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Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Titel: Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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Binnen Sekunden fiel sein abgeschmacktes Mafia-Gebaren in sich
zusammen wie ein falsch gebackener Kuchen außerhalb der Röhre. Mit einem Mal
war er gar nicht mehr der einschüchternde Brocken, sondern ein frustrierter
Schauspieler, dem die Maske entrissen worden war. Wer hatte ihm das angetan?
    Ich schaute mich in der Erwartung eines noch
schlimmeren Aufschneiders um. Selbst die hartnäckigsten Gaffer hatten sich
inzwischen zurückgezogen. Der Pirat, die ausgeblutete Leiche mit dem Riesenloch
im Kopf und ich waren eine Insel inmitten des antiken Schutts. Dann trat er aus
der Dunkelheit hervor. Er mußte sich die ganze Zeit unter dem Pulk der
Zuschauer befunden und abgewartet haben, bis diese verschwunden waren.
    »Giovanni, du Kaiser der Schwachköpfe«, sagte er.
    »Wie oft hast du diese Mafia-Masche bei Touristen
schon abgezogen? Und wie oft war sie von Erfolg gekrönt? Null- oder null Komma
nullmal?«
    Ein elegantes Bürschchen trat in unsere Mitte. So
schön und so sauber wie der junge Tag. Der Orientalisch Kurzhaar mit glänzend
feinem, pechschwarzem Fell glich einem nur unwesentlich modifizierten Jagdhund.
Sein Kopf war ein schmaler Keil, aus dem riesige Trichter von Ohren
herauswuchsen und in dem türkisgrüne Augen mit der Leuchtkraft von Smaragden
glühten. Der schlanke, geschmeidige Rumpf war langgestreckt wie eine Pipeline,
ebenso die Beine, nicht zu vergessen der Schwanz, der einer nicht enden
wollenden dünnen Schlange ähnelte. Er war die Pracht und die Herrlichkeit, und
hätten Gucci, Dolce & Gabbana, oder wie diese Edelausstatter sonst noch
heißen mögen, jemanden aus unserer Rasse als Topmodell für die Präsentation
ihrer Fummel auserkoren, dann wäre es dieser Beau gewesen. Obwohl ich Lackaffen
so mochte wie den Brechreiz, war er mir vom ersten Moment an sympathisch.
    »Antonio, tu figlio di fornicato, mußt du mir
jedesmal die Show verderben?« schrie der graue Pirat und schien vor Wut dem
Infarkt nahe.
    »Wieso jedesmal?« sagte Antonio. »Sähe ich so
blendend aus, wenn ich jedesmal dem traurigen Theater beiwohnen würde, das du
veranstaltest? Da kann man ja Pickel kriegen!«
    Er wandte sich an mich.
    »Sia salutato, Fremder! Willkommen in Rom, dem
schönsten Ort der Welt. Jammerschade, daß dich gleich zu Beginn zwei Desaster
heimgesucht haben. Erst der Anblick dieser bemitleidenswerten Schwester und
dann Giovannis Marlon Brando für Volltrottel.«
    Giovannis Gesichtsausdruck konnte sich nicht so
recht entschließen, ob er weiterhin Zorn oder besser Resignation ausstrahlen
sollte. Der bedrohliche Pirat schrumpfte vor meinen Augen zu einem armseligen
komischen Kauz zusammen.
    »Du mußt ihn entschuldigen, Fremder«, sagte Antonio
und streifte mit manierierten Bewegungen um uns herum.
    Sein leichtpfotiges Auftreten, die feminine Stimme
und die pointierte Ausdrucksweise, seine ganze samtige Erscheinung, zeichneten
ihn als grandiosen Dandy aus.
    »Das gewissenlose Schwein, das ihn hier ausgesetzt
hat, kam aus Sizilien. Das ist ein Stück von Wasser umschlossene Ödnis, wo die
Leute nichts anderes tun, als Peperoni zu fressen, sich in einer aus
fünfundzwanzig Wörtern bestehenden Sprache zu unterhalten und pausenlos diese
vermoderten Godfather-Videos anzuglotzen. Ich fürchte, das hat auf den alten
Giovanni enorm abgefärbt.«
    »Ein Fremder bin ich schon«, sagte ich. »Aber ich
besitze auch einen Namen: Francis! Wie ihr heißt, weiß ich bereits.«
    Ich deutete mit dem Kopf auf die Leiche.
    »Und was für ein heißes Pflaster Rom ist,
inzwischen leider auch.«
    »Ach das …«
    In seiner Stimme klang zwar Traurigkeit mit, aber
von jener Art, die das auferlegte Schicksal mit Würde trägt.
    Antonio schien von dem Grauen bei weitem nicht so
mitgenommen wie ich. Die Sache war für ihn nichts anderes als bedauernswerte
Routine.
    »Ja, das ist in der Tat bedauerlich, Francis«,
sagte er, während er durch seine phosphorgrünen Augen ratlos auf die Leiche
stierte. »Doch in einer so großen und chaotischen Stadt gehören derartige
Vorfälle geradezu zur Normalität. Rom ist eine Hure und ein Monster. Aber auch
ein Engel. Meine Erfahrung sagt: Es handelt sich um einen schlimmen Unfall auf
den vielbefahrenen Straßen um uns herum. Oder um eine ins Tödliche ausgeartete
Rauferei.
    Muß wohl um die Mittagszeit passiert sein, während
alle anderen die Siesta abhielten und im Traum die Glocken des Vatikans für
sich läuten hörten. Könnte auch das Opfer eines Wahnsinnigen sein, der sich das
Meucheln zum

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