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Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Titel: Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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porcheria verantwortlich sein. Ich glaube, du machst dich wichtiger,
als ich je dazu in der Lage gewesen wäre!«
    »Wahrscheinlich hast du recht, Giovanni«, entgegnete
ich. »Ich mache mich wirklich ein bißchen wichtig. Das hängt allerdings auch
damit zusammen, daß ich vor Hunger kurz davor stehe, ins Delirium abzugleiten
und euch das Ganze in Form eines französischen Chansons vorzutragen. Um auf das
Wichtigtun zurückzukommen, meine schlauen Mutmaßungen scheinen tatsächlich
wenig Sinn zu ergeben. Dennoch finde ich es wert, ein Resümee zu ziehen: Falls
deine Informationen aus der Gerüchteküche stimmen, Giovanni, haben wir es hier
mit einer handfesten Mordserie zu tun. Sofern jedoch alle Opfer dieselbe Art
von Verletzung aufweisen, kann es sich bei dem Täter nur um einen Menschen
handeln.«
    Ich begab mich nochmals zu der toten Siamesin,
beugte mich trotz einer Stich-Kaskade am Herzen über sie und begutachtete
wiederholt das Grauen an ihrem Kopf.
    »Ich muß mich in einem Punkt korrigieren«, sagte
ich, nachdem ich die Wunde ausgiebig in Augenschein genommen hatte. »Am
Schädelknochen selbst ist kein direkter Bruch zu erkennen. Die natürliche
Wölbung darin, die die innere Ohrenapparatur mit dem daraus herauswachsenden
Trichter beherbergt, ist durch die Mißhandlung lediglich in Mitleidenschaft
gezogen worden. Es sieht so aus, als habe man ihr das Teil mit einem speziellen
Werkzeug entweder herausgerissen oder herausoperiert. Wenn ich zu Späßen
aufgelegt wäre, würde ich sagen, man hat ihr das gute Stück geklaut.
    Kannte sie jemand von euch beiden?«
    »Flüchtig«, sagte Antonio.
    »Na ja, sie war sehr jung«, meldete sich Giovanni
wieder zu Wort. »Und wie man immer noch sieht, molto bello.
    Ich hab mich mal an sie rangemacht, bin aber
abgeblitzt.
    Ihren Namen kenne ich nicht. Und woher sie kam und
wer sie hier ausgesetzt hat, weiß ich auch nicht.«
    Antonio stimmte stumm und ratlos dem Piraten zu.
    »Irgendwelche besonderen Eigenschaften?« hakte ich
nach. »Ich meine, konnte sie mit diesem verschwundenen Ohr das Gras wachsen
hören oder auf ihrer Nase einen Ball jonglieren oder etwas in der Art?«
    Die Italiani wechselten untereinander fragende
Blicke und schüttelten dann die Köpfe.
    »Zurück zu meinem Resümee«, fuhr ich fort. »Auch
deine dritte Theorie, Antonio, halte ich für wenig stichhaltig. Gewiß, in
dieser Geschichte steckt nicht nur eine Portion, sondern eine Tonne Wahnsinn.
Zweifellos existieren Tierquäler und -mörder mit einem Hang zum blutigen Fetisch,
aber ich glaube kaum, daß diese dazu fähig wären, eine so saubere Arbeit
abzuliefern. Mein Gefühl sagt mir, da steckt mehr dahinter. Und wie ein Mensch
es geschafft haben soll, inmitten eines so gut beobachteten Platzes am
hellichten Tag eine Leiche zu plazieren, bleibt ebenso ein Rätsel.«
    Ich wußte, daß ich mir in einigen Punkten
widersprochen hatte. Aber die halbgare Analyse stellte ja einen ersten Versuch
dar, durch lautes Nachdenken diese Widersprüche ein bißchen zu ordnen. Die
Rückverwandlung Antonios vom baff erstaunten Knaben zum coolen Dandy war
sehenswert. Man sah es dem schwarzen Dünnling, dessen Fell jetzt im warmen
Lampenlicht zu Pastellorange changierte, geradezu an, wie er seine im Strudel
der Erkenntnisse eingestürzte blasierte Fassade wiederherstellte.
    »Scusa, il mio amico«, sagte Antonio, erhob sich
und kam ganz nah an mich heran. Ich versank im Grün seiner Augen, in denen
sogar helle und dunkle Schleier zu rauschen schienen. »Kann es sein, daß du mit
so etwas Erfahrung hast?«
    »Womit?«
    Er lächelte matt, als wolle ich ihn auf den Arm
nehmen.
    »Okay, okay«, entgegnete ich. »Die Wahrheit ist,
daß ich ein paar Mal mit solch diffizilen Fällen in Berührung gekommen bin.«
    »Und wer hat gewonnen?«
    »Das Gute, hoffe ich, il mio amico.«
    »È un détective!« rief er plötzlich so laut aus,
daß nicht nur ich, sondern selbst der abgebrühte Giovanni zusammenzuckte. »Wir
haben einen leibhaftigen Detektiv unter uns! Endlich zieht investigatives
Know-how bei uns ein. Vergeßt London, wo dunkle Gestalten in Tweed durch den
Nebel jagen, vergeßt New York mit all seinen Serienkillern. In Rom spielt ab
jetzt der Kriminaltango!«
    »Ohne meine Lupe und ohne Pelerine bin ich aber
ziemlich aufgeschmissen, Dr. Watson.«
    »Du brauchst dein Licht nicht unter den Scheffel zu
stellen, Francis. Gerade eben hast du ein Meisterstück kriminalistischer
Analyse abgeliefert. Vor mir steht ein Experte.

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