinnlos verheizte, auf den Kommandeur, der sie noch zusätzlich in den Tod hetzte, und auf sich selbst, weil er sinnlose Befehle immer wieder ausführte, gestern, heute, morgen und noch so lange, bis eine sauber gezielte Pakgranate diesem Quatsch ein Ende machte.
    Als jetzt vorn rechts wiederum britische Panzer auftauchten, machte Leutnant Kleebach einen letzten Versuch, dieses wahnwitzige Unternehmen abzubrechen. Er ließ zum Bataillon funken: »Bin soeben starken britischen Kräften ausgewichen, mindestens zehnfache Übermacht. Weiterer Vormarsch aussichtslos.«
    Er hatte keine Hoffnung, und Major Schreyvogl kein Einsehen.
    »Führen Sie gefälligst Ihre Befehle aus«, ließ ihm der Kommandeur zurückfunken.
    Sie rollten noch eine halbe Stunde, dann wurden sie gestoppt. Gleich von drei Seiten. Der Rauch des Abschusses beizte Kleebachs Panzer mit Pulver. Er sah eine Stichflamme am Horizont und stellte lustlos fest:

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